Dieß wird Sie überzeugen, daß nichts zu ihrem Vortheil Gehör finden werde. Zu welchem Ende sollte ich denn etwas von ihr erwähnen? - - Allein Sie können versichert seyn, daß ich es thun will: wenn ich nur einen Beystand haben kann. Dieß ist aber gar nicht glaublich, bis wir sehen, was die Folgen von ihrem Verbrechen seyn mö- gen: und wer kann das sagen? - - Sie mag vielleicht - - Wie kann ich es aus meinem Mun- de gehen lassen, da meine vormals liebste Toch- ter unverheyrathet ist! - - Sie mag vielleicht schwanger seyn! - - Dieß würde ihren Schand- fleck verewigen. Jhr Bruder mag vielleicht Schaden darüber nehmen, welches Gott verhüten wolle! - - Eines Kindes Unglück, hoffe ich, wird nicht den Mord des andern nach sich ziehen!
Was ihren Kummer und ihr gegenwärtiges Elend betrifft, es mag seyn, was es will: so muß sie es ertragen. Es muß gegen das, was ich stündlich ihretwegen trage, nur etwas geringes seyn. Jch besorge in der That, daß ihr Vater, ihre Onkels, und ihre andern Freunde, nicht an- ders, als wenn sie in den letzten Zügen lieget, sich bewegen lassen werden, ihr zu vergeben.
Die Bereitwilligkeit, verkehrten Kindern zu verzeihen, wenn sie die unbesonnensten und wider- spenstigsten Dinge verübt haben, die sie nur ver- üben können, ist die Ursache, wie man uns alle Tage vorhält, daß so viele ihrem Beyspiel fol- gen. Sie verlassen sich auf die allzugütige Schwäche der Gemüthsart ihrer Eltern, und in-
dem
Dieß wird Sie uͤberzeugen, daß nichts zu ihrem Vortheil Gehoͤr finden werde. Zu welchem Ende ſollte ich denn etwas von ihr erwaͤhnen? ‒ ‒ Allein Sie koͤnnen verſichert ſeyn, daß ich es thun will: wenn ich nur einen Beyſtand haben kann. Dieß iſt aber gar nicht glaublich, bis wir ſehen, was die Folgen von ihrem Verbrechen ſeyn moͤ- gen: und wer kann das ſagen? ‒ ‒ Sie mag vielleicht ‒ ‒ Wie kann ich es aus meinem Mun- de gehen laſſen, da meine vormals liebſte Toch- ter unverheyrathet iſt! ‒ ‒ Sie mag vielleicht ſchwanger ſeyn! ‒ ‒ Dieß wuͤrde ihren Schand- fleck verewigen. Jhr Bruder mag vielleicht Schaden daruͤber nehmen, welches Gott verhuͤten wolle! ‒ ‒ Eines Kindes Ungluͤck, hoffe ich, wird nicht den Mord des andern nach ſich ziehen!
Was ihren Kummer und ihr gegenwaͤrtiges Elend betrifft, es mag ſeyn, was es will: ſo muß ſie es ertragen. Es muß gegen das, was ich ſtuͤndlich ihretwegen trage, nur etwas geringes ſeyn. Jch beſorge in der That, daß ihr Vater, ihre Onkels, und ihre andern Freunde, nicht an- ders, als wenn ſie in den letzten Zuͤgen lieget, ſich bewegen laſſen werden, ihr zu vergeben.
Die Bereitwilligkeit, verkehrten Kindern zu verzeihen, wenn ſie die unbeſonnenſten und wider- ſpenſtigſten Dinge veruͤbt haben, die ſie nur ver- uͤben koͤnnen, iſt die Urſache, wie man uns alle Tage vorhaͤlt, daß ſo viele ihrem Beyſpiel fol- gen. Sie verlaſſen ſich auf die allzuguͤtige Schwaͤche der Gemuͤthsart ihrer Eltern, und in-
dem
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Dieß wird Sie uͤberzeugen, daß nichts zu
ihrem Vortheil Gehoͤr finden werde. Zu welchem
Ende ſollte ich denn etwas von ihr erwaͤhnen? ‒ ‒
Allein Sie koͤnnen verſichert ſeyn, daß ich es thun
will: wenn ich nur einen Beyſtand haben kann.
Dieß iſt aber gar nicht glaublich, bis wir ſehen,
was die Folgen von ihrem Verbrechen ſeyn moͤ-
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vielleicht ‒ ‒ Wie kann ich es aus meinem Mun-
de gehen laſſen, da meine vormals liebſte Toch-
ter unverheyrathet iſt! ‒ ‒ Sie mag vielleicht
ſchwanger ſeyn! ‒ ‒ Dieß wuͤrde ihren Schand-
fleck verewigen. Jhr Bruder mag vielleicht
Schaden daruͤber nehmen, welches Gott verhuͤten
wolle! ‒ ‒ Eines Kindes Ungluͤck, hoffe ich, wird
nicht den Mord des andern nach ſich ziehen!
Was ihren Kummer und ihr gegenwaͤrtiges
Elend betrifft, es mag ſeyn, was es will: ſo muß
ſie es ertragen. Es muß gegen das, was ich
ſtuͤndlich ihretwegen trage, nur etwas geringes
ſeyn. Jch beſorge in der That, daß ihr Vater,
ihre Onkels, und ihre andern Freunde, nicht an-
ders, als wenn ſie in den letzten Zuͤgen lieget, ſich
bewegen laſſen werden, ihr zu vergeben.
Die Bereitwilligkeit, verkehrten Kindern zu
verzeihen, wenn ſie die unbeſonnenſten und wider-
ſpenſtigſten Dinge veruͤbt haben, die ſie nur ver-
uͤben koͤnnen, iſt die Urſache, wie man uns alle
Tage vorhaͤlt, daß ſo viele ihrem Beyſpiel fol-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 619. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/625>, abgerufen am 25.11.2024.
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