Jch bin sehr müde und verdrießlich - - - über - - - ich weiß nicht was - - - über das Schreiben, denke ich - - Aber am meisten über mich selbst, und über einen Zustand, den ich, wenn ich auch nicht wollte, geendigt und über- wunden wünschen muß.
O meine Allerliebste, es ist eine betrübte, eine sehr betrübte Welt! - - So lange wir unter den Flügeln unserer Eltern Schutz finden: wissen wir gar nichts davon. Da ich Bücher gelesen, da ich mich auf das Schreiben gelegt hatte, und die Leute unter der Gestalt betrachtete, wie sie bey mir und ich bey ihnen Besuch ablegte: gedachte ich, daß ich viel davon wüßte. Erbärmliche Un- wissenheit! - - Ach ich habe gar nichts davon gewußt!
Mit
6. Ein Brief der Fräul. Montague mit einem großmüthigen und freygebi- gen Anerbieten von dem Lord M. und den Ladies dieser Familie _ _ 7ten Aug. 7. Ein Brief von Hrn. Lovelace. _ _ 7ten Aug. 8. Eine Abschrift von meiner Antwort auf das Schreiben der Fräul. Mon- tague vom vorigen Tage. _ _ 8ten Aug. 9. Eine Abschrift von meiner Antwort an Hrn. Lovelace _ _ 11ten Aug.
Aus diesen verschiedenen Briefen, welche in so kurzer Zeit geschrieben und empfangen sind, daß ich nichts von dem sage, was ich noch sonst be- kommen und geschrieben habe, Jhnen aber nicht zeigen kann, werden Sie sehen, wie wenig Zeit und Muße mir gelassen ist, meine Geschichte selbst aufzusetzen.
Jch bin ſehr muͤde und verdrießlich ‒ ‒ ‒ uͤber ‒ ‒ ‒ ich weiß nicht was ‒ ‒ ‒ uͤber das Schreiben, denke ich ‒ ‒ Aber am meiſten uͤber mich ſelbſt, und uͤber einen Zuſtand, den ich, wenn ich auch nicht wollte, geendigt und uͤber- wunden wuͤnſchen muß.
O meine Allerliebſte, es iſt eine betruͤbte, eine ſehr betruͤbte Welt! ‒ ‒ So lange wir unter den Fluͤgeln unſerer Eltern Schutz finden: wiſſen wir gar nichts davon. Da ich Buͤcher geleſen, da ich mich auf das Schreiben gelegt hatte, und die Leute unter der Geſtalt betrachtete, wie ſie bey mir und ich bey ihnen Beſuch ablegte: gedachte ich, daß ich viel davon wuͤßte. Erbaͤrmliche Un- wiſſenheit! ‒ ‒ Ach ich habe gar nichts davon gewußt!
Mit
6. Ein Brief der Fraͤul. Montague mit einem großmuͤthigen und freygebi- gen Anerbieten von dem Lord M. und den Ladies dieſer Familie _ _ 7ten Aug. 7. Ein Brief von Hrn. Lovelace. _ _ 7ten Aug. 8. Eine Abſchrift von meiner Antwort auf das Schreiben der Fraͤul. Mon- tague vom vorigen Tage. _ _ 8ten Aug. 9. Eine Abſchrift von meiner Antwort an Hrn. Lovelace _ _ 11ten Aug.
Aus dieſen verſchiedenen Briefen, welche in ſo kurzer Zeit geſchrieben und empfangen ſind, daß ich nichts von dem ſage, was ich noch ſonſt be- kommen und geſchrieben habe, Jhnen aber nicht zeigen kann, werden Sie ſehen, wie wenig Zeit und Muße mir gelaſſen iſt, meine Geſchichte ſelbſt aufzuſetzen.
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Jch bin ſehr muͤde und verdrießlich ‒ ‒ ‒
uͤber ‒ ‒ ‒ ich weiß nicht was ‒ ‒ ‒ uͤber das
Schreiben, denke ich ‒ ‒ Aber am meiſten uͤber
mich ſelbſt, und uͤber einen Zuſtand, den ich,
wenn ich auch nicht wollte, geendigt und uͤber-
wunden wuͤnſchen muß.
O meine Allerliebſte, es iſt eine betruͤbte, eine
ſehr betruͤbte Welt! ‒ ‒ So lange wir unter den
Fluͤgeln unſerer Eltern Schutz finden: wiſſen
wir gar nichts davon. Da ich Buͤcher geleſen,
da ich mich auf das Schreiben gelegt hatte, und
die Leute unter der Geſtalt betrachtete, wie ſie bey
mir und ich bey ihnen Beſuch ablegte: gedachte
ich, daß ich viel davon wuͤßte. Erbaͤrmliche Un-
wiſſenheit! ‒ ‒ Ach ich habe gar nichts davon
gewußt!
Mit
(*)
(*) 6. Ein Brief der Fraͤul. Montague mit
einem großmuͤthigen und freygebi-
gen Anerbieten von dem Lord M.
und den Ladies dieſer Familie _ _ 7ten Aug.
7. Ein Brief von Hrn. Lovelace. _ _ 7ten Aug.
8. Eine Abſchrift von meiner Antwort
auf das Schreiben der Fraͤul. Mon-
tague vom vorigen Tage. _ _ 8ten Aug.
9. Eine Abſchrift von meiner Antwort
an Hrn. Lovelace _ _ 11ten Aug.
Aus dieſen verſchiedenen Briefen, welche in ſo
kurzer Zeit geſchrieben und empfangen ſind, daß
ich nichts von dem ſage, was ich noch ſonſt be-
kommen und geſchrieben habe, Jhnen aber nicht
zeigen kann, werden Sie ſehen, wie wenig Zeit
und Muße mir gelaſſen iſt, meine Geſchichte ſelbſt
aufzuſetzen.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 744. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/750>, abgerufen am 22.11.2024.
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