über sehr ärgerliche Briefe bekommen. Man hat dasjenige, wovon der Schulfuchs einen Wink gegeben, für wahr angenommen, und ihr eine Reise nach einer von den Pflanzstädten vorge- schlagen, als das einzige Mittel, dem Herrn Bel- ford und ihnen zu entgehen. Jch habe diese Briefe in der That nicht gesehen: allein sie mach- ten sich eine Ehe daraus, mir etwas von ihrem Jnhalt vorzusagen; welches der armen Fräulein durchs Herz gegangen seyn muß. Und wenn man dieß zu ihrem vorigen Leiden hinzusetzet: - - Was haben sie, Herr Lovelace, denn nicht zu ver- antworten?
Lovel. Wer, Teufel, hätte solche Folgen, als dieß sind, erwarten können? Wer hätte glauben können, daß so unversöhnliche Eltern, so neidisches Geschwister, und, erlauben sie mir zu sagen, ein so unbewegliches Frauenzimmer, das sich ohne Nach- geben denjenigen Mitteln entgegensetzte, die einzig und allein alles bey einem jeden Theil gut zu ma- chen vermögend wären, auf der Welt seyn könn- ten? - - Und was ist nun zu thun übrig?
Lord M. Jch mache mir große Hoffnung, daß der Obrist Morden seine Base noch gewin- nen könne: und nach ihrem letzten Briefe schwebt es mir im Sinne, daß sie noch einige Absicht hat, zuletzt alles, was vorgegangen ist, zu vergeben. Gedenken sie, Herr Obrist, daß, wenn auch gegen- wärtig keine solche Aussöhnung vor sich gehen sollte, ihr Brief nicht so viel mit einschließen möge, daß sie sich mit Herrn Lovelacen ausöhnen wollte,
wofern
uͤber ſehr aͤrgerliche Briefe bekommen. Man hat dasjenige, wovon der Schulfuchs einen Wink gegeben, fuͤr wahr angenommen, und ihr eine Reiſe nach einer von den Pflanzſtaͤdten vorge- ſchlagen, als das einzige Mittel, dem Herrn Bel- ford und ihnen zu entgehen. Jch habe dieſe Briefe in der That nicht geſehen: allein ſie mach- ten ſich eine Ehe daraus, mir etwas von ihrem Jnhalt vorzuſagen; welches der armen Fraͤulein durchs Herz gegangen ſeyn muß. Und wenn man dieß zu ihrem vorigen Leiden hinzuſetzet: ‒ ‒ Was haben ſie, Herr Lovelace, denn nicht zu ver- antworten?
Lovel. Wer, Teufel, haͤtte ſolche Folgen, als dieß ſind, erwarten koͤnnen? Wer haͤtte glauben koͤnnen, daß ſo unverſoͤhnliche Eltern, ſo neidiſches Geſchwiſter, und, erlauben ſie mir zu ſagen, ein ſo unbewegliches Frauenzimmer, das ſich ohne Nach- geben denjenigen Mitteln entgegenſetzte, die einzig und allein alles bey einem jeden Theil gut zu ma- chen vermoͤgend waͤren, auf der Welt ſeyn koͤnn- ten? ‒ ‒ Und was iſt nun zu thun uͤbrig?
Lord M. Jch mache mir große Hoffnung, daß der Obriſt Morden ſeine Baſe noch gewin- nen koͤnne: und nach ihrem letzten Briefe ſchwebt es mir im Sinne, daß ſie noch einige Abſicht hat, zuletzt alles, was vorgegangen iſt, zu vergeben. Gedenken ſie, Herr Obriſt, daß, wenn auch gegen- waͤrtig keine ſolche Ausſoͤhnung vor ſich gehen ſollte, ihr Brief nicht ſo viel mit einſchließen moͤge, daß ſie ſich mit Herrn Lovelacen auſoͤhnen wollte,
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uͤber ſehr aͤrgerliche Briefe bekommen. Man
hat dasjenige, wovon der Schulfuchs einen Wink
gegeben, fuͤr wahr angenommen, und ihr eine
Reiſe nach einer von den Pflanzſtaͤdten vorge-
ſchlagen, als das einzige Mittel, dem Herrn Bel-
ford und ihnen zu entgehen. Jch habe dieſe
Briefe in der That nicht geſehen: allein ſie mach-
ten ſich eine Ehe daraus, mir etwas von ihrem
Jnhalt vorzuſagen; welches der armen Fraͤulein
durchs Herz gegangen ſeyn muß. Und wenn
man dieß zu ihrem vorigen Leiden hinzuſetzet: ‒ ‒
Was haben ſie, Herr Lovelace, denn nicht zu ver-
antworten?
Lovel. Wer, Teufel, haͤtte ſolche Folgen,
als dieß ſind, erwarten koͤnnen? Wer haͤtte glauben
koͤnnen, daß ſo unverſoͤhnliche Eltern, ſo neidiſches
Geſchwiſter, und, erlauben ſie mir zu ſagen, ein ſo
unbewegliches Frauenzimmer, das ſich ohne Nach-
geben denjenigen Mitteln entgegenſetzte, die einzig
und allein alles bey einem jeden Theil gut zu ma-
chen vermoͤgend waͤren, auf der Welt ſeyn koͤnn-
ten? ‒ ‒ Und was iſt nun zu thun uͤbrig?
Lord M. Jch mache mir große Hoffnung,
daß der Obriſt Morden ſeine Baſe noch gewin-
nen koͤnne: und nach ihrem letzten Briefe ſchwebt
es mir im Sinne, daß ſie noch einige Abſicht hat,
zuletzt alles, was vorgegangen iſt, zu vergeben.
Gedenken ſie, Herr Obriſt, daß, wenn auch gegen-
waͤrtig keine ſolche Ausſoͤhnung vor ſich gehen
ſollte, ihr Brief nicht ſo viel mit einſchließen moͤge,
daß ſie ſich mit Herrn Lovelacen auſoͤhnen wollte,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/229>, abgerufen am 25.11.2024.
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