Dieß erinnert mich an einen Ausdruck, den sie gebrauchte, als sie bey eurer grausamen Nach- stellung in Smithens Hause wieder in ihre Zim- mer kam; und das mit einer Stille und Heiter- keit, die ihres gleichen nicht gehabt hat, wie mir Fr. Lovick erzählte, in Betrachtung der Veranlas- sung, und der Unruhe, die ihr dadurch verursachet war, und ihrer Unpäßlichkeit zugleich. Er will mich nicht auf eine anständige Art sterben lassen, sagte der leidende Engel! - - Er will mich nicht in so guter Ordnung, als erfordert wird, wenn man in das Zimmer eines irdischen Fürsten tritt, vor meinem Schöpfer erscheinen lassen!
Jch kann mich inzwischen nicht entbrechen zu wünschen, daß die himmlische Fräulein sich hätte überwinden können, euch in diesen ihren letzten Stunden zu sehen: und dieß so wohl meinetwe- gen, als um euretwillen. Denn ob ich gleich fest entschlossen bin, mich niemals derjenigen Laster, die bis auf diese wenige zuletzt verstrichenen Wo- chen mein voriges Leben beflecket haben, und um welcher willen ich mir selbst von ganzem Herzen verhaßt bin, wieder schuldig zu machen: so wür- de mir doch vor einem Rückfall weniger bange seyn; wenn ihr durch die Feyerlichkeit, welche ei- ne solche Zusammenkunft begleitet haben müßte, gerühret wäret und euer Leben gebessert hättet. Denn ich fürchte keinen Teufel, als den, der in eurer Gestalt einhergehet.
Es
Dieß erinnert mich an einen Ausdruck, den ſie gebrauchte, als ſie bey eurer grauſamen Nach- ſtellung in Smithens Hauſe wieder in ihre Zim- mer kam; und das mit einer Stille und Heiter- keit, die ihres gleichen nicht gehabt hat, wie mir Fr. Lovick erzaͤhlte, in Betrachtung der Veranlaſ- ſung, und der Unruhe, die ihr dadurch verurſachet war, und ihrer Unpaͤßlichkeit zugleich. Er will mich nicht auf eine anſtaͤndige Art ſterben laſſen, ſagte der leidende Engel! ‒ ‒ Er will mich nicht in ſo guter Ordnung, als erfordert wird, wenn man in das Zimmer eines irdiſchen Fuͤrſten tritt, vor meinem Schoͤpfer erſcheinen laſſen!
Jch kann mich inzwiſchen nicht entbrechen zu wuͤnſchen, daß die himmliſche Fraͤulein ſich haͤtte uͤberwinden koͤnnen, euch in dieſen ihren letzten Stunden zu ſehen: und dieß ſo wohl meinetwe- gen, als um euretwillen. Denn ob ich gleich feſt entſchloſſen bin, mich niemals derjenigen Laſter, die bis auf dieſe wenige zuletzt verſtrichenen Wo- chen mein voriges Leben beflecket haben, und um welcher willen ich mir ſelbſt von ganzem Herzen verhaßt bin, wieder ſchuldig zu machen: ſo wuͤr- de mir doch vor einem Ruͤckfall weniger bange ſeyn; wenn ihr durch die Feyerlichkeit, welche ei- ne ſolche Zuſammenkunft begleitet haben muͤßte, geruͤhret waͤret und euer Leben gebeſſert haͤttet. Denn ich fuͤrchte keinen Teufel, als den, der in eurer Geſtalt einhergehet.
Es
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Dieß erinnert mich an einen Ausdruck, den
ſie gebrauchte, als ſie bey eurer grauſamen Nach-
ſtellung in Smithens Hauſe wieder in ihre Zim-
mer kam; und das mit einer Stille und Heiter-
keit, die ihres gleichen nicht gehabt hat, wie mir
Fr. Lovick erzaͤhlte, in Betrachtung der Veranlaſ-
ſung, und der Unruhe, die ihr dadurch verurſachet
war, und ihrer Unpaͤßlichkeit zugleich. Er will
mich nicht auf eine anſtaͤndige Art ſterben laſſen,
ſagte der leidende Engel! ‒ ‒ Er will mich nicht
in ſo guter Ordnung, als erfordert wird, wenn
man in das Zimmer eines irdiſchen Fuͤrſten tritt,
vor meinem Schoͤpfer erſcheinen laſſen!
Jch kann mich inzwiſchen nicht entbrechen zu
wuͤnſchen, daß die himmliſche Fraͤulein ſich haͤtte
uͤberwinden koͤnnen, euch in dieſen ihren letzten
Stunden zu ſehen: und dieß ſo wohl meinetwe-
gen, als um euretwillen. Denn ob ich gleich feſt
entſchloſſen bin, mich niemals derjenigen Laſter,
die bis auf dieſe wenige zuletzt verſtrichenen Wo-
chen mein voriges Leben beflecket haben, und um
welcher willen ich mir ſelbſt von ganzem Herzen
verhaßt bin, wieder ſchuldig zu machen: ſo wuͤr-
de mir doch vor einem Ruͤckfall weniger bange
ſeyn; wenn ihr durch die Feyerlichkeit, welche ei-
ne ſolche Zuſammenkunft begleitet haben muͤßte,
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Denn ich fuͤrchte keinen Teufel, als den, der in
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/404>, abgerufen am 21.11.2024.
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