Jch weiß, wie viel sie bey der werthen Person vermögen. Meine Basen haben mir gesagt, daß sie ihnen Hoffnung gemacht hätten, dieß bey ihr zu meinem Besten anzuwenden. Mein Lord M. und seine beyden Schwestern warten mit sehnlichem Verlangen auf die Wirkungen dessel- ben. Sie müssen von ihr schon vor itzo Nach- richt gehabt haben: ich hoffe, sie haben Nach- richt. Wollen sie denn die Güte haben, mir zu entdecken, ob ich mir einige Hoffnung machen möge?
Wenn ich von dieser Sache reden muß: so wissen sie, daß sie ihr das Herz gebrochen haben. Sie kennen den Werth der Fräulein nicht, wel- che sie beleidigt haben. Sie sind ihrer nicht würdig: und sie verachtet sie, wie sie billig muß.
Werthe Fräulein Howe, lassen sie keinen Zorn sich mit so harten Ankündigungen vermen- gen. Jch muß mein Schicksal wissen. Jch will noch einmal auf Reisen gehen: wo ich sie schlechterdings unversöhnlich finde. Allein ich hoffe, sie werde mir erlauben, ihr selbst aufzuwar- ten, damit ich mein Urtheil aus ihrem eignen Munde erfahre.
Es würde alsobald Jhr Tod seyn, sie zu se- hen. Und was müssen Sie seyn, wenn sie ihr ins Gesicht zu sehen vermögend sind?
Jch warf ihm hierauf, heftig genug, das kön- nen sie glauben, seine Schandthaten vor, und das Uebel, welches sie von ihm gelitten hätten. Jch hielte ihm vor, in was für Unglück er sie gestür-
zet;
Jch weiß, wie viel ſie bey der werthen Perſon vermoͤgen. Meine Baſen haben mir geſagt, daß ſie ihnen Hoffnung gemacht haͤtten, dieß bey ihr zu meinem Beſten anzuwenden. Mein Lord M. und ſeine beyden Schweſtern warten mit ſehnlichem Verlangen auf die Wirkungen deſſel- ben. Sie muͤſſen von ihr ſchon vor itzo Nach- richt gehabt haben: ich hoffe, ſie haben Nach- richt. Wollen ſie denn die Guͤte haben, mir zu entdecken, ob ich mir einige Hoffnung machen moͤge?
Wenn ich von dieſer Sache reden muß: ſo wiſſen ſie, daß ſie ihr das Herz gebrochen haben. Sie kennen den Werth der Fraͤulein nicht, wel- che ſie beleidigt haben. Sie ſind ihrer nicht wuͤrdig: und ſie verachtet ſie, wie ſie billig muß.
Werthe Fraͤulein Howe, laſſen ſie keinen Zorn ſich mit ſo harten Ankuͤndigungen vermen- gen. Jch muß mein Schickſal wiſſen. Jch will noch einmal auf Reiſen gehen: wo ich ſie ſchlechterdings unverſoͤhnlich finde. Allein ich hoffe, ſie werde mir erlauben, ihr ſelbſt aufzuwar- ten, damit ich mein Urtheil aus ihrem eignen Munde erfahre.
Es wuͤrde alſobald Jhr Tod ſeyn, ſie zu ſe- hen. Und was muͤſſen Sie ſeyn, wenn ſie ihr ins Geſicht zu ſehen vermoͤgend ſind?
Jch warf ihm hierauf, heftig genug, das koͤn- nen ſie glauben, ſeine Schandthaten vor, und das Uebel, welches ſie von ihm gelitten haͤtten. Jch hielte ihm vor, in was fuͤr Ungluͤck er ſie geſtuͤr-
zet;
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Jch weiß, wie viel ſie bey der werthen Perſon
vermoͤgen. Meine Baſen haben mir geſagt,
daß ſie ihnen Hoffnung gemacht haͤtten, dieß bey
ihr zu meinem Beſten anzuwenden. Mein Lord
M. und ſeine beyden Schweſtern warten mit
ſehnlichem Verlangen auf die Wirkungen deſſel-
ben. Sie muͤſſen von ihr ſchon vor itzo Nach-
richt gehabt haben: ich hoffe, ſie haben Nach-
richt. Wollen ſie denn die Guͤte haben, mir zu
entdecken, ob ich mir einige Hoffnung machen
moͤge?
Wenn ich von dieſer Sache reden muß: ſo
wiſſen ſie, daß ſie ihr das Herz gebrochen haben.
Sie kennen den Werth der Fraͤulein nicht, wel-
che ſie beleidigt haben. Sie ſind ihrer nicht
wuͤrdig: und ſie verachtet ſie, wie ſie billig muß.
Werthe Fraͤulein Howe, laſſen ſie keinen
Zorn ſich mit ſo harten Ankuͤndigungen vermen-
gen. Jch muß mein Schickſal wiſſen. Jch
will noch einmal auf Reiſen gehen: wo ich ſie
ſchlechterdings unverſoͤhnlich finde. Allein ich
hoffe, ſie werde mir erlauben, ihr ſelbſt aufzuwar-
ten, damit ich mein Urtheil aus ihrem eignen
Munde erfahre.
Es wuͤrde alſobald Jhr Tod ſeyn, ſie zu ſe-
hen. Und was muͤſſen Sie ſeyn, wenn ſie ihr
ins Geſicht zu ſehen vermoͤgend ſind?
Jch warf ihm hierauf, heftig genug, das koͤn-
nen ſie glauben, ſeine Schandthaten vor, und das
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hielte ihm vor, in was fuͤr Ungluͤck er ſie geſtuͤr-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/565>, abgerufen am 22.11.2024.
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