chen Schritt ausgenommen, den ich am 10ten April, ob gleich wider meinen Willen, gethan habe, mich in meine Unschuld einhüllen und ge- ruhig seyn kann. Unterdessen danke ich Jhnen, mein Herr, für ihre Warnung: sie mag zu be- deuten haben, was sie will.
Die Frage, auf welche eine Antwort von mir verlanget wird, ist zu anstößig, das gesteht man selbst, daß sie entweder von einer Mutter an eine Tochter, oder von einer Schwester an die andere geschehen könnte: und dennoch, sagen Sie, muß ich sie beantworten. - - O mein Herr! - - Muß ich sie beantworten? - - Wohlan so sey dieß meine Antwort: "Eine kurze, eine weit "kürzere Zeit, als man sich einbildet, wird mei- "ner ganzen Familie, und selbst meinem Bruder "und meiner Schwester eine weit hinlängliche- "re Antwort geben, als ich mit Worten geben "kann.
Nichts desto weniger haben Sie die Gewo- genheit, in Erwägung kommen zu lassen, daß ich nicht um eine Wiederherstellung zu voriger Ge- wogenheit gebeten habe; dazu konnte ich mir kei- ne Hoffnung machen: auch nicht um den Besitz eines Theils von meinem Gute; ja nicht einmal um die Mittel zu dem nothwendigen Unterhalt von dem Einkommen aus diesem Gute; - - sondern bloß um einen Segen, um einen letzten Segen.
Jch will noch dieß beyfügen, weil es die Wahrheit ist, daß ich mir kein vorsetzliches Ver-
brechen,
chen Schritt ausgenommen, den ich am 10ten April, ob gleich wider meinen Willen, gethan habe, mich in meine Unſchuld einhuͤllen und ge- ruhig ſeyn kann. Unterdeſſen danke ich Jhnen, mein Herr, fuͤr ihre Warnung: ſie mag zu be- deuten haben, was ſie will.
Die Frage, auf welche eine Antwort von mir verlanget wird, iſt zu anſtoͤßig, das geſteht man ſelbſt, daß ſie entweder von einer Mutter an eine Tochter, oder von einer Schweſter an die andere geſchehen koͤnnte: und dennoch, ſagen Sie, muß ich ſie beantworten. ‒ ‒ O mein Herr! ‒ ‒ Muß ich ſie beantworten? ‒ ‒ Wohlan ſo ſey dieß meine Antwort: „Eine kurze, eine weit „kuͤrzere Zeit, als man ſich einbildet, wird mei- „ner ganzen Familie, und ſelbſt meinem Bruder „und meiner Schweſter eine weit hinlaͤngliche- „re Antwort geben, als ich mit Worten geben „kann.
Nichts deſto weniger haben Sie die Gewo- genheit, in Erwaͤgung kommen zu laſſen, daß ich nicht um eine Wiederherſtellung zu voriger Ge- wogenheit gebeten habe; dazu konnte ich mir kei- ne Hoffnung machen: auch nicht um den Beſitz eines Theils von meinem Gute; ja nicht einmal um die Mittel zu dem nothwendigen Unterhalt von dem Einkommen aus dieſem Gute; ‒ ‒ ſondern bloß um einen Segen, um einen letzten Segen.
Jch will noch dieß beyfuͤgen, weil es die Wahrheit iſt, daß ich mir kein vorſetzliches Ver-
brechen,
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chen Schritt ausgenommen, den ich am 10ten
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ruhig ſeyn kann. Unterdeſſen danke ich Jhnen,
mein Herr, fuͤr ihre Warnung: ſie mag zu be-
deuten haben, was ſie will.
Die Frage, auf welche eine Antwort von mir
verlanget wird, iſt zu anſtoͤßig, das geſteht man
ſelbſt, daß ſie entweder von einer Mutter an eine
Tochter, oder von einer Schweſter an die andere
geſchehen koͤnnte: und dennoch, ſagen Sie, muß
ich ſie beantworten. ‒ ‒ O mein Herr! ‒ ‒
Muß ich ſie beantworten? ‒ ‒ Wohlan ſo ſey
dieß meine Antwort: „Eine kurze, eine weit
„kuͤrzere Zeit, als man ſich einbildet, wird mei-
„ner ganzen Familie, und ſelbſt meinem Bruder
„und meiner Schweſter eine weit hinlaͤngliche-
„re Antwort geben, als ich mit Worten geben
„kann.
Nichts deſto weniger haben Sie die Gewo-
genheit, in Erwaͤgung kommen zu laſſen, daß ich
nicht um eine Wiederherſtellung zu voriger Ge-
wogenheit gebeten habe; dazu konnte ich mir kei-
ne Hoffnung machen: auch nicht um den Beſitz
eines Theils von meinem Gute; ja nicht einmal
um die Mittel zu dem nothwendigen Unterhalt
von dem Einkommen aus dieſem Gute; ‒ ‒
ſondern bloß um einen Segen, um einen letzten
Segen.
Jch will noch dieß beyfuͤgen, weil es die
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 751. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/757>, abgerufen am 22.11.2024.
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