Auf diese Art unterhielte ich mich selbst, bis ich an Smithens Haus kam. Da setzten die Kerls ihre muntere Bürde nieder. Jhre Hüte flogen von dem Kopf. Wilhelm war in einer neuen Liverey bey der Hand. Der Sänftende- ckel ging auf. Meine Gnaden huschten heraus; und die Frau hinter der Zahlbank gerieth ganz in Unruhe und Bewegung - - Ehrerbietung und Furcht gaben ihren Gesichtszügen die gebührende und feyerliche Gestalt. Jhre Kniee, wie ich nicht zweifele, schlugen vor Beben an die inwen- dige Seite ihrer bretternen Vormauer.
Jhr Diener, Madame - - Wilhelm laß die Kerls ein wenig zurückgehen und warten.
Sie haben ein junges Frauenzimmer im Hause, das hier eingemiethet hat: Fräulein Har- lowe, Madame. Jst sie oben?
Mein Herr, mein Herr, erlauben ihre Gna- den - - das Weib, denke ich, ist durch meine Gestalt in Schrecken gesetzt - - Fräulein Har- lowe, mein Herr! Ja es wohnt in der That ein solches Frauenzimmer bey uns - - Aber, aber - -
Aber was, Madame? - - Jch muß sie se- hen. - - Eine Treppe hoch: nicht wahr? - - Bemühen sie sich nicht - - Jch werde ihr Zim- mer schon finden. Hiemit ging ich auf die Trep- pe zu.
Mein Herr, mein Herr, die Fräulein, die Fräulein ist nicht zu Hause - - Sie ist ausge- fahren - - Sie ist auf dem Lande - -
Auf
Auf dieſe Art unterhielte ich mich ſelbſt, bis ich an Smithens Haus kam. Da ſetzten die Kerls ihre muntere Buͤrde nieder. Jhre Huͤte flogen von dem Kopf. Wilhelm war in einer neuen Liverey bey der Hand. Der Saͤnftende- ckel ging auf. Meine Gnaden huſchten heraus; und die Frau hinter der Zahlbank gerieth ganz in Unruhe und Bewegung ‒ ‒ Ehrerbietung und Furcht gaben ihren Geſichtszuͤgen die gebuͤhrende und feyerliche Geſtalt. Jhre Kniee, wie ich nicht zweifele, ſchlugen vor Beben an die inwen- dige Seite ihrer bretternen Vormauer.
Jhr Diener, Madame ‒ ‒ Wilhelm laß die Kerls ein wenig zuruͤckgehen und warten.
Sie haben ein junges Frauenzimmer im Hauſe, das hier eingemiethet hat: Fraͤulein Har- lowe, Madame. Jſt ſie oben?
Mein Herr, mein Herr, erlauben ihre Gna- den ‒ ‒ das Weib, denke ich, iſt durch meine Geſtalt in Schrecken geſetzt ‒ ‒ Fraͤulein Har- lowe, mein Herr! Ja es wohnt in der That ein ſolches Frauenzimmer bey uns ‒ ‒ Aber, aber ‒ ‒
Aber was, Madame? ‒ ‒ Jch muß ſie ſe- hen. ‒ ‒ Eine Treppe hoch: nicht wahr? ‒ ‒ Bemuͤhen ſie ſich nicht ‒ ‒ Jch werde ihr Zim- mer ſchon finden. Hiemit ging ich auf die Trep- pe zu.
Mein Herr, mein Herr, die Fraͤulein, die Fraͤulein iſt nicht zu Hauſe ‒ ‒ Sie iſt ausge- fahren ‒ ‒ Sie iſt auf dem Lande ‒ ‒
Auf
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Auf dieſe Art unterhielte ich mich ſelbſt, bis
ich an Smithens Haus kam. Da ſetzten die
Kerls ihre muntere Buͤrde nieder. Jhre Huͤte
flogen von dem Kopf. Wilhelm war in einer
neuen Liverey bey der Hand. Der Saͤnftende-
ckel ging auf. Meine Gnaden huſchten heraus;
und die Frau hinter der Zahlbank gerieth ganz in
Unruhe und Bewegung ‒ ‒ Ehrerbietung und
Furcht gaben ihren Geſichtszuͤgen die gebuͤhrende
und feyerliche Geſtalt. Jhre Kniee, wie ich
nicht zweifele, ſchlugen vor Beben an die inwen-
dige Seite ihrer bretternen Vormauer.
Jhr Diener, Madame ‒ ‒ Wilhelm laß die
Kerls ein wenig zuruͤckgehen und warten.
Sie haben ein junges Frauenzimmer im
Hauſe, das hier eingemiethet hat: Fraͤulein Har-
lowe, Madame. Jſt ſie oben?
Mein Herr, mein Herr, erlauben ihre Gna-
den ‒ ‒ das Weib, denke ich, iſt durch meine
Geſtalt in Schrecken geſetzt ‒ ‒ Fraͤulein Har-
lowe, mein Herr! Ja es wohnt in der That ein
ſolches Frauenzimmer bey uns ‒ ‒ Aber,
aber ‒ ‒
Aber was, Madame? ‒ ‒ Jch muß ſie ſe-
hen. ‒ ‒ Eine Treppe hoch: nicht wahr? ‒ ‒
Bemuͤhen ſie ſich nicht ‒ ‒ Jch werde ihr Zim-
mer ſchon finden. Hiemit ging ich auf die Trep-
pe zu.
Mein Herr, mein Herr, die Fraͤulein, die
Fraͤulein iſt nicht zu Hauſe ‒ ‒ Sie iſt ausge-
fahren ‒ ‒ Sie iſt auf dem Lande ‒ ‒
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 795. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/801>, abgerufen am 23.11.2024.
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