uns gewesen sind, erzählet hat, ist gar nichts gegen das Schauspiel, welches diese schwärmerische See- len vorstellten, da diese Briefe, und einige rüh- rende Stellen, als ein Auszug aus einem andern von meiner unversöhnlichen Schönen an die Frl. Howe, gelesen wurden. - - Solche Klagen über den Verlust einer so unvergleichlichen Verwand- tinn! Solche Lobeserhebungen ihrer Tugend, ihrer erhabnen Seele und Gesinnung! Solche Drohungen, mich zu enterben! da ich doch ihrer Vorwürfe nicht bedurfte, mir durch mein eignes Nachdenken, und die Wuth, daß mir mein Ziel verrücket war, das Herz zu zernagen; und sie eben so aufrichtig bewunderte, als jemand von ihnen - - Was Teufel, rief ich, soll dieß alles? - - Jst es nicht genug, daß ich verachtet und verworfen werde? Kann ich ihr unversöhnliches Gemüth ändern? - - Wollte ich nicht das Uebel, welches sie durch mich gelitten hat, wieder gut machen? - - Darauf hätte ich sie beynahe alle, nebst ihr selbst und der Fräulein Howe, zur Ge- sellschaft, verfluchet. - - Jch schwur von ganzem Herzen, daß sie dennoch die Meinige seyn sollte.
Nun schwöre ich es dir noch einmal - - - Sollte auch ihr Tod in einer Woche, nachdem das Band geknüpfet ist, erfolgen: so soll es doch, so wahr der Herr des Himmels lebet, geknüpfet werden; und sie soll als eine Lovelacen sterben. - - Sage ihr das, wo du willst: aber zugleich sage ihr, daß ich keine Absicht auf ihr Vermögen habe, und feyerlich auf dasselbe, und auf alle An-
sprüche
uns geweſen ſind, erzaͤhlet hat, iſt gar nichts gegen das Schauſpiel, welches dieſe ſchwaͤrmeriſche See- len vorſtellten, da dieſe Briefe, und einige ruͤh- rende Stellen, als ein Auszug aus einem andern von meiner unverſoͤhnlichen Schoͤnen an die Frl. Howe, geleſen wurden. ‒ ‒ Solche Klagen uͤber den Verluſt einer ſo unvergleichlichen Verwand- tinn! Solche Lobeserhebungen ihrer Tugend, ihrer erhabnen Seele und Geſinnung! Solche Drohungen, mich zu enterben! da ich doch ihrer Vorwuͤrfe nicht bedurfte, mir durch mein eignes Nachdenken, und die Wuth, daß mir mein Ziel verruͤcket war, das Herz zu zernagen; und ſie eben ſo aufrichtig bewunderte, als jemand von ihnen ‒ ‒ Was Teufel, rief ich, ſoll dieß alles? ‒ ‒ Jſt es nicht genug, daß ich verachtet und verworfen werde? Kann ich ihr unverſoͤhnliches Gemuͤth aͤndern? ‒ ‒ Wollte ich nicht das Uebel, welches ſie durch mich gelitten hat, wieder gut machen? ‒ ‒ Darauf haͤtte ich ſie beynahe alle, nebſt ihr ſelbſt und der Fraͤulein Howe, zur Ge- ſellſchaft, verfluchet. ‒ ‒ Jch ſchwur von ganzem Herzen, daß ſie dennoch die Meinige ſeyn ſollte.
Nun ſchwoͤre ich es dir noch einmal ‒ ‒ ‒ Sollte auch ihr Tod in einer Woche, nachdem das Band geknuͤpfet iſt, erfolgen: ſo ſoll es doch, ſo wahr der Herr des Himmels lebet, geknuͤpfet werden; und ſie ſoll als eine Lovelacen ſterben. ‒ ‒ Sage ihr das, wo du willſt: aber zugleich ſage ihr, daß ich keine Abſicht auf ihr Vermoͤgen habe, und feyerlich auf daſſelbe, und auf alle An-
ſpruͤche
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uns geweſen ſind, erzaͤhlet hat, iſt gar nichts gegen
das Schauſpiel, welches dieſe ſchwaͤrmeriſche See-
len vorſtellten, da dieſe Briefe, und einige ruͤh-
rende Stellen, als ein Auszug aus einem andern
von meiner unverſoͤhnlichen Schoͤnen an die Frl.
Howe, geleſen wurden. ‒ ‒ Solche Klagen uͤber
den Verluſt einer ſo unvergleichlichen Verwand-
tinn! Solche Lobeserhebungen ihrer Tugend,
ihrer erhabnen Seele und Geſinnung! Solche
Drohungen, mich zu enterben! da ich doch ihrer
Vorwuͤrfe nicht bedurfte, mir durch mein eignes
Nachdenken, und die Wuth, daß mir mein Ziel
verruͤcket war, das Herz zu zernagen; und ſie
eben ſo aufrichtig bewunderte, als jemand von
ihnen ‒ ‒ Was Teufel, rief ich, ſoll dieß alles?
‒ ‒ Jſt es nicht genug, daß ich verachtet und
verworfen werde? Kann ich ihr unverſoͤhnliches
Gemuͤth aͤndern? ‒ ‒ Wollte ich nicht das Uebel,
welches ſie durch mich gelitten hat, wieder gut
machen? ‒ ‒ Darauf haͤtte ich ſie beynahe alle,
nebſt ihr ſelbſt und der Fraͤulein Howe, zur Ge-
ſellſchaft, verfluchet. ‒ ‒ Jch ſchwur von ganzem
Herzen, daß ſie dennoch die Meinige ſeyn ſollte.
Nun ſchwoͤre ich es dir noch einmal ‒ ‒ ‒
Sollte auch ihr Tod in einer Woche, nachdem
das Band geknuͤpfet iſt, erfolgen: ſo ſoll es doch,
ſo wahr der Herr des Himmels lebet, geknuͤpfet
werden; und ſie ſoll als eine Lovelacen ſterben. ‒ ‒
Sage ihr das, wo du willſt: aber zugleich ſage
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 662. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/668>, abgerufen am 22.11.2024.
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