chen, und tröste und stärke Sie. Fürchten Sie sich nur nicht: er wird mit Jhnen seyn. Denn ich bin versichert, vollkommen versichert, daß Sie Jhr Vertrauen gänzlich auf Jhn setzen.
Und wenn man es recht bedenkt, was ist die- se Welt, worauf wir arme Geschöpfe uns so sehr verlassen, ein dauerhaftes Gut zu erlangen! - - da alle Freude derselben, und, welches noch ein Trost dagegen ist, alle Beschwerden und Un- ruhen derselben nur auf einen Augenblick beste- hen und wie ein Morgentraum verschwinden?
Erinnern Sie sich, meine wertheste Fräulein, daß die weltliche Freude sich keine Verwandtschaft mit derjenigen, nach welcher wir trachten sollen, anmaßen könne. Zu der letztern müssen wir durch Leiden, und fehlgeschlagene Hoffnung, ge- schickt gemachet werden. Sie sind also auf dem geraden Wege zur Herrlichkeit: so dornicht auch der Fußsteig ist, auf welchem Sie gehen. Und ich hätte beynahe gesagt, daß es auf Sie selbst ankomme; durch Jhre Gedult und Ergebung in den göttlichen Willen; indem Gott Sie geschickt machet, welcher sich niemals dem entziehet, der wahrhaftig bußfertig ist und ihn anruffet; ein Er- be der seligen Unsterblichkeit zu seyn.
Dennoch bete ich demüthigst, daß Sie zu die- ser Herrlichkeit, so reif Sie auch nach aller Wahrscheinlichkeit so bald dazu sind, nicht eher gelassen werden, bis Sie mit Jhrer sanften Hand; ein Vergnügen, welches ich mir, wie
Sie
B b b 3
chen, und troͤſte und ſtaͤrke Sie. Fuͤrchten Sie ſich nur nicht: er wird mit Jhnen ſeyn. Denn ich bin verſichert, vollkommen verſichert, daß Sie Jhr Vertrauen gaͤnzlich auf Jhn ſetzen.
Und wenn man es recht bedenkt, was iſt die- ſe Welt, worauf wir arme Geſchoͤpfe uns ſo ſehr verlaſſen, ein dauerhaftes Gut zu erlangen! ‒ ‒ da alle Freude derſelben, und, welches noch ein Troſt dagegen iſt, alle Beſchwerden und Un- ruhen derſelben nur auf einen Augenblick beſte- hen und wie ein Morgentraum verſchwinden?
Erinnern Sie ſich, meine wertheſte Fraͤulein, daß die weltliche Freude ſich keine Verwandtſchaft mit derjenigen, nach welcher wir trachten ſollen, anmaßen koͤnne. Zu der letztern muͤſſen wir durch Leiden, und fehlgeſchlagene Hoffnung, ge- ſchickt gemachet werden. Sie ſind alſo auf dem geraden Wege zur Herrlichkeit: ſo dornicht auch der Fußſteig iſt, auf welchem Sie gehen. Und ich haͤtte beynahe geſagt, daß es auf Sie ſelbſt ankomme; durch Jhre Gedult und Ergebung in den goͤttlichen Willen; indem Gott Sie geſchickt machet, welcher ſich niemals dem entziehet, der wahrhaftig bußfertig iſt und ihn anruffet; ein Er- be der ſeligen Unſterblichkeit zu ſeyn.
Dennoch bete ich demuͤthigſt, daß Sie zu die- ſer Herrlichkeit, ſo reif Sie auch nach aller Wahrſcheinlichkeit ſo bald dazu ſind, nicht eher gelaſſen werden, bis Sie mit Jhrer ſanften Hand; ein Vergnuͤgen, welches ich mir, wie
Sie
B b b 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0763"n="757"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
chen, und troͤſte und ſtaͤrke Sie. Fuͤrchten Sie<lb/>ſich nur nicht: er wird mit Jhnen ſeyn. Denn<lb/>
ich bin verſichert, vollkommen verſichert, daß Sie<lb/>
Jhr Vertrauen gaͤnzlich auf Jhn ſetzen.</p><lb/><p>Und wenn man es recht bedenkt, was iſt die-<lb/>ſe Welt, worauf wir arme Geſchoͤpfe uns ſo ſehr<lb/>
verlaſſen, ein dauerhaftes Gut zu erlangen! ‒‒<lb/>
da alle Freude derſelben, und, welches noch ein<lb/>
Troſt dagegen iſt, alle <hirendition="#fr">Beſchwerden</hi> und <hirendition="#fr">Un-<lb/>
ruhen</hi> derſelben nur auf einen Augenblick beſte-<lb/>
hen und wie ein Morgentraum verſchwinden?</p><lb/><p>Erinnern Sie ſich, meine wertheſte Fraͤulein,<lb/>
daß die weltliche Freude ſich keine Verwandtſchaft<lb/>
mit derjenigen, nach welcher wir trachten ſollen,<lb/>
anmaßen koͤnne. Zu der letztern muͤſſen wir<lb/>
durch Leiden, und fehlgeſchlagene Hoffnung, ge-<lb/>ſchickt gemachet werden. Sie ſind alſo auf dem<lb/>
geraden Wege zur Herrlichkeit: ſo dornicht auch<lb/>
der Fußſteig iſt, auf welchem Sie gehen. Und<lb/>
ich haͤtte beynahe geſagt, daß es auf Sie ſelbſt<lb/>
ankomme; durch Jhre Gedult und Ergebung in<lb/>
den goͤttlichen Willen; indem Gott Sie geſchickt<lb/>
machet, welcher ſich niemals dem entziehet, der<lb/>
wahrhaftig bußfertig iſt und ihn anruffet; ein Er-<lb/>
be der ſeligen Unſterblichkeit zu ſeyn.</p><lb/><p>Dennoch bete ich demuͤthigſt, daß Sie zu die-<lb/>ſer Herrlichkeit, ſo reif Sie auch nach aller<lb/>
Wahrſcheinlichkeit ſo bald dazu ſind, nicht eher<lb/>
gelaſſen werden, bis Sie mit Jhrer ſanften<lb/>
Hand; ein Vergnuͤgen, welches ich mir, wie<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B b b 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Sie</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[757/0763]
chen, und troͤſte und ſtaͤrke Sie. Fuͤrchten Sie
ſich nur nicht: er wird mit Jhnen ſeyn. Denn
ich bin verſichert, vollkommen verſichert, daß Sie
Jhr Vertrauen gaͤnzlich auf Jhn ſetzen.
Und wenn man es recht bedenkt, was iſt die-
ſe Welt, worauf wir arme Geſchoͤpfe uns ſo ſehr
verlaſſen, ein dauerhaftes Gut zu erlangen! ‒ ‒
da alle Freude derſelben, und, welches noch ein
Troſt dagegen iſt, alle Beſchwerden und Un-
ruhen derſelben nur auf einen Augenblick beſte-
hen und wie ein Morgentraum verſchwinden?
Erinnern Sie ſich, meine wertheſte Fraͤulein,
daß die weltliche Freude ſich keine Verwandtſchaft
mit derjenigen, nach welcher wir trachten ſollen,
anmaßen koͤnne. Zu der letztern muͤſſen wir
durch Leiden, und fehlgeſchlagene Hoffnung, ge-
ſchickt gemachet werden. Sie ſind alſo auf dem
geraden Wege zur Herrlichkeit: ſo dornicht auch
der Fußſteig iſt, auf welchem Sie gehen. Und
ich haͤtte beynahe geſagt, daß es auf Sie ſelbſt
ankomme; durch Jhre Gedult und Ergebung in
den goͤttlichen Willen; indem Gott Sie geſchickt
machet, welcher ſich niemals dem entziehet, der
wahrhaftig bußfertig iſt und ihn anruffet; ein Er-
be der ſeligen Unſterblichkeit zu ſeyn.
Dennoch bete ich demuͤthigſt, daß Sie zu die-
ſer Herrlichkeit, ſo reif Sie auch nach aller
Wahrſcheinlichkeit ſo bald dazu ſind, nicht eher
gelaſſen werden, bis Sie mit Jhrer ſanften
Hand; ein Vergnuͤgen, welches ich mir, wie
Sie
B b b 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 757. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/763>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.