cke seinem Gutachten schlechterdings zuwider sind, nach dem Worte selbst etwas kühnes und einem Vorschreiben nicht unähnliches in sich.
Sollte, in der That, mein Vetter Morden beyzeiten ankommen und dieß Amt übernehmen wollen - - Jedoch auch ihn selbst möchte es in Gefahr setzen: und das um so viel mehr, da er ein hitziger Mann ist, und der andere, welcher eben so hitzig, mich als sein Eigenthum ansiehet, weil ich so lange ohne Schutz gewesen bin.
Nun aber weiß Herr Belford, wie ich schon erwähnet habe, alles, was vorgegangen ist. Er ist ein Mann, der Herz hat, und sich, wie es scheint, eben so wenig fürchtet als der andere: nur besitzt er mehr menschliche Eigenschaften. Sie wissen nicht, liebste Freundinn, was für Pro- ben einer aufrichtigen Leutseligkeit dieser Hr. Bel- ford nicht allein bey Gelegenheit des grausamen Verhafts, sondern auch nachher in verschiednen Fällen bewiesen hat. Fr. Lovick hat sich Mühe gegeben, sich nach dem allgemeinen Ruf von ihm zu erkundigen, und hört einen sehr guten Ruf von ihm wegen seiner Gerechtigkeit und Groß- muth in allem, was auf Mein und Dein, wie man sagt, ankommt. Er hat eine Erkenntniß von den Rechten und hat gegenwärtig von zweyen Testamenten die Vollziehung auf sich, bey deren Verwaltung an seiner Ehre nichts auszusetzen ist.
Alle diese Gründe haben mich schon gewisser- maßen schlüßig gemacht, ihn um diese Gefällig-
keit
cke ſeinem Gutachten ſchlechterdings zuwider ſind, nach dem Worte ſelbſt etwas kuͤhnes und einem Vorſchreiben nicht unaͤhnliches in ſich.
Sollte, in der That, mein Vetter Morden beyzeiten ankommen und dieß Amt uͤbernehmen wollen ‒ ‒ Jedoch auch ihn ſelbſt moͤchte es in Gefahr ſetzen: und das um ſo viel mehr, da er ein hitziger Mann iſt, und der andere, welcher eben ſo hitzig, mich als ſein Eigenthum anſiehet, weil ich ſo lange ohne Schutz geweſen bin.
Nun aber weiß Herr Belford, wie ich ſchon erwaͤhnet habe, alles, was vorgegangen iſt. Er iſt ein Mann, der Herz hat, und ſich, wie es ſcheint, eben ſo wenig fuͤrchtet als der andere: nur beſitzt er mehr menſchliche Eigenſchaften. Sie wiſſen nicht, liebſte Freundinn, was fuͤr Pro- ben einer aufrichtigen Leutſeligkeit dieſer Hr. Bel- ford nicht allein bey Gelegenheit des grauſamen Verhafts, ſondern auch nachher in verſchiednen Faͤllen bewieſen hat. Fr. Lovick hat ſich Muͤhe gegeben, ſich nach dem allgemeinen Ruf von ihm zu erkundigen, und hoͤrt einen ſehr guten Ruf von ihm wegen ſeiner Gerechtigkeit und Groß- muth in allem, was auf Mein und Dein, wie man ſagt, ankommt. Er hat eine Erkenntniß von den Rechten und hat gegenwaͤrtig von zweyen Teſtamenten die Vollziehung auf ſich, bey deren Verwaltung an ſeiner Ehre nichts auszuſetzen iſt.
Alle dieſe Gruͤnde haben mich ſchon gewiſſer- maßen ſchluͤßig gemacht, ihn um dieſe Gefaͤllig-
keit
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cke ſeinem Gutachten ſchlechterdings zuwider ſind,
nach dem Worte ſelbſt etwas kuͤhnes und einem
Vorſchreiben nicht unaͤhnliches in ſich.
Sollte, in der That, mein Vetter Morden
beyzeiten ankommen und dieß Amt uͤbernehmen
wollen ‒ ‒ Jedoch auch ihn ſelbſt moͤchte es in
Gefahr ſetzen: und das um ſo viel mehr, da er
ein hitziger Mann iſt, und der andere, welcher
eben ſo hitzig, mich als ſein Eigenthum anſiehet,
weil ich ſo lange ohne Schutz geweſen bin.
Nun aber weiß Herr Belford, wie ich ſchon
erwaͤhnet habe, alles, was vorgegangen iſt. Er
iſt ein Mann, der Herz hat, und ſich, wie es
ſcheint, eben ſo wenig fuͤrchtet als der andere:
nur beſitzt er mehr menſchliche Eigenſchaften.
Sie wiſſen nicht, liebſte Freundinn, was fuͤr Pro-
ben einer aufrichtigen Leutſeligkeit dieſer Hr. Bel-
ford nicht allein bey Gelegenheit des grauſamen
Verhafts, ſondern auch nachher in verſchiednen
Faͤllen bewieſen hat. Fr. Lovick hat ſich Muͤhe
gegeben, ſich nach dem allgemeinen Ruf von ihm
zu erkundigen, und hoͤrt einen ſehr guten Ruf
von ihm wegen ſeiner Gerechtigkeit und Groß-
muth in allem, was auf Mein und Dein, wie
man ſagt, ankommt. Er hat eine Erkenntniß
von den Rechten und hat gegenwaͤrtig von zweyen
Teſtamenten die Vollziehung auf ſich, bey deren
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/652>, abgerufen am 22.11.2024.
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