barmherzigen Nachbaren dieser guten Frauen; so nannte sie ihre eigne Verwandten; nichts zu hören vermuthete, was ihr Nutzen schaffen, oder Vergnügen machen könnte.
Weil ich sahe, daß sie so schwach und schlecht war: so ging ich weg. Sie nöthigte mich auch nicht, zu verziehen: wie sie sonst bisweilen thut, wenn ich eine Bewegung mache, wegzugehen.
Von der Fr. Smithinn wurden mir bey mei- nem Abschiede einige Winke gegeben, daß sie die- sen Abend zu einigen Verrichtungen bestimmt hät- te, welche nach ihrem Hingange, wie sie sagte, Un- ruhen zu verhüten dienen sollten. Sie hatte auch ihrer Wärterinn, und der Fr. Lovick, und Fr. Smithinn ihren Willen in Ansehung dessen, was sie nach ihrem Tode gethan wissen wollte, eröff- net. Jch glaube, daß es von gar besonderer und rührender Beschaffenheit gewesen: allein Frau Smithinn ließ sich nicht genau über die eigentli- chen Umstände heraus.
Der Arzt so wohl, als Herr Goddard waren bey ihr gewesen. Beyde suchten einmüthig und mit großem Eifer sie zu bereden, daß sie ihr Haus von ihren Augen wegthun ließe. Sie versicherte sie aber, daß es ihr Vergnügen und Muth mach- te: und da es eine nothwendige Vorbereitung wäre, so wunderte sie sich, daß es ihnen fremd vorkommen könnte, zumal sie nicht eine Seele von ihrer Familie, oder eine alte Bekannte um sich hätte, auf deren Fürsorge und genaue Aufmerk-
samkeit
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barmherzigen Nachbaren dieſer guten Frauen; ſo nannte ſie ihre eigne Verwandten; nichts zu hoͤren vermuthete, was ihr Nutzen ſchaffen, oder Vergnuͤgen machen koͤnnte.
Weil ich ſahe, daß ſie ſo ſchwach und ſchlecht war: ſo ging ich weg. Sie noͤthigte mich auch nicht, zu verziehen: wie ſie ſonſt bisweilen thut, wenn ich eine Bewegung mache, wegzugehen.
Von der Fr. Smithinn wurden mir bey mei- nem Abſchiede einige Winke gegeben, daß ſie die- ſen Abend zu einigen Verrichtungen beſtimmt haͤt- te, welche nach ihrem Hingange, wie ſie ſagte, Un- ruhen zu verhuͤten dienen ſollten. Sie hatte auch ihrer Waͤrterinn, und der Fr. Lovick, und Fr. Smithinn ihren Willen in Anſehung deſſen, was ſie nach ihrem Tode gethan wiſſen wollte, eroͤff- net. Jch glaube, daß es von gar beſonderer und ruͤhrender Beſchaffenheit geweſen: allein Frau Smithinn ließ ſich nicht genau uͤber die eigentli- chen Umſtaͤnde heraus.
Der Arzt ſo wohl, als Herr Goddard waren bey ihr geweſen. Beyde ſuchten einmuͤthig und mit großem Eifer ſie zu bereden, daß ſie ihr Haus von ihren Augen wegthun ließe. Sie verſicherte ſie aber, daß es ihr Vergnuͤgen und Muth mach- te: und da es eine nothwendige Vorbereitung waͤre, ſo wunderte ſie ſich, daß es ihnen fremd vorkommen koͤnnte, zumal ſie nicht eine Seele von ihrer Familie, oder eine alte Bekannte um ſich haͤtte, auf deren Fuͤrſorge und genaue Aufmerk-
ſamkeit
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barmherzigen Nachbaren dieſer guten Frauen;
ſo nannte ſie ihre eigne Verwandten; nichts zu
hoͤren vermuthete, was ihr Nutzen ſchaffen, oder
Vergnuͤgen machen koͤnnte.
Weil ich ſahe, daß ſie ſo ſchwach und ſchlecht
war: ſo ging ich weg. Sie noͤthigte mich auch
nicht, zu verziehen: wie ſie ſonſt bisweilen thut,
wenn ich eine Bewegung mache, wegzugehen.
Von der Fr. Smithinn wurden mir bey mei-
nem Abſchiede einige Winke gegeben, daß ſie die-
ſen Abend zu einigen Verrichtungen beſtimmt haͤt-
te, welche nach ihrem Hingange, wie ſie ſagte, Un-
ruhen zu verhuͤten dienen ſollten. Sie hatte auch
ihrer Waͤrterinn, und der Fr. Lovick, und Fr.
Smithinn ihren Willen in Anſehung deſſen, was
ſie nach ihrem Tode gethan wiſſen wollte, eroͤff-
net. Jch glaube, daß es von gar beſonderer und
ruͤhrender Beſchaffenheit geweſen: allein Frau
Smithinn ließ ſich nicht genau uͤber die eigentli-
chen Umſtaͤnde heraus.
Der Arzt ſo wohl, als Herr Goddard waren
bey ihr geweſen. Beyde ſuchten einmuͤthig und
mit großem Eifer ſie zu bereden, daß ſie ihr Haus
von ihren Augen wegthun ließe. Sie verſicherte
ſie aber, daß es ihr Vergnuͤgen und Muth mach-
te: und da es eine nothwendige Vorbereitung
waͤre, ſo wunderte ſie ſich, daß es ihnen fremd
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/315>, abgerufen am 22.11.2024.
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