Noch einmal abgebrochen! - - Aber der neue Tag scheint über mich mit heilender Stär- kung in seinen Flügeln hervorzugehen. Jch habe, wie ich denke, einen neuen Zuwachs der Kräfte bekommen: an der Lebhaftigkeit des Verstandes hat es mir, Gott sey Dank! in der letzten Zeit nicht gefehlet.
Meine liebste Fräulein Howe mag nur ihre Hochzeitskleider kaufen - - Und ich wünsche, daß auf die angenehme Vorbereitung aller zeitlicher Segen folgen möge. - - Der Segen wird folgen, daran zweifle ich gar nicht: wenn gleich Herr Hickmann bisweilen ein wenig trübe Zeiten erlebet. Diese sind für ihn nur Vorboten eines bevorstehenden heitern Tages. Denn ihr Herz ist gut, und ihr Verstand nicht schlecht - - Aber Personen von großen Vorzügen halten an sich, und das an sich halten hat nicht allemal seinen Grund in einem Stolze. Sollte es inzwischen Stolz scheinen: so nehme man nur die öberste Decke ab; alsdenn ist es an ihr ein edelmüthiges Mistrauen, und eine Liebe, die nur Versicherung nöthig hat.
Sagen Sie dem Herrn Hickmann, daß ich dieß schreibe, und, wie ich glaube, mit meiner letz- ten Feder. Sagen Sie, daß ich ihm empfehle, zuerst ein wenig zu leiden und sich zu enthalten: so wird alle künftige Zeit nichts als krönende Dankbarkeit und belohnende Liebe seyn. Denn
Fräu-
Siebenter Theil. B b
Noch einmal abgebrochen! ‒ ‒ Aber der neue Tag ſcheint uͤber mich mit heilender Staͤr- kung in ſeinen Fluͤgeln hervorzugehen. Jch habe, wie ich denke, einen neuen Zuwachs der Kraͤfte bekommen: an der Lebhaftigkeit des Verſtandes hat es mir, Gott ſey Dank! in der letzten Zeit nicht gefehlet.
Meine liebſte Fraͤulein Howe mag nur ihre Hochzeitskleider kaufen ‒ ‒ Und ich wuͤnſche, daß auf die angenehme Vorbereitung aller zeitlicher Segen folgen moͤge. ‒ ‒ Der Segen wird folgen, daran zweifle ich gar nicht: wenn gleich Herr Hickmann bisweilen ein wenig truͤbe Zeiten erlebet. Dieſe ſind fuͤr ihn nur Vorboten eines bevorſtehenden heitern Tages. Denn ihr Herz iſt gut, und ihr Verſtand nicht ſchlecht ‒ ‒ Aber Perſonen von großen Vorzuͤgen halten an ſich, und das an ſich halten hat nicht allemal ſeinen Grund in einem Stolze. Sollte es inzwiſchen Stolz ſcheinen: ſo nehme man nur die oͤberſte Decke ab; alsdenn iſt es an ihr ein edelmuͤthiges Mistrauen, und eine Liebe, die nur Verſicherung noͤthig hat.
Sagen Sie dem Herrn Hickmann, daß ich dieß ſchreibe, und, wie ich glaube, mit meiner letz- ten Feder. Sagen Sie, daß ich ihm empfehle, zuerſt ein wenig zu leiden und ſich zu enthalten: ſo wird alle kuͤnftige Zeit nichts als kroͤnende Dankbarkeit und belohnende Liebe ſeyn. Denn
Fraͤu-
Siebenter Theil. B b
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Noch einmal abgebrochen! ‒ ‒ Aber der
neue Tag ſcheint uͤber mich mit heilender Staͤr-
kung in ſeinen Fluͤgeln hervorzugehen. Jch habe,
wie ich denke, einen neuen Zuwachs der Kraͤfte
bekommen: an der Lebhaftigkeit des Verſtandes
hat es mir, Gott ſey Dank! in der letzten Zeit
nicht gefehlet.
Meine liebſte Fraͤulein Howe mag nur ihre
Hochzeitskleider kaufen ‒ ‒ Und ich wuͤnſche, daß
auf die angenehme Vorbereitung aller zeitlicher
Segen folgen moͤge. ‒ ‒ Der Segen wird
folgen, daran zweifle ich gar nicht: wenn gleich
Herr Hickmann bisweilen ein wenig truͤbe Zeiten
erlebet. Dieſe ſind fuͤr ihn nur Vorboten eines
bevorſtehenden heitern Tages. Denn ihr Herz
iſt gut, und ihr Verſtand nicht ſchlecht ‒ ‒ Aber
Perſonen von großen Vorzuͤgen halten an ſich,
und das an ſich halten hat nicht allemal ſeinen
Grund in einem Stolze. Sollte es inzwiſchen
Stolz ſcheinen: ſo nehme man nur die oͤberſte
Decke ab; alsdenn iſt es an ihr ein edelmuͤthiges
Mistrauen, und eine Liebe, die nur Verſicherung
noͤthig hat.
Sagen Sie dem Herrn Hickmann, daß ich
dieß ſchreibe, und, wie ich glaube, mit meiner letz-
ten Feder. Sagen Sie, daß ich ihm empfehle,
zuerſt ein wenig zu leiden und ſich zu enthalten:
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Dankbarkeit und belohnende Liebe ſeyn. Denn
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/391>, abgerufen am 22.11.2024.
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