bung haben, und hoffest, zu voriger Gunst wie- der aufgenommen zu werden, und das feinste Kleinod in der Welt, zu Folge dieser Vergebung, zu deinem gänzlichen Eigenthum zu machen.
Nun will ich fortfahren, dir kürzlich zu er- zählen, was seit meinem letzten mit der armen Fräulein vorgefallen ist. Daraus wirst du se- hen, daß sie Unruhen und Beschwerden genug über sich hat, welche alle ursprünglich von dir kommen, ohne daß du nöthig hast, sie durch neue Plagen zu vermehren. Und so lange als du zu M. Hall, wo ein jeder dein Gefangener ist, dich so rittermäßig zeigen kannst: sehe ich nicht an- ders, als daß dein stolzer Muth eben so gut be- friedigt seyn mag, wenn du da über ein halb Dutzent Personen von Stande und Ansehen herr- schest, als er befriedigt werden könnte, wenn du hier über eine verlassene Wayse; wie ich diese Fräulein wohl nennen kann, da sie niemand hat, der ihr beystehe, wo ich es nicht thue; und über eine Person, die sich glücklich schätzen wird, wenn sie vor dir und vor aller Welt nur in den Armen des Todes eine Zuflucht finden kann, deine Herr- schaft ausübetest.
Mein letzter Brief war vom Sonnabend.
Am Sonntage ließ sie sich auf ihres Arztes Rath gefallen, zur Veränderung der Lust auszu- fahren. Fr. Lovick und Herr Smith nebst sei- ner Frauen fuhren mit ihr. Nachdem sie in der Kapelle zu Highgate dem Gottesdienst beygewoh- net hatte, bewirthete sie dieselben mit einer klei-
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bung haben, und hoffeſt, zu voriger Gunſt wie- der aufgenommen zu werden, und das feinſte Kleinod in der Welt, zu Folge dieſer Vergebung, zu deinem gaͤnzlichen Eigenthum zu machen.
Nun will ich fortfahren, dir kuͤrzlich zu er- zaͤhlen, was ſeit meinem letzten mit der armen Fraͤulein vorgefallen iſt. Daraus wirſt du ſe- hen, daß ſie Unruhen und Beſchwerden genug uͤber ſich hat, welche alle urſpruͤnglich von dir kommen, ohne daß du noͤthig haſt, ſie durch neue Plagen zu vermehren. Und ſo lange als du zu M. Hall, wo ein jeder dein Gefangener iſt, dich ſo rittermaͤßig zeigen kannſt: ſehe ich nicht an- ders, als daß dein ſtolzer Muth eben ſo gut be- friedigt ſeyn mag, wenn du da uͤber ein halb Dutzent Perſonen von Stande und Anſehen herr- ſcheſt, als er befriedigt werden koͤnnte, wenn du hier uͤber eine verlaſſene Wayſe; wie ich dieſe Fraͤulein wohl nennen kann, da ſie niemand hat, der ihr beyſtehe, wo ich es nicht thue; und uͤber eine Perſon, die ſich gluͤcklich ſchaͤtzen wird, wenn ſie vor dir und vor aller Welt nur in den Armen des Todes eine Zuflucht finden kann, deine Herr- ſchaft ausuͤbeteſt.
Mein letzter Brief war vom Sonnabend.
Am Sonntage ließ ſie ſich auf ihres Arztes Rath gefallen, zur Veraͤnderung der Luſt auszu- fahren. Fr. Lovick und Herr Smith nebſt ſei- ner Frauen fuhren mit ihr. Nachdem ſie in der Kapelle zu Highgate dem Gottesdienſt beygewoh- net hatte, bewirthete ſie dieſelben mit einer klei-
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bung haben, und hoffeſt, zu voriger Gunſt wie-
der aufgenommen zu werden, und das feinſte
Kleinod in der Welt, zu Folge dieſer Vergebung,
zu deinem gaͤnzlichen Eigenthum zu machen.
Nun will ich fortfahren, dir kuͤrzlich zu er-
zaͤhlen, was ſeit meinem letzten mit der armen
Fraͤulein vorgefallen iſt. Daraus wirſt du ſe-
hen, daß ſie Unruhen und Beſchwerden genug
uͤber ſich hat, welche alle urſpruͤnglich von dir
kommen, ohne daß du noͤthig haſt, ſie durch neue
Plagen zu vermehren. Und ſo lange als du zu
M. Hall, wo ein jeder dein Gefangener iſt, dich
ſo rittermaͤßig zeigen kannſt: ſehe ich nicht an-
ders, als daß dein ſtolzer Muth eben ſo gut be-
friedigt ſeyn mag, wenn du da uͤber ein halb
Dutzent Perſonen von Stande und Anſehen herr-
ſcheſt, als er befriedigt werden koͤnnte, wenn du
hier uͤber eine verlaſſene Wayſe; wie ich dieſe
Fraͤulein wohl nennen kann, da ſie niemand hat,
der ihr beyſtehe, wo ich es nicht thue; und uͤber
eine Perſon, die ſich gluͤcklich ſchaͤtzen wird, wenn
ſie vor dir und vor aller Welt nur in den Armen
des Todes eine Zuflucht finden kann, deine Herr-
ſchaft ausuͤbeteſt.
Mein letzter Brief war vom Sonnabend.
Am Sonntage ließ ſie ſich auf ihres Arztes
Rath gefallen, zur Veraͤnderung der Luſt auszu-
fahren. Fr. Lovick und Herr Smith nebſt ſei-
ner Frauen fuhren mit ihr. Nachdem ſie in der
Kapelle zu Highgate dem Gottesdienſt beygewoh-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 723. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/729>, abgerufen am 22.11.2024.
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