Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



Sie wissen, so oft versprochen habe; mir die
Augen zugedrücket, als

Jhrer mütterlich ergebenen
Judith Norton.


Der hundert und sechzehnte Brief
von
Fräulein Clarissa Harlowe an Fr. Norton.

Was Herr Brand, oder irgend jemand, zu
meinem Nachtheil geschrieben oder gesagt
haben könne, kann ich mir nicht einbilden: und
gleichwohl sind einige üble Gerüchte wider mich
ausgestreuet. Das finde ich aus einem und dem
andern Wink in einem sehr harten Briefe an
mich von meinem Onkel Anton: einem solchen
Briefe, als wohl niemals, wie ich glaube, an eine
elende Person geschrieben ist, die schon vorher,
aus Schwachheit des Leibes so wohl als des Ge-
müths, auf dem Grabe gegangen. Allein mei-
ne Freunde können vielleicht besser gerechtfertigt
werden, als die Anbringer. - - Denn wer weiß,
was sie gehört haben mögen.

Sie geben mir eine freundschaftliche War-
nung, welche mehr zu bedeuten scheinet, als Sie
ausdrücklich anzeigen, wenn Sie mir rathen, kei-
ne Besuche zu gestatten, die mir einen widrigen

Ruf



Sie wiſſen, ſo oft verſprochen habe; mir die
Augen zugedruͤcket, als

Jhrer muͤtterlich ergebenen
Judith Norton.


Der hundert und ſechzehnte Brief
von
Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fr. Norton.

Was Herr Brand, oder irgend jemand, zu
meinem Nachtheil geſchrieben oder geſagt
haben koͤnne, kann ich mir nicht einbilden: und
gleichwohl ſind einige uͤble Geruͤchte wider mich
ausgeſtreuet. Das finde ich aus einem und dem
andern Wink in einem ſehr harten Briefe an
mich von meinem Onkel Anton: einem ſolchen
Briefe, als wohl niemals, wie ich glaube, an eine
elende Perſon geſchrieben iſt, die ſchon vorher,
aus Schwachheit des Leibes ſo wohl als des Ge-
muͤths, auf dem Grabe gegangen. Allein mei-
ne Freunde koͤnnen vielleicht beſſer gerechtfertigt
werden, als die Anbringer. ‒ ‒ Denn wer weiß,
was ſie gehoͤrt haben moͤgen.

Sie geben mir eine freundſchaftliche War-
nung, welche mehr zu bedeuten ſcheinet, als Sie
ausdruͤcklich anzeigen, wenn Sie mir rathen, kei-
ne Beſuche zu geſtatten, die mir einen widrigen

Ruf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0764" n="758"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Sie wi&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o oft ver&#x017F;prochen habe; mir die<lb/>
Augen zugedru&#x0364;cket, als</p><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#g">Jhrer mu&#x0364;tterlich ergebenen</hi><lb/> <hi rendition="#fr">Judith Norton.</hi> </hi> </salute>
          </closer>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der hundert und &#x017F;echzehnte Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Fra&#x0364;ulein Clari&#x017F;&#x017F;a Harlowe an Fr. Norton.</hi></head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Donner&#x017F;tags, den 17ten Aug.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>as Herr Brand, oder irgend jemand, zu<lb/>
meinem Nachtheil ge&#x017F;chrieben oder ge&#x017F;agt<lb/>
haben ko&#x0364;nne, kann ich mir nicht einbilden: und<lb/>
gleichwohl &#x017F;ind einige u&#x0364;ble Geru&#x0364;chte wider mich<lb/>
ausge&#x017F;treuet. Das finde ich aus einem und dem<lb/>
andern Wink in einem &#x017F;ehr harten Briefe an<lb/>
mich von meinem Onkel Anton: einem &#x017F;olchen<lb/>
Briefe, als wohl niemals, wie ich glaube, an eine<lb/>
elende Per&#x017F;on ge&#x017F;chrieben i&#x017F;t, die &#x017F;chon vorher,<lb/>
aus Schwachheit des Leibes &#x017F;o wohl als des Ge-<lb/>
mu&#x0364;ths, auf dem Grabe gegangen. Allein mei-<lb/>
ne Freunde ko&#x0364;nnen vielleicht be&#x017F;&#x017F;er gerechtfertigt<lb/>
werden, als die Anbringer. &#x2012; &#x2012; Denn wer weiß,<lb/>
was &#x017F;ie geho&#x0364;rt haben mo&#x0364;gen.</p><lb/>
          <p>Sie geben mir eine freund&#x017F;chaftliche War-<lb/>
nung, welche <hi rendition="#fr">mehr</hi> zu bedeuten &#x017F;cheinet, als Sie<lb/>
ausdru&#x0364;cklich anzeigen, wenn Sie mir rathen, kei-<lb/>
ne Be&#x017F;uche zu ge&#x017F;tatten, die mir einen widrigen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ruf</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[758/0764] Sie wiſſen, ſo oft verſprochen habe; mir die Augen zugedruͤcket, als Jhrer muͤtterlich ergebenen Judith Norton. Der hundert und ſechzehnte Brief von Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fr. Norton. Donnerſtags, den 17ten Aug. Was Herr Brand, oder irgend jemand, zu meinem Nachtheil geſchrieben oder geſagt haben koͤnne, kann ich mir nicht einbilden: und gleichwohl ſind einige uͤble Geruͤchte wider mich ausgeſtreuet. Das finde ich aus einem und dem andern Wink in einem ſehr harten Briefe an mich von meinem Onkel Anton: einem ſolchen Briefe, als wohl niemals, wie ich glaube, an eine elende Perſon geſchrieben iſt, die ſchon vorher, aus Schwachheit des Leibes ſo wohl als des Ge- muͤths, auf dem Grabe gegangen. Allein mei- ne Freunde koͤnnen vielleicht beſſer gerechtfertigt werden, als die Anbringer. ‒ ‒ Denn wer weiß, was ſie gehoͤrt haben moͤgen. Sie geben mir eine freundſchaftliche War- nung, welche mehr zu bedeuten ſcheinet, als Sie ausdruͤcklich anzeigen, wenn Sie mir rathen, kei- ne Beſuche zu geſtatten, die mir einen widrigen Ruf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/764
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 758. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/764>, abgerufen am 18.12.2024.