Wirkung einer allzu parteyischen Nachsicht seyn, als daß ich die Nachsicht verdienen sollte? Gleich- wohl bin ich so muthwillig verkehrt, daß ich mich mit Mühe von der Sache abziehen muß.
Das einzige also, was ich itzo weiter dazu sagen will, ist dieses, daß, wenn die Güte, welche man mir zuzugestehen gedenket, nur noch eine Wo- che später kommen sollte, sie vielleicht zu spät seyn würde - - Zu spät, meyne ich, mir zu demjeni- gen Troste zu dienen, den ich daraus zu ziehen wünschen möchte. Denn was für eine vergebli- che Vorbereitung muß ich gemacht haben: wo diese mich zu der Zeit nicht über alles hinausgese- tzet hat, was - - Jedoch über was hinaus? - - Armes und irrendes Geschöpfe! - - Unglückli- che Selbstbetrügerinn! - - Die sich über nichts hinausgesetzet findet! Die sich auch nicht im Stan- de siehet, ihre eigne strafwürdige Ungedult zu über- wältigen!
Damit ich aber in der That mit einer Sa- che, wobey ich mir selbst nicht trauen darf, zu Ende komme: so lassen Sie, wenn Sie Gelegen- heit dazu haben, meine Tante Hervey, meine liebe Base Dörtchen, die rechtschaffene Fr. Williams, wissen, wie ausnehmend angenehm mir ihre güti- ge Gesinnung und Beysorge für mich sey. Und da ich weiß, daß ihre Gewogenheit gegen mich die Liebe zur Tugend, welche sie mir zutrauen, zum Grunde hat: so vermelden Sie ihnen, als die beste Sicherheit oder Rechtfertigung für ihre gute Meynungen, daß ich die Tugend beständig
bis
Wirkung einer allzu parteyiſchen Nachſicht ſeyn, als daß ich die Nachſicht verdienen ſollte? Gleich- wohl bin ich ſo muthwillig verkehrt, daß ich mich mit Muͤhe von der Sache abziehen muß.
Das einzige alſo, was ich itzo weiter dazu ſagen will, iſt dieſes, daß, wenn die Guͤte, welche man mir zuzugeſtehen gedenket, nur noch eine Wo- che ſpaͤter kommen ſollte, ſie vielleicht zu ſpaͤt ſeyn wuͤrde ‒ ‒ Zu ſpaͤt, meyne ich, mir zu demjeni- gen Troſte zu dienen, den ich daraus zu ziehen wuͤnſchen moͤchte. Denn was fuͤr eine vergebli- che Vorbereitung muß ich gemacht haben: wo dieſe mich zu der Zeit nicht uͤber alles hinausgeſe- tzet hat, was ‒ ‒ Jedoch uͤber was hinaus? ‒ ‒ Armes und irrendes Geſchoͤpfe! ‒ ‒ Ungluͤckli- che Selbſtbetruͤgerinn! ‒ ‒ Die ſich uͤber nichts hinausgeſetzet findet! Die ſich auch nicht im Stan- de ſiehet, ihre eigne ſtrafwuͤrdige Ungedult zu uͤber- waͤltigen!
Damit ich aber in der That mit einer Sa- che, wobey ich mir ſelbſt nicht trauen darf, zu Ende komme: ſo laſſen Sie, wenn Sie Gelegen- heit dazu haben, meine Tante Hervey, meine liebe Baſe Doͤrtchen, die rechtſchaffene Fr. Williams, wiſſen, wie ausnehmend angenehm mir ihre guͤti- ge Geſinnung und Beyſorge fuͤr mich ſey. Und da ich weiß, daß ihre Gewogenheit gegen mich die Liebe zur Tugend, welche ſie mir zutrauen, zum Grunde hat: ſo vermelden Sie ihnen, als die beſte Sicherheit oder Rechtfertigung fuͤr ihre gute Meynungen, daß ich die Tugend beſtaͤndig
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Wirkung einer allzu parteyiſchen Nachſicht ſeyn,
als daß ich die Nachſicht verdienen ſollte? Gleich-
wohl bin ich ſo muthwillig verkehrt, daß ich mich
mit Muͤhe von der Sache abziehen muß.
Das einzige alſo, was ich itzo weiter dazu
ſagen will, iſt dieſes, daß, wenn die Guͤte, welche
man mir zuzugeſtehen gedenket, nur noch eine Wo-
che ſpaͤter kommen ſollte, ſie vielleicht zu ſpaͤt ſeyn
wuͤrde ‒ ‒ Zu ſpaͤt, meyne ich, mir zu demjeni-
gen Troſte zu dienen, den ich daraus zu ziehen
wuͤnſchen moͤchte. Denn was fuͤr eine vergebli-
che Vorbereitung muß ich gemacht haben: wo
dieſe mich zu der Zeit nicht uͤber alles hinausgeſe-
tzet hat, was ‒ ‒ Jedoch uͤber was hinaus? ‒ ‒
Armes und irrendes Geſchoͤpfe! ‒ ‒ Ungluͤckli-
che Selbſtbetruͤgerinn! ‒ ‒ Die ſich uͤber nichts
hinausgeſetzet findet! Die ſich auch nicht im Stan-
de ſiehet, ihre eigne ſtrafwuͤrdige Ungedult zu uͤber-
waͤltigen!
Damit ich aber in der That mit einer Sa-
che, wobey ich mir ſelbſt nicht trauen darf, zu
Ende komme: ſo laſſen Sie, wenn Sie Gelegen-
heit dazu haben, meine Tante Hervey, meine liebe
Baſe Doͤrtchen, die rechtſchaffene Fr. Williams,
wiſſen, wie ausnehmend angenehm mir ihre guͤti-
ge Geſinnung und Beyſorge fuͤr mich ſey. Und
da ich weiß, daß ihre Gewogenheit gegen mich
die Liebe zur Tugend, welche ſie mir zutrauen,
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die beſte Sicherheit oder Rechtfertigung fuͤr ihre
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/132>, abgerufen am 27.11.2024.
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