ich das, was mich befallen hätte, für meine ver- diente Strafe ansehen müßte.
Allein wäre auch die Anklage mit gutem Er- folg fortgetrieben, und er so gar zum Tode ver- urtheilet worden: kann man wohl gedenken, daß seine Familie nicht Ansehen genug gehabt ha- ben würde, seine Begnadigung für ein Verbre- chen zu erhalten, welches man für allzu geringe ansiehet, ob es gleich eines der größten ist, das ge- gen eine Person, die ihre Ehre höher achtet, als ihr Leben, begangen werden kann; - - da man unterdessen wider mich ein ungütiges Urtheil wür- de gefället haben, daß ich einen Menschen, der mir beyzeiten alle ihm mögliche Erstattung ange- boten, mit blutdürstigen Absichten vor Gericht verfolgte?
Wäre er aber begnadigt worden: würde er alsdenn nicht die völlige Freyheit gehabt haben, eben so viel Unheil, als jemals, anzurichten?
Jch darf es zuversichtlich sagen, mein Herr: die Kühnheit des Menschen, dem mich mein un- glückliches Schicksal in die Hände geworfen hat, ist so groß, und sein Groll gegen meine Familie, die alsdenn erschienen seyn würde, sich durch ihre bekannte Erbitterung gegen ihn und durch ihr ernstliches Bestreben, ihm das Leben zu nehmen, wegen ihres Verfahrens mit mir zu rechtfertigen, ist so heftig, daß er nicht ungern eine bequeme Gelegenheit gehabt haben würde, mich und mei- nen Vater, meine Onkels und meinen Bruder bey einem solchen Vorfall zu einem Verhör vor
dem
ich das, was mich befallen haͤtte, fuͤr meine ver- diente Strafe anſehen muͤßte.
Allein waͤre auch die Anklage mit gutem Er- folg fortgetrieben, und er ſo gar zum Tode ver- urtheilet worden: kann man wohl gedenken, daß ſeine Familie nicht Anſehen genug gehabt ha- ben wuͤrde, ſeine Begnadigung fuͤr ein Verbre- chen zu erhalten, welches man fuͤr allzu geringe anſiehet, ob es gleich eines der groͤßten iſt, das ge- gen eine Perſon, die ihre Ehre hoͤher achtet, als ihr Leben, begangen werden kann; ‒ ‒ da man unterdeſſen wider mich ein unguͤtiges Urtheil wuͤr- de gefaͤllet haben, daß ich einen Menſchen, der mir beyzeiten alle ihm moͤgliche Erſtattung ange- boten, mit blutduͤrſtigen Abſichten vor Gericht verfolgte?
Waͤre er aber begnadigt worden: wuͤrde er alsdenn nicht die voͤllige Freyheit gehabt haben, eben ſo viel Unheil, als jemals, anzurichten?
Jch darf es zuverſichtlich ſagen, mein Herr: die Kuͤhnheit des Menſchen, dem mich mein un- gluͤckliches Schickſal in die Haͤnde geworfen hat, iſt ſo groß, und ſein Groll gegen meine Familie, die alsdenn erſchienen ſeyn wuͤrde, ſich durch ihre bekannte Erbitterung gegen ihn und durch ihr ernſtliches Beſtreben, ihm das Leben zu nehmen, wegen ihres Verfahrens mit mir zu rechtfertigen, iſt ſo heftig, daß er nicht ungern eine bequeme Gelegenheit gehabt haben wuͤrde, mich und mei- nen Vater, meine Onkels und meinen Bruder bey einem ſolchen Vorfall zu einem Verhoͤr vor
dem
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ich das, was mich befallen haͤtte, fuͤr meine ver-
diente Strafe anſehen muͤßte.
Allein waͤre auch die Anklage mit gutem Er-
folg fortgetrieben, und er ſo gar zum Tode ver-
urtheilet worden: kann man wohl gedenken,
daß ſeine Familie nicht Anſehen genug gehabt ha-
ben wuͤrde, ſeine Begnadigung fuͤr ein Verbre-
chen zu erhalten, welches man fuͤr allzu geringe
anſiehet, ob es gleich eines der groͤßten iſt, das ge-
gen eine Perſon, die ihre Ehre hoͤher achtet, als
ihr Leben, begangen werden kann; ‒ ‒ da man
unterdeſſen wider mich ein unguͤtiges Urtheil wuͤr-
de gefaͤllet haben, daß ich einen Menſchen, der mir
beyzeiten alle ihm moͤgliche Erſtattung ange-
boten, mit blutduͤrſtigen Abſichten vor Gericht
verfolgte?
Waͤre er aber begnadigt worden: wuͤrde
er alsdenn nicht die voͤllige Freyheit gehabt haben,
eben ſo viel Unheil, als jemals, anzurichten?
Jch darf es zuverſichtlich ſagen, mein Herr:
die Kuͤhnheit des Menſchen, dem mich mein un-
gluͤckliches Schickſal in die Haͤnde geworfen hat,
iſt ſo groß, und ſein Groll gegen meine Familie,
die alsdenn erſchienen ſeyn wuͤrde, ſich durch ihre
bekannte Erbitterung gegen ihn und durch ihr
ernſtliches Beſtreben, ihm das Leben zu nehmen,
wegen ihres Verfahrens mit mir zu rechtfertigen,
iſt ſo heftig, daß er nicht ungern eine bequeme
Gelegenheit gehabt haben wuͤrde, mich und mei-
nen Vater, meine Onkels und meinen Bruder
bey einem ſolchen Vorfall zu einem Verhoͤr vor
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/108>, abgerufen am 23.11.2024.
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