Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite




Der hundert und achtzehnte Brief
von
Herrn Belford an Hrn. Robert Lovelace.

Deine Unpäßlichkeit macht mir ungemein viel
Kummer. Es würde mir sehr nahe gehen,
dich zu verlieren. Wenn du aber so bald stir-
best: so könnte ich von ganzem Herzen wünschen,
daß es vor dem Anfang des verwichenen Aprils
geschehen wäre; und zwar so wohl deinetwegen,
als um des vortrefflichften Frauenzimmers wil-
len, das in der Welt ist. Denn so würdest du
nicht von der himmelsschreyenden und der größ-
ten Sünde in deinem Leben Rechenschaft zu ge-
ben haben.

Jch bekam am Sonnabend Nachricht, daß
du sehr aus der Ordnung wärest. Dieß machte,
daß ich Bedenken trug, an dich zu schreiben, bis
ich etwas weiter hörte. Heinrich bestätigte, bey
seiner Rückkunft von dir, den schlechten Zustand,
worinn du dich befindest. Allein ich hoffe, daß
der Lord M. nach feiner unverdienten Zärtlich-
keit gegen dich, sich nur das ärgste von dir vor-
stelle. Was kann es seyn, Robert? Ein hefti-
ges Fieber, sagt man: wobey aber seltsame und
harte Zufälle sind.

Jch
C c c 3




Der hundert und achtzehnte Brief
von
Herrn Belford an Hrn. Robert Lovelace.

Deine Unpaͤßlichkeit macht mir ungemein viel
Kummer. Es wuͤrde mir ſehr nahe gehen,
dich zu verlieren. Wenn du aber ſo bald ſtir-
beſt: ſo koͤnnte ich von ganzem Herzen wuͤnſchen,
daß es vor dem Anfang des verwichenen Aprils
geſchehen waͤre; und zwar ſo wohl deinetwegen,
als um des vortrefflichften Frauenzimmers wil-
len, das in der Welt iſt. Denn ſo wuͤrdeſt du
nicht von der himmelsſchreyenden und der groͤß-
ten Suͤnde in deinem Leben Rechenſchaft zu ge-
ben haben.

Jch bekam am Sonnabend Nachricht, daß
du ſehr aus der Ordnung waͤreſt. Dieß machte,
daß ich Bedenken trug, an dich zu ſchreiben, bis
ich etwas weiter hoͤrte. Heinrich beſtaͤtigte, bey
ſeiner Ruͤckkunft von dir, den ſchlechten Zuſtand,
worinn du dich befindeſt. Allein ich hoffe, daß
der Lord M. nach feiner unverdienten Zaͤrtlich-
keit gegen dich, ſich nur das aͤrgſte von dir vor-
ſtelle. Was kann es ſeyn, Robert? Ein hefti-
ges Fieber, ſagt man: wobey aber ſeltſame und
harte Zufaͤlle ſind.

Jch
C c c 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0779" n="773"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der hundert und achtzehnte Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Herrn Belford an Hrn. Robert Lovelace.</hi></head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Montags, den 14ten Aug.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>eine Unpa&#x0364;ßlichkeit macht mir ungemein viel<lb/>
Kummer. Es wu&#x0364;rde mir &#x017F;ehr nahe gehen,<lb/>
dich zu verlieren. Wenn du aber &#x017F;o bald &#x017F;tir-<lb/>
be&#x017F;t: &#x017F;o ko&#x0364;nnte ich von ganzem Herzen wu&#x0364;n&#x017F;chen,<lb/>
daß es vor dem Anfang des verwichenen Aprils<lb/>
ge&#x017F;chehen wa&#x0364;re; und zwar &#x017F;o wohl deinetwegen,<lb/>
als um des vortrefflichften Frauenzimmers wil-<lb/>
len, das in der Welt i&#x017F;t. Denn &#x017F;o wu&#x0364;rde&#x017F;t du<lb/>
nicht von der himmels&#x017F;chreyenden und der gro&#x0364;ß-<lb/>
ten Su&#x0364;nde in deinem Leben Rechen&#x017F;chaft zu ge-<lb/>
ben haben.</p><lb/>
          <p>Jch bekam am Sonnabend Nachricht, daß<lb/>
du &#x017F;ehr aus der Ordnung wa&#x0364;re&#x017F;t. Dieß machte,<lb/>
daß ich Bedenken trug, an dich zu &#x017F;chreiben, bis<lb/>
ich etwas weiter ho&#x0364;rte. Heinrich be&#x017F;ta&#x0364;tigte, bey<lb/>
&#x017F;einer Ru&#x0364;ckkunft von dir, den &#x017F;chlechten Zu&#x017F;tand,<lb/>
worinn du dich befinde&#x017F;t. Allein ich hoffe, daß<lb/>
der Lord M. nach feiner unverdienten Za&#x0364;rtlich-<lb/>
keit gegen dich, &#x017F;ich nur das a&#x0364;rg&#x017F;te von dir vor-<lb/>
&#x017F;telle. Was kann es &#x017F;eyn, Robert? Ein hefti-<lb/>
ges Fieber, &#x017F;agt man: wobey aber &#x017F;elt&#x017F;ame und<lb/>
harte Zufa&#x0364;lle &#x017F;ind.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">C c c 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[773/0779] Der hundert und achtzehnte Brief von Herrn Belford an Hrn. Robert Lovelace. Montags, den 14ten Aug. Deine Unpaͤßlichkeit macht mir ungemein viel Kummer. Es wuͤrde mir ſehr nahe gehen, dich zu verlieren. Wenn du aber ſo bald ſtir- beſt: ſo koͤnnte ich von ganzem Herzen wuͤnſchen, daß es vor dem Anfang des verwichenen Aprils geſchehen waͤre; und zwar ſo wohl deinetwegen, als um des vortrefflichften Frauenzimmers wil- len, das in der Welt iſt. Denn ſo wuͤrdeſt du nicht von der himmelsſchreyenden und der groͤß- ten Suͤnde in deinem Leben Rechenſchaft zu ge- ben haben. Jch bekam am Sonnabend Nachricht, daß du ſehr aus der Ordnung waͤreſt. Dieß machte, daß ich Bedenken trug, an dich zu ſchreiben, bis ich etwas weiter hoͤrte. Heinrich beſtaͤtigte, bey ſeiner Ruͤckkunft von dir, den ſchlechten Zuſtand, worinn du dich befindeſt. Allein ich hoffe, daß der Lord M. nach feiner unverdienten Zaͤrtlich- keit gegen dich, ſich nur das aͤrgſte von dir vor- ſtelle. Was kann es ſeyn, Robert? Ein hefti- ges Fieber, ſagt man: wobey aber ſeltſame und harte Zufaͤlle ſind. Jch C c c 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/779
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 773. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/779>, abgerufen am 23.11.2024.