Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite


Lord M. der sich wieder ins Mittel
schlug, als wir beyde hinaus gehen wollten.

Und was wird das helfen, meine Herren? Gesetzt,
sie tödten einander: wird die Sache dadurch bes-
ser oder schlimmer werden? Was meynen sie:
wird die Fräulein durch eines von ihnen oder ih-
rer beyder Tod glücklicher oder unglücklicher wer-
den? Jhre Gemüthsarten sind allzuwohl bekannt,
daß es neue Proben der Herzhaftigkeit eines von
ihnen beyden brauchen sollte. Und ich denke, Herr
Obrist; wo sie auf die Ehre der Fräulein ihr Au-
genmerk gerichtet haben, daß diese auf keine Wei-
se so nachdrücklich, als durch die Ehe befördert
werden kann. Wollten sie, mein Herr, das, was
sie bey ihr vermögen, anwenden, sie zu gewin-
nen: so ist es sehr wahrscheinlich, daß sie zu dem
gewünschten Zweck kommen mögen; ob es gleich
sonst niemand kann.

Lovel. Jch glaube, mein Lord, daß ich alles
gesagt habe, was ein Mensch sagen kann: da das,
was geschehen ist, sich nicht zurückrufen läßt. Sie
sehen aber, daß der Herr Obrist Morden bestän-
dig um so viel heftiger wird, als ich gelassener bin,
bis ich genöthigt werde, meine Person zu behau-
pten: sonst würde er mich gar verachten.

Lord M. Erlauben sie mir, Herr Obrist, sie
zu fragen: Wissen sie einen Weg, ein Mittel,
das sie für vernünftig und anständig zu einem
Vorschlage ansehen, um eine Aussöhnung mit
der Fräulein zu Stande zu bringen? Das ist, was
wir alle wünschen. Und ich kann ihnen sagen,

mein


Lord M. der ſich wieder ins Mittel
ſchlug, als wir beyde hinaus gehen wollten.

Und was wird das helfen, meine Herren? Geſetzt,
ſie toͤdten einander: wird die Sache dadurch beſ-
ſer oder ſchlimmer werden? Was meynen ſie:
wird die Fraͤulein durch eines von ihnen oder ih-
rer beyder Tod gluͤcklicher oder ungluͤcklicher wer-
den? Jhre Gemuͤthsarten ſind allzuwohl bekannt,
daß es neue Proben der Herzhaftigkeit eines von
ihnen beyden brauchen ſollte. Und ich denke, Herr
Obriſt; wo ſie auf die Ehre der Fraͤulein ihr Au-
genmerk gerichtet haben, daß dieſe auf keine Wei-
ſe ſo nachdruͤcklich, als durch die Ehe befoͤrdert
werden kann. Wollten ſie, mein Herr, das, was
ſie bey ihr vermoͤgen, anwenden, ſie zu gewin-
nen: ſo iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß ſie zu dem
gewuͤnſchten Zweck kommen moͤgen; ob es gleich
ſonſt niemand kann.

Lovel. Jch glaube, mein Lord, daß ich alles
geſagt habe, was ein Menſch ſagen kann: da das,
was geſchehen iſt, ſich nicht zuruͤckrufen laͤßt. Sie
ſehen aber, daß der Herr Obriſt Morden beſtaͤn-
dig um ſo viel heftiger wird, als ich gelaſſener bin,
bis ich genoͤthigt werde, meine Perſon zu behau-
pten: ſonſt wuͤrde er mich gar verachten.

Lord M. Erlauben ſie mir, Herr Obriſt, ſie
zu fragen: Wiſſen ſie einen Weg, ein Mittel,
das ſie fuͤr vernuͤnftig und anſtaͤndig zu einem
Vorſchlage anſehen, um eine Ausſoͤhnung mit
der Fraͤulein zu Stande zu bringen? Das iſt, was
wir alle wuͤnſchen. Und ich kann ihnen ſagen,

mein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0211" n="205"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lord M. der &#x017F;ich wieder ins Mittel<lb/>
&#x017F;chlug, als wir beyde hinaus gehen wollten.</hi><lb/>
Und was wird das helfen, meine Herren? Ge&#x017F;etzt,<lb/>
&#x017F;ie to&#x0364;dten einander: wird die Sache dadurch be&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er oder &#x017F;chlimmer werden? Was meynen &#x017F;ie:<lb/>
wird die Fra&#x0364;ulein durch eines von ihnen oder ih-<lb/>
rer beyder Tod glu&#x0364;cklicher oder unglu&#x0364;cklicher wer-<lb/>
den? Jhre Gemu&#x0364;thsarten &#x017F;ind allzuwohl bekannt,<lb/>
daß es neue Proben der Herzhaftigkeit eines von<lb/>
ihnen beyden brauchen &#x017F;ollte. Und ich denke, Herr<lb/>
Obri&#x017F;t; wo &#x017F;ie auf die Ehre der Fra&#x0364;ulein ihr Au-<lb/>
genmerk gerichtet haben, daß die&#x017F;e auf keine Wei-<lb/>
&#x017F;e &#x017F;o nachdru&#x0364;cklich, als durch die Ehe befo&#x0364;rdert<lb/>
werden kann. Wollten <hi rendition="#fr">&#x017F;ie,</hi> mein Herr, das, was<lb/>
&#x017F;ie bey ihr vermo&#x0364;gen, anwenden, &#x017F;ie zu gewin-<lb/>
nen: &#x017F;o i&#x017F;t es &#x017F;ehr wahr&#x017F;cheinlich, daß <hi rendition="#fr">&#x017F;ie</hi> zu dem<lb/>
gewu&#x0364;n&#x017F;chten Zweck kommen mo&#x0364;gen; ob es gleich<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t niemand kann.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lovel.</hi> Jch glaube, mein Lord, daß ich alles<lb/>
ge&#x017F;agt habe, was ein Men&#x017F;ch &#x017F;agen kann: da das,<lb/>
was ge&#x017F;chehen i&#x017F;t, &#x017F;ich nicht zuru&#x0364;ckrufen la&#x0364;ßt. Sie<lb/>
&#x017F;ehen aber, daß der Herr Obri&#x017F;t Morden be&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
dig um &#x017F;o viel heftiger wird, als ich gela&#x017F;&#x017F;ener bin,<lb/>
bis ich geno&#x0364;thigt werde, meine Per&#x017F;on zu behau-<lb/>
pten: &#x017F;on&#x017F;t wu&#x0364;rde <hi rendition="#fr">er</hi> mich gar verachten.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lord M.</hi> Erlauben &#x017F;ie mir, Herr Obri&#x017F;t, &#x017F;ie<lb/>
zu fragen: Wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie einen Weg, ein Mittel,<lb/>
das &#x017F;ie fu&#x0364;r vernu&#x0364;nftig und an&#x017F;ta&#x0364;ndig zu einem<lb/>
Vor&#x017F;chlage an&#x017F;ehen, um eine Aus&#x017F;o&#x0364;hnung mit<lb/>
der Fra&#x0364;ulein zu Stande zu bringen? Das i&#x017F;t, was<lb/>
wir alle wu&#x0364;n&#x017F;chen. Und ich kann ihnen &#x017F;agen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mein</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0211] Lord M. der ſich wieder ins Mittel ſchlug, als wir beyde hinaus gehen wollten. Und was wird das helfen, meine Herren? Geſetzt, ſie toͤdten einander: wird die Sache dadurch beſ- ſer oder ſchlimmer werden? Was meynen ſie: wird die Fraͤulein durch eines von ihnen oder ih- rer beyder Tod gluͤcklicher oder ungluͤcklicher wer- den? Jhre Gemuͤthsarten ſind allzuwohl bekannt, daß es neue Proben der Herzhaftigkeit eines von ihnen beyden brauchen ſollte. Und ich denke, Herr Obriſt; wo ſie auf die Ehre der Fraͤulein ihr Au- genmerk gerichtet haben, daß dieſe auf keine Wei- ſe ſo nachdruͤcklich, als durch die Ehe befoͤrdert werden kann. Wollten ſie, mein Herr, das, was ſie bey ihr vermoͤgen, anwenden, ſie zu gewin- nen: ſo iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß ſie zu dem gewuͤnſchten Zweck kommen moͤgen; ob es gleich ſonſt niemand kann. Lovel. Jch glaube, mein Lord, daß ich alles geſagt habe, was ein Menſch ſagen kann: da das, was geſchehen iſt, ſich nicht zuruͤckrufen laͤßt. Sie ſehen aber, daß der Herr Obriſt Morden beſtaͤn- dig um ſo viel heftiger wird, als ich gelaſſener bin, bis ich genoͤthigt werde, meine Perſon zu behau- pten: ſonſt wuͤrde er mich gar verachten. Lord M. Erlauben ſie mir, Herr Obriſt, ſie zu fragen: Wiſſen ſie einen Weg, ein Mittel, das ſie fuͤr vernuͤnftig und anſtaͤndig zu einem Vorſchlage anſehen, um eine Ausſoͤhnung mit der Fraͤulein zu Stande zu bringen? Das iſt, was wir alle wuͤnſchen. Und ich kann ihnen ſagen, mein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/211
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/211>, abgerufen am 23.11.2024.