Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



thue, böse seyn. - - Und warum? Weil sie, wie
ein Frauenzimmer, allezeit Sorge getragen hat,
der einfältigen und falsch urtheilenden Welt zu
schmeicheln: da ich hingegen, wie ein Mann, ih-
ren widrigen Urtheilen beständig Trotz geboten und
sie verachtet habe.

Aber, dem allen ungeachtet, möget ihr sie in
meinem Namen wissen lassen, daß ich sie nicht
beschweren will; da meine Besuche ihr so ärger-
lich seyn würden: ich hoffe, sie werde dieß als eine
Probe edler Großmuth, welche sie nach dem mir
gespielten Betrug schwerlich erwarten konnte, in
Betrachtung ziehen. Laßt sie ferner wissen, daß,
wo etwas in meiner Gewalt stehet, wodurch zu
ihrer Ruhe oder Ehre etwas beygetragen werden
kann, ich ihr auf den ersten Wink gehorchen wol-
le, es möchte mir auch noch so nachtheilig oder
schädlich seyn. Alles dieß in der Absicht, damit
ihr alle Furcht benommen werde, und sie keine
Ursache habe, wieder zurückzufallen.

Wenn man ihre verfluchten Anverwandten
dahin bringen könnte, das, was ihnen zusteht,
eben so willig zu thun: so wollte ich für ihre Ge-
nesung mein Leben zum Pfande setzen.

Allein wie kann einer, dem durch deine wun-
derliche Buße so viele lächerliche Bilder in den
Kopf gebracht sind, sich enthalten, über dich zu
lachen? Spare, ich bitte dich, lieber Belford,
spare künftig die Betheurungen deiner Sehnsucht
nach dem andern Leben: wofern du die Betheu-

rungen



thue, boͤſe ſeyn. ‒ ‒ Und warum? Weil ſie, wie
ein Frauenzimmer, allezeit Sorge getragen hat,
der einfaͤltigen und falſch urtheilenden Welt zu
ſchmeicheln: da ich hingegen, wie ein Mann, ih-
ren widrigen Urtheilen beſtaͤndig Trotz geboten und
ſie verachtet habe.

Aber, dem allen ungeachtet, moͤget ihr ſie in
meinem Namen wiſſen laſſen, daß ich ſie nicht
beſchweren will; da meine Beſuche ihr ſo aͤrger-
lich ſeyn wuͤrden: ich hoffe, ſie werde dieß als eine
Probe edler Großmuth, welche ſie nach dem mir
geſpielten Betrug ſchwerlich erwarten konnte, in
Betrachtung ziehen. Laßt ſie ferner wiſſen, daß,
wo etwas in meiner Gewalt ſtehet, wodurch zu
ihrer Ruhe oder Ehre etwas beygetragen werden
kann, ich ihr auf den erſten Wink gehorchen wol-
le, es moͤchte mir auch noch ſo nachtheilig oder
ſchaͤdlich ſeyn. Alles dieß in der Abſicht, damit
ihr alle Furcht benommen werde, und ſie keine
Urſache habe, wieder zuruͤckzufallen.

Wenn man ihre verfluchten Anverwandten
dahin bringen koͤnnte, das, was ihnen zuſteht,
eben ſo willig zu thun: ſo wollte ich fuͤr ihre Ge-
neſung mein Leben zum Pfande ſetzen.

Allein wie kann einer, dem durch deine wun-
derliche Buße ſo viele laͤcherliche Bilder in den
Kopf gebracht ſind, ſich enthalten, uͤber dich zu
lachen? Spare, ich bitte dich, lieber Belford,
ſpare kuͤnftig die Betheurungen deiner Sehnſucht
nach dem andern Leben: wofern du die Betheu-

rungen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0268" n="262"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
thue, bo&#x0364;&#x017F;e &#x017F;eyn. &#x2012; &#x2012; Und warum? Weil &#x017F;ie, wie<lb/>
ein <hi rendition="#fr">Frauenzimmer,</hi> allezeit Sorge getragen hat,<lb/>
der einfa&#x0364;ltigen und fal&#x017F;ch urtheilenden Welt zu<lb/>
&#x017F;chmeicheln: da ich hingegen, wie ein <hi rendition="#fr">Mann,</hi> ih-<lb/>
ren widrigen Urtheilen be&#x017F;ta&#x0364;ndig Trotz geboten und<lb/>
&#x017F;ie verachtet habe.</p><lb/>
          <p>Aber, dem allen ungeachtet, mo&#x0364;get ihr &#x017F;ie in<lb/>
meinem Namen wi&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en, daß ich &#x017F;ie <hi rendition="#fr">nicht</hi><lb/>
be&#x017F;chweren will; da meine Be&#x017F;uche ihr &#x017F;o a&#x0364;rger-<lb/>
lich &#x017F;eyn wu&#x0364;rden: ich hoffe, &#x017F;ie werde dieß als eine<lb/>
Probe edler Großmuth, welche &#x017F;ie nach dem mir<lb/>
ge&#x017F;pielten Betrug &#x017F;chwerlich erwarten konnte, in<lb/>
Betrachtung ziehen. Laßt &#x017F;ie ferner wi&#x017F;&#x017F;en, daß,<lb/>
wo etwas in meiner Gewalt &#x017F;tehet, wodurch zu<lb/>
ihrer Ruhe oder Ehre etwas beygetragen werden<lb/>
kann, ich ihr auf den er&#x017F;ten Wink gehorchen wol-<lb/>
le, es mo&#x0364;chte mir auch noch &#x017F;o nachtheilig oder<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;dlich &#x017F;eyn. Alles dieß in der Ab&#x017F;icht, damit<lb/>
ihr alle Furcht benommen werde, und &#x017F;ie keine<lb/>
Ur&#x017F;ache habe, wieder zuru&#x0364;ckzufallen.</p><lb/>
          <p>Wenn man ihre verfluchten Anverwandten<lb/>
dahin bringen ko&#x0364;nnte, das, was <hi rendition="#fr">ihnen</hi> zu&#x017F;teht,<lb/>
eben &#x017F;o willig zu thun: &#x017F;o wollte ich fu&#x0364;r ihre Ge-<lb/>
ne&#x017F;ung mein Leben zum Pfande &#x017F;etzen.</p><lb/>
          <p>Allein wie kann einer, dem durch deine wun-<lb/>
derliche Buße &#x017F;o viele la&#x0364;cherliche Bilder in den<lb/>
Kopf gebracht &#x017F;ind, &#x017F;ich enthalten, u&#x0364;ber dich zu<lb/>
lachen? Spare, ich bitte dich, lieber Belford,<lb/>
&#x017F;pare ku&#x0364;nftig die Betheurungen deiner Sehn&#x017F;ucht<lb/>
nach dem andern Leben: wofern du die Betheu-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">rungen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0268] thue, boͤſe ſeyn. ‒ ‒ Und warum? Weil ſie, wie ein Frauenzimmer, allezeit Sorge getragen hat, der einfaͤltigen und falſch urtheilenden Welt zu ſchmeicheln: da ich hingegen, wie ein Mann, ih- ren widrigen Urtheilen beſtaͤndig Trotz geboten und ſie verachtet habe. Aber, dem allen ungeachtet, moͤget ihr ſie in meinem Namen wiſſen laſſen, daß ich ſie nicht beſchweren will; da meine Beſuche ihr ſo aͤrger- lich ſeyn wuͤrden: ich hoffe, ſie werde dieß als eine Probe edler Großmuth, welche ſie nach dem mir geſpielten Betrug ſchwerlich erwarten konnte, in Betrachtung ziehen. Laßt ſie ferner wiſſen, daß, wo etwas in meiner Gewalt ſtehet, wodurch zu ihrer Ruhe oder Ehre etwas beygetragen werden kann, ich ihr auf den erſten Wink gehorchen wol- le, es moͤchte mir auch noch ſo nachtheilig oder ſchaͤdlich ſeyn. Alles dieß in der Abſicht, damit ihr alle Furcht benommen werde, und ſie keine Urſache habe, wieder zuruͤckzufallen. Wenn man ihre verfluchten Anverwandten dahin bringen koͤnnte, das, was ihnen zuſteht, eben ſo willig zu thun: ſo wollte ich fuͤr ihre Ge- neſung mein Leben zum Pfande ſetzen. Allein wie kann einer, dem durch deine wun- derliche Buße ſo viele laͤcherliche Bilder in den Kopf gebracht ſind, ſich enthalten, uͤber dich zu lachen? Spare, ich bitte dich, lieber Belford, ſpare kuͤnftig die Betheurungen deiner Sehnſucht nach dem andern Leben: wofern du die Betheu- rungen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/268
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/268>, abgerufen am 25.11.2024.