arbeiten, wann die Sehnen des Herzens eben von einander bersten, zu lachen und lustig zu seyn, ist deinem Lovelace vorbehalten gewesen.
Es ist etwas der Beschaffenheit meiner Na- rur zuzuschreiben; das gestehe ich: und etwas kommt daher, daß dieß die Lachezeit in meinem Leben ist. Denn was muß das für ein herber Schmerz seyn, der einen Menschen von sechs oder sieben und zwanzig Jahren, bey vollkommener Gesundheit und Munterkeit, einen Menschen von einer natürlich freudigen Gemüthsart, der singen, tanzen, allerley zusammenschreiben und bey dem allen Vergnügen finden und andern machen kann, auf eine ganze Stunde nach einander niederzu- schlagen vermögend ist? - - Aber dabey ist denn auch die Betrübniß bey mir, so wohl als die Freu- de, weit schärfer und heftiger, als bey den meisten andern Menschen: und, wie mir Dörtchen Wel- by einmal sagte, da sie die Geburtsschmerzen be- schrieb, wenn nicht gute Abwechselungen dabey wären - - wenn sie nicht kämen und wieder weggingen - - so würde es nicht auszuhalten seyn.
Bey dem allen, da ich von dem lieben Kinde so wenig entfernt bin, und sie sich so sehr übel be- findet, denke ich, daß ich mich selbst nicht entbre- chen kann, sie einmal zu besuchen. Nichts desto weniger, wenn ich gedächte, daß sie so nahe bey - - Was für ein Wort soll ich gebrauchen, wo-
durch
arbeiten, wann die Sehnen des Herzens eben von einander berſten, zu lachen und luſtig zu ſeyn, iſt deinem Lovelace vorbehalten geweſen.
Es iſt etwas der Beſchaffenheit meiner Na- rur zuzuſchreiben; das geſtehe ich: und etwas kommt daher, daß dieß die Lachezeit in meinem Leben iſt. Denn was muß das fuͤr ein herber Schmerz ſeyn, der einen Menſchen von ſechs oder ſieben und zwanzig Jahren, bey vollkommener Geſundheit und Munterkeit, einen Menſchen von einer natuͤrlich freudigen Gemuͤthsart, der ſingen, tanzen, allerley zuſammenſchreiben und bey dem allen Vergnuͤgen finden und andern machen kann, auf eine ganze Stunde nach einander niederzu- ſchlagen vermoͤgend iſt? ‒ ‒ Aber dabey iſt denn auch die Betruͤbniß bey mir, ſo wohl als die Freu- de, weit ſchaͤrfer und heftiger, als bey den meiſten andern Menſchen: und, wie mir Doͤrtchen Wel- by einmal ſagte, da ſie die Geburtsſchmerzen be- ſchrieb, wenn nicht gute Abwechſelungen dabey waͤren ‒ ‒ wenn ſie nicht kaͤmen und wieder weggingen ‒ ‒ ſo wuͤrde es nicht auszuhalten ſeyn.
Bey dem allen, da ich von dem lieben Kinde ſo wenig entfernt bin, und ſie ſich ſo ſehr uͤbel be- findet, denke ich, daß ich mich ſelbſt nicht entbre- chen kann, ſie einmal zu beſuchen. Nichts deſto weniger, wenn ich gedaͤchte, daß ſie ſo nahe bey ‒ ‒ Was fuͤr ein Wort ſoll ich gebrauchen, wo-
durch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0294"n="288"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
arbeiten, wann die Sehnen des Herzens eben von<lb/>
einander berſten, zu lachen und luſtig zu ſeyn,<lb/>
iſt deinem Lovelace vorbehalten geweſen.</p><lb/><p>Es iſt etwas der Beſchaffenheit meiner Na-<lb/>
rur zuzuſchreiben; das geſtehe ich: und etwas<lb/>
kommt daher, daß dieß die Lachezeit in meinem<lb/>
Leben iſt. Denn was muß das fuͤr ein herber<lb/>
Schmerz ſeyn, der einen Menſchen von ſechs oder<lb/>ſieben und zwanzig Jahren, bey vollkommener<lb/>
Geſundheit und Munterkeit, einen Menſchen von<lb/>
einer natuͤrlich freudigen Gemuͤthsart, der ſingen,<lb/>
tanzen, allerley zuſammenſchreiben und bey dem<lb/>
allen Vergnuͤgen finden und andern machen kann,<lb/>
auf eine ganze Stunde nach einander niederzu-<lb/>ſchlagen vermoͤgend iſt? ‒‒ Aber dabey iſt denn<lb/>
auch die Betruͤbniß bey mir, ſo wohl als die Freu-<lb/>
de, weit ſchaͤrfer und heftiger, als bey den meiſten<lb/>
andern Menſchen: und, wie mir Doͤrtchen Wel-<lb/>
by einmal ſagte, da ſie die Geburtsſchmerzen be-<lb/>ſchrieb, wenn nicht gute Abwechſelungen dabey<lb/>
waͤren ‒‒ wenn ſie nicht kaͤmen und wieder<lb/>
weggingen ‒‒ſo wuͤrde es nicht auszuhalten<lb/>ſeyn.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Bey dem allen, da ich von dem lieben Kinde<lb/>ſo wenig entfernt bin, und ſie ſich ſo ſehr uͤbel be-<lb/>
findet, denke ich, daß ich mich ſelbſt nicht entbre-<lb/>
chen kann, ſie <hirendition="#fr">einmal</hi> zu beſuchen. Nichts deſto<lb/>
weniger, wenn ich gedaͤchte, daß ſie ſo nahe bey<lb/>‒‒ Was fuͤr ein Wort ſoll ich gebrauchen, wo-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">durch</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[288/0294]
arbeiten, wann die Sehnen des Herzens eben von
einander berſten, zu lachen und luſtig zu ſeyn,
iſt deinem Lovelace vorbehalten geweſen.
Es iſt etwas der Beſchaffenheit meiner Na-
rur zuzuſchreiben; das geſtehe ich: und etwas
kommt daher, daß dieß die Lachezeit in meinem
Leben iſt. Denn was muß das fuͤr ein herber
Schmerz ſeyn, der einen Menſchen von ſechs oder
ſieben und zwanzig Jahren, bey vollkommener
Geſundheit und Munterkeit, einen Menſchen von
einer natuͤrlich freudigen Gemuͤthsart, der ſingen,
tanzen, allerley zuſammenſchreiben und bey dem
allen Vergnuͤgen finden und andern machen kann,
auf eine ganze Stunde nach einander niederzu-
ſchlagen vermoͤgend iſt? ‒ ‒ Aber dabey iſt denn
auch die Betruͤbniß bey mir, ſo wohl als die Freu-
de, weit ſchaͤrfer und heftiger, als bey den meiſten
andern Menſchen: und, wie mir Doͤrtchen Wel-
by einmal ſagte, da ſie die Geburtsſchmerzen be-
ſchrieb, wenn nicht gute Abwechſelungen dabey
waͤren ‒ ‒ wenn ſie nicht kaͤmen und wieder
weggingen ‒ ‒ ſo wuͤrde es nicht auszuhalten
ſeyn.
Bey dem allen, da ich von dem lieben Kinde
ſo wenig entfernt bin, und ſie ſich ſo ſehr uͤbel be-
findet, denke ich, daß ich mich ſelbſt nicht entbre-
chen kann, ſie einmal zu beſuchen. Nichts deſto
weniger, wenn ich gedaͤchte, daß ſie ſo nahe bey
‒ ‒ Was fuͤr ein Wort ſoll ich gebrauchen, wo-
durch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/294>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.