Jch ward genöthigt abzubrechen. Aber ich will nun versuchen, meinen langen Brief zu be- schließen.
Es ist mir leid, daß Sie sich nicht wohl be- finden. Wenn Sie sich aber auch wohl befän- den: so könnte ich doch, selbst Jhrentwegen, nicht wünschen, daß Sie zu uns heraufkommen möch- ten; wie Sie nach Elisabeths Erzählung zu thun begierig sind. Kämen Sie: so würde nichts geachtet werden, was von Jhnen gekommen wä- re. Da man ohne das schon glaubet, daß Sie zu parteyisch für sie sind: so würde dieß, daß Sie herauf kämen, es nur bestärken, Jhnen nachthei- lig seyn, und ihr nichts nützen. Weil ein jeder Sie hier werth achtet: so rathe ich Jhnen, daß Sie sich ihrer nicht zu eifrig annehmen; sonder- lich vor der Elisabeth meiner Arabelle; bis ich Jhnen eine bequeme Zeit dazu melden kann. Sollte ich Jhnen aber verbieten, das werthe bos- hafte Kind zu lieben? Wer kann das? O, mei- ne Fr. Norton! Sie müssen sie lieben! - - Und ich auch!
Jch übersende Jhnen fünf Guineas, Jhnen in Jhrer und Jhres Sohnes gegenwärtigen Krankheit zur Beyhülfe zu dienen: denn es muß Jhnen schwer geworden seyn. Was für eine betrübte, betrübte Sache, meine gute Fr. Nor- ton, daß alle Jhre, alle meine Mühe, auf acht- zehn oder neunzehn Jahre nach einander, in so
weni-
Sechster Theil. R r
Jch ward genoͤthigt abzubrechen. Aber ich will nun verſuchen, meinen langen Brief zu be- ſchließen.
Es iſt mir leid, daß Sie ſich nicht wohl be- finden. Wenn Sie ſich aber auch wohl befaͤn- den: ſo koͤnnte ich doch, ſelbſt Jhrentwegen, nicht wuͤnſchen, daß Sie zu uns heraufkommen moͤch- ten; wie Sie nach Eliſabeths Erzaͤhlung zu thun begierig ſind. Kaͤmen Sie: ſo wuͤrde nichts geachtet werden, was von Jhnen gekommen waͤ- re. Da man ohne das ſchon glaubet, daß Sie zu parteyiſch fuͤr ſie ſind: ſo wuͤrde dieß, daß Sie herauf kaͤmen, es nur beſtaͤrken, Jhnen nachthei- lig ſeyn, und ihr nichts nuͤtzen. Weil ein jeder Sie hier werth achtet: ſo rathe ich Jhnen, daß Sie ſich ihrer nicht zu eifrig annehmen; ſonder- lich vor der Eliſabeth meiner Arabelle; bis ich Jhnen eine bequeme Zeit dazu melden kann. Sollte ich Jhnen aber verbieten, das werthe bos- hafte Kind zu lieben? Wer kann das? O, mei- ne Fr. Norton! Sie muͤſſen ſie lieben! ‒ ‒ Und ich auch!
Jch uͤberſende Jhnen fuͤnf Guineas, Jhnen in Jhrer und Jhres Sohnes gegenwaͤrtigen Krankheit zur Beyhuͤlfe zu dienen: denn es muß Jhnen ſchwer geworden ſeyn. Was fuͤr eine betruͤbte, betruͤbte Sache, meine gute Fr. Nor- ton, daß alle Jhre, alle meine Muͤhe, auf acht- zehn oder neunzehn Jahre nach einander, in ſo
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Sechſter Theil. R r
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Jch ward genoͤthigt abzubrechen. Aber ich
will nun verſuchen, meinen langen Brief zu be-
ſchließen.
Es iſt mir leid, daß Sie ſich nicht wohl be-
finden. Wenn Sie ſich aber auch wohl befaͤn-
den: ſo koͤnnte ich doch, ſelbſt Jhrentwegen, nicht
wuͤnſchen, daß Sie zu uns heraufkommen moͤch-
ten; wie Sie nach Eliſabeths Erzaͤhlung zu thun
begierig ſind. Kaͤmen Sie: ſo wuͤrde nichts
geachtet werden, was von Jhnen gekommen waͤ-
re. Da man ohne das ſchon glaubet, daß Sie
zu parteyiſch fuͤr ſie ſind: ſo wuͤrde dieß, daß Sie
herauf kaͤmen, es nur beſtaͤrken, Jhnen nachthei-
lig ſeyn, und ihr nichts nuͤtzen. Weil ein jeder
Sie hier werth achtet: ſo rathe ich Jhnen, daß
Sie ſich ihrer nicht zu eifrig annehmen; ſonder-
lich vor der Eliſabeth meiner Arabelle; bis ich
Jhnen eine bequeme Zeit dazu melden kann.
Sollte ich Jhnen aber verbieten, das werthe bos-
hafte Kind zu lieben? Wer kann das? O, mei-
ne Fr. Norton! Sie muͤſſen ſie lieben! ‒ ‒
Und ich auch!
Jch uͤberſende Jhnen fuͤnf Guineas, Jhnen
in Jhrer und Jhres Sohnes gegenwaͤrtigen
Krankheit zur Beyhuͤlfe zu dienen: denn es muß
Jhnen ſchwer geworden ſeyn. Was fuͤr eine
betruͤbte, betruͤbte Sache, meine gute Fr. Nor-
ton, daß alle Jhre, alle meine Muͤhe, auf acht-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 625. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/631>, abgerufen am 22.11.2024.
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