Der vier und dreyßigste Brief von Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.
Urbridge, den 1ten Sept. um zwölfe in der Nacht.
Jch übersende euch hiebey die Papiere. Jhr müßt mir, wenn ich euch sehe, ehrlich und aufrichtig die Ursache sagen, weswegen ihr so ernst- lich darum schreibet. Alsdenn wollen wir auch von dem Jnhalt des mir zuletzt von euch zugefer- tigten und von einigen eurer ernsthaften und un- freundlichen Anmerkungen reden.
Unterdessen, was du auch immer thun magst, laß die wundernswürdige Fräulein nicht von uns scheiden. Stelle ihr vor, wie sie sich durch ihre Vorbereitung versündige, als wann sie dächte, daß sie aus der Welt gehen könnte, wenn es ihr be- liebte. Auf die Art wird sie sich selbst überreden, daß sie, wenn alles fertig ist, nichts weiter zu thun habe als sich niederzulegen und schlafen zu gehen: und eine so lebhafte Einbildungskraft, als sie be- sitzet, wird, zu einer oder der andern Zeit, einen Ernst aus einem Spaße machen.
Einen Spaß nenne ich alles, was zwischen ihr und mir vorgefallen ist, einen bloßen Spaß, darum zu sterben! - - Denn hat sie nicht vom
An-
Der vier und dreyßigſte Brief von Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.
Urbridge, den 1ten Sept. um zwoͤlfe in der Nacht.
Jch uͤberſende euch hiebey die Papiere. Jhr muͤßt mir, wenn ich euch ſehe, ehrlich und aufrichtig die Urſache ſagen, weswegen ihr ſo ernſt- lich darum ſchreibet. Alsdenn wollen wir auch von dem Jnhalt des mir zuletzt von euch zugefer- tigten und von einigen eurer ernſthaften und un- freundlichen Anmerkungen reden.
Unterdeſſen, was du auch immer thun magſt, laß die wundernswuͤrdige Fraͤulein nicht von uns ſcheiden. Stelle ihr vor, wie ſie ſich durch ihre Vorbereitung verſuͤndige, als wann ſie daͤchte, daß ſie aus der Welt gehen koͤnnte, wenn es ihr be- liebte. Auf die Art wird ſie ſich ſelbſt uͤberreden, daß ſie, wenn alles fertig iſt, nichts weiter zu thun habe als ſich niederzulegen und ſchlafen zu gehen: und eine ſo lebhafte Einbildungskraft, als ſie be- ſitzet, wird, zu einer oder der andern Zeit, einen Ernſt aus einem Spaße machen.
Einen Spaß nenne ich alles, was zwiſchen ihr und mir vorgefallen iſt, einen bloßen Spaß, darum zu ſterben! ‒ ‒ Denn hat ſie nicht vom
An-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0288"n="282"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><head><hirendition="#fr">Der vier und dreyßigſte Brief</hi><lb/>
von<lb/><hirendition="#fr">Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#et">Urbridge, den 1ten Sept. um zwoͤlfe<lb/>
in der Nacht.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">J</hi>ch uͤberſende euch hiebey die Papiere. Jhr<lb/>
muͤßt mir, wenn ich euch ſehe, ehrlich und<lb/>
aufrichtig die Urſache ſagen, weswegen ihr ſo ernſt-<lb/>
lich darum ſchreibet. Alsdenn wollen wir auch<lb/>
von dem Jnhalt des mir zuletzt von euch zugefer-<lb/>
tigten und von einigen eurer ernſthaften und un-<lb/>
freundlichen Anmerkungen reden.</p><lb/><p>Unterdeſſen, was du auch immer thun magſt,<lb/>
laß die wundernswuͤrdige Fraͤulein nicht von uns<lb/>ſcheiden. Stelle ihr vor, wie ſie ſich durch ihre<lb/>
Vorbereitung verſuͤndige, als wann ſie daͤchte, daß<lb/>ſie aus der Welt gehen koͤnnte, wenn es ihr be-<lb/>
liebte. Auf die Art wird ſie ſich ſelbſt uͤberreden,<lb/>
daß ſie, wenn alles fertig iſt, nichts weiter zu thun<lb/>
habe als ſich niederzulegen und ſchlafen zu gehen:<lb/>
und eine ſo lebhafte Einbildungskraft, als ſie be-<lb/>ſitzet, wird, zu einer oder der andern Zeit, einen<lb/>
Ernſt aus einem Spaße machen.</p><lb/><p>Einen <hirendition="#fr">Spaß</hi> nenne ich alles, was zwiſchen<lb/>
ihr und mir vorgefallen iſt, einen bloßen Spaß,<lb/>
darum zu ſterben! ‒‒ Denn hat ſie nicht vom<lb/><fwplace="bottom"type="catch">An-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[282/0288]
Der vier und dreyßigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.
Urbridge, den 1ten Sept. um zwoͤlfe
in der Nacht.
Jch uͤberſende euch hiebey die Papiere. Jhr
muͤßt mir, wenn ich euch ſehe, ehrlich und
aufrichtig die Urſache ſagen, weswegen ihr ſo ernſt-
lich darum ſchreibet. Alsdenn wollen wir auch
von dem Jnhalt des mir zuletzt von euch zugefer-
tigten und von einigen eurer ernſthaften und un-
freundlichen Anmerkungen reden.
Unterdeſſen, was du auch immer thun magſt,
laß die wundernswuͤrdige Fraͤulein nicht von uns
ſcheiden. Stelle ihr vor, wie ſie ſich durch ihre
Vorbereitung verſuͤndige, als wann ſie daͤchte, daß
ſie aus der Welt gehen koͤnnte, wenn es ihr be-
liebte. Auf die Art wird ſie ſich ſelbſt uͤberreden,
daß ſie, wenn alles fertig iſt, nichts weiter zu thun
habe als ſich niederzulegen und ſchlafen zu gehen:
und eine ſo lebhafte Einbildungskraft, als ſie be-
ſitzet, wird, zu einer oder der andern Zeit, einen
Ernſt aus einem Spaße machen.
Einen Spaß nenne ich alles, was zwiſchen
ihr und mir vorgefallen iſt, einen bloßen Spaß,
darum zu ſterben! ‒ ‒ Denn hat ſie nicht vom
An-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/288>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.