Nicht geflispert, gute Freunde: es ist keine Weise, zu flispern. Joseph, was sagte Johann zu dir?
Johann, mein Herr! sprach mir die gute Frau mit Unwillen nach.
Jch bitte um Verzeihung, Fr. Smithinn. Aber sie sehen, wie viel ein Beyspiel vermag. Hätten sie gegen ihren ehrlichen Mann mehr Achtung gezeiget: so würde ich es auch thun. Nehmen sie dabey eine gute Lehre von mir an. - - Weiber, die ihren Männern unehrerbietig be- gegnen, lehren fremde Leute, verächtlich mit ihnen umzugehen. Da hörst du es, ehrlicher Meister Johann: warum nimmst du dafür nicht den Hut vor mir ab? - - O, das würdest du thun: wenn du ihn aufhättest. Allein ich glaube, du setzest deinen Hut niemals auf in Gegenwart deiner Frauen: nicht wahr?
Sparen sie ihr höhnisches Gespötte, mein Herr, rief Johann. Jch wünschte, daß nur alle Eheleute so glücklich lebten, als wir.
Jch wünsche es auch, guter Freund. Aber ich will mich hängen lassen: wo du Kinder hast.
Wie so, mein Herr?
Hast du Kinder? - - Antworte mir, Kerl: hast du, oder nicht?
Vielleicht nicht, mein Herr. Allein was heißt das?
Was heißt das? - - Jch wills dir sagen. Der Mann, welcher keine Kinder mit seiner Frauen hat, muß mit Johann schlecht weg vor-
lieb
Nicht gefliſpert, gute Freunde: es iſt keine Weiſe, zu fliſpern. Joſeph, was ſagte Johann zu dir?
Johann, mein Herr! ſprach mir die gute Frau mit Unwillen nach.
Jch bitte um Verzeihung, Fr. Smithinn. Aber ſie ſehen, wie viel ein Beyſpiel vermag. Haͤtten ſie gegen ihren ehrlichen Mann mehr Achtung gezeiget: ſo wuͤrde ich es auch thun. Nehmen ſie dabey eine gute Lehre von mir an. ‒ ‒ Weiber, die ihren Maͤnnern unehrerbietig be- gegnen, lehren fremde Leute, veraͤchtlich mit ihnen umzugehen. Da hoͤrſt du es, ehrlicher Meiſter Johann: warum nimmſt du dafuͤr nicht den Hut vor mir ab? ‒ ‒ O, das wuͤrdeſt du thun: wenn du ihn aufhaͤtteſt. Allein ich glaube, du ſetzeſt deinen Hut niemals auf in Gegenwart deiner Frauen: nicht wahr?
Sparen ſie ihr hoͤhniſches Geſpoͤtte, mein Herr, rief Johann. Jch wuͤnſchte, daß nur alle Eheleute ſo gluͤcklich lebten, als wir.
Jch wuͤnſche es auch, guter Freund. Aber ich will mich haͤngen laſſen: wo du Kinder haſt.
Wie ſo, mein Herr?
Haſt du Kinder? ‒ ‒ Antworte mir, Kerl: haſt du, oder nicht?
Vielleicht nicht, mein Herr. Allein was heißt das?
Was heißt das? ‒ ‒ Jch wills dir ſagen. Der Mann, welcher keine Kinder mit ſeiner Frauen hat, muß mit Johann ſchlecht weg vor-
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[802/0808]
Nicht gefliſpert, gute Freunde: es iſt keine
Weiſe, zu fliſpern. Joſeph, was ſagte Johann
zu dir?
Johann, mein Herr! ſprach mir die gute
Frau mit Unwillen nach.
Jch bitte um Verzeihung, Fr. Smithinn.
Aber ſie ſehen, wie viel ein Beyſpiel vermag.
Haͤtten ſie gegen ihren ehrlichen Mann mehr
Achtung gezeiget: ſo wuͤrde ich es auch thun.
Nehmen ſie dabey eine gute Lehre von mir an.
‒ ‒ Weiber, die ihren Maͤnnern unehrerbietig be-
gegnen, lehren fremde Leute, veraͤchtlich mit ihnen
umzugehen. Da hoͤrſt du es, ehrlicher Meiſter
Johann: warum nimmſt du dafuͤr nicht den Hut
vor mir ab? ‒ ‒ O, das wuͤrdeſt du thun: wenn
du ihn aufhaͤtteſt. Allein ich glaube, du ſetzeſt
deinen Hut niemals auf in Gegenwart deiner
Frauen: nicht wahr?
Sparen ſie ihr hoͤhniſches Geſpoͤtte, mein
Herr, rief Johann. Jch wuͤnſchte, daß nur alle
Eheleute ſo gluͤcklich lebten, als wir.
Jch wuͤnſche es auch, guter Freund. Aber
ich will mich haͤngen laſſen: wo du Kinder haſt.
Wie ſo, mein Herr?
Haſt du Kinder? ‒ ‒ Antworte mir, Kerl:
haſt du, oder nicht?
Vielleicht nicht, mein Herr. Allein was
heißt das?
Was heißt das? ‒ ‒ Jch wills dir ſagen.
Der Mann, welcher keine Kinder mit ſeiner
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 802. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/808>, abgerufen am 23.11.2024.
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