Jch bin wie ein Pelikan in der Wildniß. Jch bin wie eine Eule in der Wüsten.
Jch wache; und bin wie ein verlassener Sperling auf dem Giebel.
Jch habe Asche gegessen, wie Brodt, und meinen Trank mit Weinen gemenget;
Um deines Eifers und um deines Zornes willen: denn du hast mich erhoben und nieder- geworfen.
Meine Tage sind wie ein Schatten, der ab- nimmt, und ich bin verwelket, wie Graß.
Gieb nicht zu, o Herr, daß des Gottlosen Verlangen geschehe: fördere nicht seine An- schläge, damit er sich nicht erhebe.
Ey, Fr. Lovick, sagte ich, nachdem ich diese geistliche Betrachtung, wie sie es nannte, durch- gelesen hatte, ich denke, daß mir von der Fräu- lein sehr hart begegnet ist, wo sie in dem allen mich meynet. Denn wie kann ich der Feind ihrer Seele seyn: da ich sie mit Seel und Leib liebe?
Sie sagt, ich sey ein gewaltthätiger Mann, und ein gottloser Mensch. - - Daß ich es gewe- sen sey, das gestehe ich: allein ich bereue es und wünsche mir nur das Vermögen, das Unrecht, welches ich ihr gethan habe, zu ersetzen.
Der Fallstrick, die Falle, das Netze ge- hen vermuthlich auf das Heyrathen. - - Allein
ist
Jch bin wie ein Pelikan in der Wildniß. Jch bin wie eine Eule in der Wuͤſten.
Jch wache; und bin wie ein verlaſſener Sperling auf dem Giebel.
Jch habe Aſche gegeſſen, wie Brodt, und meinen Trank mit Weinen gemenget;
Um deines Eifers und um deines Zornes willen: denn du haſt mich erhoben und nieder- geworfen.
Meine Tage ſind wie ein Schatten, der ab- nimmt, und ich bin verwelket, wie Graß.
Gieb nicht zu, o Herr, daß des Gottloſen Verlangen geſchehe: foͤrdere nicht ſeine An- ſchlaͤge, damit er ſich nicht erhebe.
Ey, Fr. Lovick, ſagte ich, nachdem ich dieſe geiſtliche Betrachtung, wie ſie es nannte, durch- geleſen hatte, ich denke, daß mir von der Fraͤu- lein ſehr hart begegnet iſt, wo ſie in dem allen mich meynet. Denn wie kann ich der Feind ihrer Seele ſeyn: da ich ſie mit Seel und Leib liebe?
Sie ſagt, ich ſey ein gewaltthaͤtiger Mann, und ein gottloſer Menſch. ‒ ‒ Daß ich es gewe- ſen ſey, das geſtehe ich: allein ich bereue es und wuͤnſche mir nur das Vermoͤgen, das Unrecht, welches ich ihr gethan habe, zu erſetzen.
Der Fallſtrick, die Falle, das Netze ge- hen vermuthlich auf das Heyrathen. ‒ ‒ Allein
iſt
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Jch bin wie ein Pelikan in der Wildniß.
Jch bin wie eine Eule in der Wuͤſten.
Jch wache; und bin wie ein verlaſſener
Sperling auf dem Giebel.
Jch habe Aſche gegeſſen, wie Brodt, und
meinen Trank mit Weinen gemenget;
Um deines Eifers und um deines Zornes
willen: denn du haſt mich erhoben und nieder-
geworfen.
Meine Tage ſind wie ein Schatten, der ab-
nimmt, und ich bin verwelket, wie Graß.
Gieb nicht zu, o Herr, daß des Gottloſen
Verlangen geſchehe: foͤrdere nicht ſeine An-
ſchlaͤge, damit er ſich nicht erhebe.
Ey, Fr. Lovick, ſagte ich, nachdem ich dieſe
geiſtliche Betrachtung, wie ſie es nannte, durch-
geleſen hatte, ich denke, daß mir von der Fraͤu-
lein ſehr hart begegnet iſt, wo ſie in dem allen
mich meynet. Denn wie kann ich der Feind
ihrer Seele ſeyn: da ich ſie mit Seel und Leib
liebe?
Sie ſagt, ich ſey ein gewaltthaͤtiger Mann,
und ein gottloſer Menſch. ‒ ‒ Daß ich es gewe-
ſen ſey, das geſtehe ich: allein ich bereue es und
wuͤnſche mir nur das Vermoͤgen, das Unrecht,
welches ich ihr gethan habe, zu erſetzen.
Der Fallſtrick, die Falle, das Netze ge-
hen vermuthlich auf das Heyrathen. ‒ ‒ Allein
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 832. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/838>, abgerufen am 23.11.2024.
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