würdigen Kerls mit ihrem Vorschreiben zuge- ben wollen. Ja, der Lord M. ist selbst der Mey- nung, daß sie mir billig einen Besuch erlauben sollte. Seine Meynung gielt viel bey mir - - wenn sie mit der meinigen übereintrifft. Jch habe ihn und meine beyden Basen versichert, daß ich mich so anständig und ehrerbietig bezeigen will, als sich nur ein Mensch gegen diejenige Person bezeigen kann, gegen welche er die größte Ehr- furcht heget. Das will ich auch wirklich thun. Davon sollst du selbst ein Zeuge seyn, wo du nicht für gut befindest, unterdessen zu Belton zu gehen.
Der Obrist Morden, wie du von mir gehört hast, ist ein Mann, der auf Ehre und Muth hält: - - aber der Obrist Morden hat eben so wohl seine Mägdchen gehabt, als ihr und ich. Und, die Wahrheit zu sagen, wer hat wohl keines gehabt, es sey nun öffentlich oder heimlich? Der Teufel braucht allemal ein artiges Mägdchen zur Lockspeise, wenn er seinen Hamen nach einer Mannsperson auswirft: er sey von welchem Al- ter, Range oder Stande er wolle.
Jch habe meine Geliebte oft von dem Obri- sten mit vorzüglicher Hochachtung sprechen gehört. Jch wünschte, daß er, um Jhres Gemüths wil- len, die Sachen zwischen ihren übrigen unver- söhnlichen Freunden und ihr ein wenig erträgli- cher machen könnte.
Mich deucht, ich bin um den armen Belton bekümmert. Allein es kann niemand krank oder
nieder-
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wuͤrdigen Kerls mit ihrem Vorſchreiben zuge- ben wollen. Ja, der Lord M. iſt ſelbſt der Mey- nung, daß ſie mir billig einen Beſuch erlauben ſollte. Seine Meynung gielt viel bey mir ‒ ‒ wenn ſie mit der meinigen uͤbereintrifft. Jch habe ihn und meine beyden Baſen verſichert, daß ich mich ſo anſtaͤndig und ehrerbietig bezeigen will, als ſich nur ein Menſch gegen diejenige Perſon bezeigen kann, gegen welche er die groͤßte Ehr- furcht heget. Das will ich auch wirklich thun. Davon ſollſt du ſelbſt ein Zeuge ſeyn, wo du nicht fuͤr gut befindeſt, unterdeſſen zu Belton zu gehen.
Der Obriſt Morden, wie du von mir gehoͤrt haſt, iſt ein Mann, der auf Ehre und Muth haͤlt: ‒ ‒ aber der Obriſt Morden hat eben ſo wohl ſeine Maͤgdchen gehabt, als ihr und ich. Und, die Wahrheit zu ſagen, wer hat wohl keines gehabt, es ſey nun oͤffentlich oder heimlich? Der Teufel braucht allemal ein artiges Maͤgdchen zur Lockſpeiſe, wenn er ſeinen Hamen nach einer Mannsperſon auswirft: er ſey von welchem Al- ter, Range oder Stande er wolle.
Jch habe meine Geliebte oft von dem Obri- ſten mit vorzuͤglicher Hochachtung ſprechen gehoͤrt. Jch wuͤnſchte, daß er, um Jhres Gemuͤths wil- len, die Sachen zwiſchen ihren uͤbrigen unver- ſoͤhnlichen Freunden und ihr ein wenig ertraͤgli- cher machen koͤnnte.
Mich deucht, ich bin um den armen Belton bekuͤmmert. Allein es kann niemand krank oder
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wuͤrdigen Kerls mit ihrem Vorſchreiben zuge-
ben wollen. Ja, der Lord M. iſt ſelbſt der Mey-
nung, daß ſie mir billig einen Beſuch erlauben
ſollte. Seine Meynung gielt viel bey mir ‒ ‒
wenn ſie mit der meinigen uͤbereintrifft. Jch habe
ihn und meine beyden Baſen verſichert, daß ich
mich ſo anſtaͤndig und ehrerbietig bezeigen will,
als ſich nur ein Menſch gegen diejenige Perſon
bezeigen kann, gegen welche er die groͤßte Ehr-
furcht heget. Das will ich auch wirklich thun.
Davon ſollſt du ſelbſt ein Zeuge ſeyn, wo du
nicht fuͤr gut befindeſt, unterdeſſen zu Belton zu
gehen.
Der Obriſt Morden, wie du von mir gehoͤrt
haſt, iſt ein Mann, der auf Ehre und Muth
haͤlt: ‒ ‒ aber der Obriſt Morden hat eben ſo
wohl ſeine Maͤgdchen gehabt, als ihr und ich.
Und, die Wahrheit zu ſagen, wer hat wohl keines
gehabt, es ſey nun oͤffentlich oder heimlich? Der
Teufel braucht allemal ein artiges Maͤgdchen zur
Lockſpeiſe, wenn er ſeinen Hamen nach einer
Mannsperſon auswirft: er ſey von welchem Al-
ter, Range oder Stande er wolle.
Jch habe meine Geliebte oft von dem Obri-
ſten mit vorzuͤglicher Hochachtung ſprechen gehoͤrt.
Jch wuͤnſchte, daß er, um Jhres Gemuͤths wil-
len, die Sachen zwiſchen ihren uͤbrigen unver-
ſoͤhnlichen Freunden und ihr ein wenig ertraͤgli-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 791. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/797>, abgerufen am 21.11.2024.
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