allezeit sehr gewünschet, einen guten Namen zu haben, aber es dennoch niemals für recht gehal- ten, der Meynung der Welt mehr als einen Ne- benplatz einzuräumen. Die Vorwürfe, welche die Fräulein d' Oily Herrn Lovelacen in öffentli- cher Gesellschaft gemacht, sind ein neuer Beweis, daß ich meine Ehre bey der Welt verloren habe. Und was würde es mir für ein Vortheil seyn, wenn sie auch wieder zu ersetzen wäre, und ich lange leben sollte, wofern ich mich selbst nicht ge- gen mich selbst rechtfertigen könnte?
Weil ich in meinem vorigen Schreiben so viel von den Freyheiten gesagt, welche Sie sich gegen meine Freunde genommen haben: so will ich nun desto weniger sagen. Allein der Wink, den Sie mir geben, daß noch sonst etwas, zwi- schen einigen von denselben und Jhnen, neulich vorgefallen ist, macht mir vielen Kummer: und das so wohl meinetwegen, als um jener willen; indem sie das nothwendig mehr gegen mich erbit- tern muß. Jch wünschte, liebe Freundinn, daß ich in einer Angelegenheit, woran mir so sehr viel lieget, mir selbst und meinen eignen Maaßregeln überlassen wäre. Da aber geschehene Dinge nicht zu ändern sind: so muß ich die Folgen er- tragen. Jedoch befürchte ich mehr als vorher, was mir meine Schwester antworten möge, wo ich gar nur einer Antwort gewürdigt werde.
Wollen Sie mir erlauben, meine Wertheste, dieß mit einer Anmerkung zu beschließen? - - Es soll diese seyn. Meine geliebte Freundinn
hat
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allezeit ſehr gewuͤnſchet, einen guten Namen zu haben, aber es dennoch niemals fuͤr recht gehal- ten, der Meynung der Welt mehr als einen Ne- benplatz einzuraͤumen. Die Vorwuͤrfe, welche die Fraͤulein d’ Oily Herrn Lovelacen in oͤffentli- cher Geſellſchaft gemacht, ſind ein neuer Beweis, daß ich meine Ehre bey der Welt verloren habe. Und was wuͤrde es mir fuͤr ein Vortheil ſeyn, wenn ſie auch wieder zu erſetzen waͤre, und ich lange leben ſollte, wofern ich mich ſelbſt nicht ge- gen mich ſelbſt rechtfertigen koͤnnte?
Weil ich in meinem vorigen Schreiben ſo viel von den Freyheiten geſagt, welche Sie ſich gegen meine Freunde genommen haben: ſo will ich nun deſto weniger ſagen. Allein der Wink, den Sie mir geben, daß noch ſonſt etwas, zwi- ſchen einigen von denſelben und Jhnen, neulich vorgefallen iſt, macht mir vielen Kummer: und das ſo wohl meinetwegen, als um jener willen; indem ſie das nothwendig mehr gegen mich erbit- tern muß. Jch wuͤnſchte, liebe Freundinn, daß ich in einer Angelegenheit, woran mir ſo ſehr viel lieget, mir ſelbſt und meinen eignen Maaßregeln uͤberlaſſen waͤre. Da aber geſchehene Dinge nicht zu aͤndern ſind: ſo muß ich die Folgen er- tragen. Jedoch befuͤrchte ich mehr als vorher, was mir meine Schweſter antworten moͤge, wo ich gar nur einer Antwort gewuͤrdigt werde.
Wollen Sie mir erlauben, meine Wertheſte, dieß mit einer Anmerkung zu beſchließen? ‒ ‒ Es ſoll dieſe ſeyn. Meine geliebte Freundinn
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allezeit ſehr gewuͤnſchet, einen guten Namen zu
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benplatz einzuraͤumen. Die Vorwuͤrfe, welche
die Fraͤulein d’ Oily Herrn Lovelacen in oͤffentli-
cher Geſellſchaft gemacht, ſind ein neuer Beweis,
daß ich meine Ehre bey der Welt verloren habe.
Und was wuͤrde es mir fuͤr ein Vortheil ſeyn,
wenn ſie auch wieder zu erſetzen waͤre, und ich
lange leben ſollte, wofern ich mich ſelbſt nicht ge-
gen mich ſelbſt rechtfertigen koͤnnte?
Weil ich in meinem vorigen Schreiben ſo
viel von den Freyheiten geſagt, welche Sie ſich
gegen meine Freunde genommen haben: ſo will
ich nun deſto weniger ſagen. Allein der Wink,
den Sie mir geben, daß noch ſonſt etwas, zwi-
ſchen einigen von denſelben und Jhnen, neulich
vorgefallen iſt, macht mir vielen Kummer: und
das ſo wohl meinetwegen, als um jener willen;
indem ſie das nothwendig mehr gegen mich erbit-
tern muß. Jch wuͤnſchte, liebe Freundinn, daß
ich in einer Angelegenheit, woran mir ſo ſehr viel
lieget, mir ſelbſt und meinen eignen Maaßregeln
uͤberlaſſen waͤre. Da aber geſchehene Dinge
nicht zu aͤndern ſind: ſo muß ich die Folgen er-
tragen. Jedoch befuͤrchte ich mehr als vorher,
was mir meine Schweſter antworten moͤge, wo
ich gar nur einer Antwort gewuͤrdigt werde.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/569>, abgerufen am 22.11.2024.
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