Sie verweisen wir, in Jhrem Schreiben vom Sonnabend (*), die Freyheit, welche ich mir gegen Jhre Familie nehme.
Jch mag wohl hitzig seyn. Jch weiß, ich bin es - - Allzu hitzig - - - Jedoch kein feu- riges Bezeigen in der Freundschaft kann zu kei- nem Verbrechen gereichen: sonderlich wenn un- ser Freund große Vorzüge hat, unter dem Be- druck seufzet und mit unverdientem Leiden kämpfet.
Jch habe keinen Begriff von Kaltsinnigkeit in der Freundschaft: man mag sie mit dem Na- men der Klugheit, oder wie man sonst will, beehren oder unterscheiden.
Sie mögen Jhre Verwandten entschuldi- gen. Das ist allezeit Jhre Weise gewesen. Aber, liebste Freundinn, andere Leute müssen die Freyheit haben zu urtheilen, wie ihnen beliebt. Jch bin nicht ihre Tochter, nicht eine Schwester von Jhrem Bruder und Jhrer Schwester - - Jch danke dem Himmel, daß ich es nicht bin.
Allein wenn Sie wegen der Freyheiten, die ich mir vor so langer Zeit, als Sie melden, ge- nommen habe, übel mit mir zufrieden sind: so besorge ich, daß Sie noch mehr bekümmert seyn möchten, wenn Sie wüßten, was erfolget wäre, da ich mich ganz neulich an Jhre Schwester gewandt hatte, um Jhnen die Lossprechung zu verschaffen, welche Jhnen so sehr am Herzen lieget. Aber Jhre Angehörigen haben es mit mir nicht besser gemacht. Jedoch ich muß Jhnen nicht alles er-
zählen.
(*) Siehe den XLVII. Brief.
Sie verweiſen wir, in Jhrem Schreiben vom Sonnabend (*), die Freyheit, welche ich mir gegen Jhre Familie nehme.
Jch mag wohl hitzig ſeyn. Jch weiß, ich bin es ‒ ‒ Allzu hitzig ‒ ‒ ‒ Jedoch kein feu- riges Bezeigen in der Freundſchaft kann zu kei- nem Verbrechen gereichen: ſonderlich wenn un- ſer Freund große Vorzuͤge hat, unter dem Be- druck ſeufzet und mit unverdientem Leiden kaͤmpfet.
Jch habe keinen Begriff von Kaltſinnigkeit in der Freundſchaft: man mag ſie mit dem Na- men der Klugheit, oder wie man ſonſt will, beehren oder unterſcheiden.
Sie moͤgen Jhre Verwandten entſchuldi- gen. Das iſt allezeit Jhre Weiſe geweſen. Aber, liebſte Freundinn, andere Leute muͤſſen die Freyheit haben zu urtheilen, wie ihnen beliebt. Jch bin nicht ihre Tochter, nicht eine Schweſter von Jhrem Bruder und Jhrer Schweſter ‒ ‒ Jch danke dem Himmel, daß ich es nicht bin.
Allein wenn Sie wegen der Freyheiten, die ich mir vor ſo langer Zeit, als Sie melden, ge- nommen habe, uͤbel mit mir zufrieden ſind: ſo beſorge ich, daß Sie noch mehr bekuͤmmert ſeyn moͤchten, wenn Sie wuͤßten, was erfolget waͤre, da ich mich ganz neulich an Jhre Schweſter gewandt hatte, um Jhnen die Losſprechung zu verſchaffen, welche Jhnen ſo ſehr am Herzen lieget. Aber Jhre Angehoͤrigen haben es mit mir nicht beſſer gemacht. Jedoch ich muß Jhnen nicht alles er-
zaͤhlen.
(*) Siehe den XLVII. Brief.
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Sie verweiſen wir, in Jhrem Schreiben
vom Sonnabend (*), die Freyheit, welche ich
mir gegen Jhre Familie nehme.
Jch mag wohl hitzig ſeyn. Jch weiß, ich
bin es ‒ ‒ Allzu hitzig ‒ ‒ ‒ Jedoch kein feu-
riges Bezeigen in der Freundſchaft kann zu kei-
nem Verbrechen gereichen: ſonderlich wenn un-
ſer Freund große Vorzuͤge hat, unter dem Be-
druck ſeufzet und mit unverdientem Leiden kaͤmpfet.
Jch habe keinen Begriff von Kaltſinnigkeit
in der Freundſchaft: man mag ſie mit dem Na-
men der Klugheit, oder wie man ſonſt will,
beehren oder unterſcheiden.
Sie moͤgen Jhre Verwandten entſchuldi-
gen. Das iſt allezeit Jhre Weiſe geweſen.
Aber, liebſte Freundinn, andere Leute muͤſſen die
Freyheit haben zu urtheilen, wie ihnen beliebt.
Jch bin nicht ihre Tochter, nicht eine Schweſter
von Jhrem Bruder und Jhrer Schweſter ‒ ‒
Jch danke dem Himmel, daß ich es nicht bin.
Allein wenn Sie wegen der Freyheiten, die
ich mir vor ſo langer Zeit, als Sie melden, ge-
nommen habe, uͤbel mit mir zufrieden ſind: ſo
beſorge ich, daß Sie noch mehr bekuͤmmert ſeyn
moͤchten, wenn Sie wuͤßten, was erfolget waͤre, da
ich mich ganz neulich an Jhre Schweſter gewandt
hatte, um Jhnen die Losſprechung zu verſchaffen,
welche Jhnen ſo ſehr am Herzen lieget. Aber
Jhre Angehoͤrigen haben es mit mir nicht beſſer
gemacht. Jedoch ich muß Jhnen nicht alles er-
zaͤhlen.
(*) Siehe den XLVII. Brief.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/547>, abgerufen am 25.11.2024.
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