"sie verheyrathet ist, daß sie nicht gehaßt werde; "wenn sie noch Jungfer ist, daß sie nicht geschän- "det und in ihres Vaters Hause schwanger wer- "de - - Jch mache die Worte nicht: das "bedenken Sie - - Und wenn sie einen Mann "hat, daß sie sich nicht übel verhalte." Was folgt aber? "Wenn deine Tochter nicht scham- "haftig ist: so halte gute Wache über sie - - "Jedoch Sie hat keine Wachsamkeit zu- "rückhalten können! - - damit sie dich nicht "deinen Feinden zum Gelächter mache - - wie "Sie uns alle diesem verfluchten Lovelace "zum Spott gemacht haben - - und du "nicht durch sie zu einem Sprichwort in der "Stadt, zu einem Anstoß unter dem Volk, und "zu Schanden vor den Leuten werdest." Sir. XLII, 9. 10 u. f.
Nun werden Sie wünschen, daß Sie nicht übermüthig geschrieben hätten. Aber Jhre Schwester hat hart an Sie geschrieben! - - Ey, Mägdchen, sagen Sie niemals, daß dasjenige hart sey, was Sie verdienet haben. Sie ver- stehen die Bedeutung der Worte. Niemand versteht sie besser. Es wäre zu wünschen, daß Sie nur der Hälfte von dem, was Sie wissen, gemäß gehandelt hätten. So würden wir nicht so sehr in unserer Hoffnung betrogen, und betrü- bet seyn, als wir alle sind. Und niemand ist es mehr, als derjenige, welcher vormals war
Jhr ergebener Onkel Anton Harlowe.
Gegen-
„ſie verheyrathet iſt, daß ſie nicht gehaßt werde; „wenn ſie noch Jungfer iſt, daß ſie nicht geſchaͤn- „det und in ihres Vaters Hauſe ſchwanger wer- „de ‒ ‒ Jch mache die Worte nicht: das „bedenken Sie ‒ ‒ Und wenn ſie einen Mann „hat, daß ſie ſich nicht uͤbel verhalte.“ Was folgt aber? „Wenn deine Tochter nicht ſcham- „haftig iſt: ſo halte gute Wache uͤber ſie ‒ ‒ „Jedoch Sie hat keine Wachſamkeit zu- „ruͤckhalten koͤnnen! ‒ ‒ damit ſie dich nicht „deinen Feinden zum Gelaͤchter mache ‒ ‒ wie „Sie uns alle dieſem verfluchten Lovelace „zum Spott gemacht haben ‒ ‒ und du „nicht durch ſie zu einem Sprichwort in der „Stadt, zu einem Anſtoß unter dem Volk, und „zu Schanden vor den Leuten werdeſt.“ Sir. XLII, 9. 10 u. f.
Nun werden Sie wuͤnſchen, daß Sie nicht uͤbermuͤthig geſchrieben haͤtten. Aber Jhre Schweſter hat hart an Sie geſchrieben! ‒ ‒ Ey, Maͤgdchen, ſagen Sie niemals, daß dasjenige hart ſey, was Sie verdienet haben. Sie ver- ſtehen die Bedeutung der Worte. Niemand verſteht ſie beſſer. Es waͤre zu wuͤnſchen, daß Sie nur der Haͤlfte von dem, was Sie wiſſen, gemaͤß gehandelt haͤtten. So wuͤrden wir nicht ſo ſehr in unſerer Hoffnung betrogen, und betruͤ- bet ſeyn, als wir alle ſind. Und niemand iſt es mehr, als derjenige, welcher vormals war
Jhr ergebener Onkel Anton Harlowe.
Gegen-
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„bedenken Sie ‒ ‒ Und wenn ſie einen Mann
„hat, daß ſie ſich nicht uͤbel verhalte.“ Was
folgt aber? „Wenn deine Tochter nicht ſcham-
„haftig iſt: ſo halte gute Wache uͤber ſie ‒ ‒
„Jedoch Sie hat keine Wachſamkeit zu-
„ruͤckhalten koͤnnen! ‒ ‒ damit ſie dich nicht
„deinen Feinden zum Gelaͤchter mache ‒ ‒ wie
„Sie uns alle dieſem verfluchten Lovelace
„zum Spott gemacht haben ‒ ‒ und du
„nicht durch ſie zu einem Sprichwort in der
„Stadt, zu einem Anſtoß unter dem Volk, und
„zu Schanden vor den Leuten werdeſt.“ Sir.
XLII, 9. 10 u. f.
Nun werden Sie wuͤnſchen, daß Sie nicht
uͤbermuͤthig geſchrieben haͤtten. Aber Jhre
Schweſter hat hart an Sie geſchrieben! ‒ ‒ Ey,
Maͤgdchen, ſagen Sie niemals, daß dasjenige
hart ſey, was Sie verdienet haben. Sie ver-
ſtehen die Bedeutung der Worte. Niemand
verſteht ſie beſſer. Es waͤre zu wuͤnſchen, daß
Sie nur der Haͤlfte von dem, was Sie wiſſen,
gemaͤß gehandelt haͤtten. So wuͤrden wir nicht
ſo ſehr in unſerer Hoffnung betrogen, und betruͤ-
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Anton Harlowe.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 748. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/754>, abgerufen am 22.11.2024.
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