um Eure Fürbitte zu ersuchen, daß mein Vater die Gütigkeit haben wolle, den schweresten Theil des sehr schweren Fluches, den er auf mich gele- get hat; den Theil, der sich auf das zukünftige Leben beziehet, zu wiederruffen: denn, in Be- trachtung des gegenwärtigen, habe ich, in der That, selbst durch den Bösewicht, in welchen ich, wie man gedachte, mein Ver- trauen setzte, meine Strafe gefunden.
Da ich mir nicht Hoffnung mache, wieder in die vorige Gunst gesetzet zu werden: so mag mir wohl erlaubt seyn auf die Ersüllung dieser Bitte ernstlich zu dringen. Jedoch will ich meine Bit- te durch keine Gründe unterstützen: weil ich ver- sichert bin, daß mein Vater sein armes Kind nicht auf ewig unglücklich wünschen kann.
Jch empfinde die dankbaresten Regungen ge- gen die Gütigkeit meiner Mutter, daß sie mir meine Kleider heraufgeschicket hat. Jch würde die Gewogenheit den Augenblick, da ich sie be- kommen hatte, mit der schuldigsten Danksagung erkannt haben: wenn ich nicht besorgt hätte, daß eine jede Zeile von mir unangenehm seyn würde.
Jch wollte mich nicht gern neuer Beleidi- gungen schuldig machen. Daher will ich all- andere Betheurungen meines Gehorsams und meiner Liebe, wodurch ich mich empfehlen könnte, vermeiden, und mich für beyde auf mein Herz berufen, wo beyde in feurigen Regungen, wel-
che
um Eure Fuͤrbitte zu erſuchen, daß mein Vater die Guͤtigkeit haben wolle, den ſchwereſten Theil des ſehr ſchweren Fluches, den er auf mich gele- get hat; den Theil, der ſich auf das zukuͤnftige Leben beziehet, zu wiederruffen: denn, in Be- trachtung des gegenwaͤrtigen, habe ich, in der That, ſelbſt durch den Boͤſewicht, in welchen ich, wie man gedachte, mein Ver- trauen ſetzte, meine Strafe gefunden.
Da ich mir nicht Hoffnung mache, wieder in die vorige Gunſt geſetzet zu werden: ſo mag mir wohl erlaubt ſeyn auf die Erſuͤllung dieſer Bitte ernſtlich zu dringen. Jedoch will ich meine Bit- te durch keine Gruͤnde unterſtuͤtzen: weil ich ver- ſichert bin, daß mein Vater ſein armes Kind nicht auf ewig ungluͤcklich wuͤnſchen kann.
Jch empfinde die dankbareſten Regungen ge- gen die Guͤtigkeit meiner Mutter, daß ſie mir meine Kleider heraufgeſchicket hat. Jch wuͤrde die Gewogenheit den Augenblick, da ich ſie be- kommen hatte, mit der ſchuldigſten Dankſagung erkannt haben: wenn ich nicht beſorgt haͤtte, daß eine jede Zeile von mir unangenehm ſeyn wuͤrde.
Jch wollte mich nicht gern neuer Beleidi- gungen ſchuldig machen. Daher will ich all- andere Betheurungen meines Gehorſams und meiner Liebe, wodurch ich mich empfehlen koͤnnte, vermeiden, und mich fuͤr beyde auf mein Herz berufen, wo beyde in feurigen Regungen, wel-
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[508/0514]
um Eure Fuͤrbitte zu erſuchen, daß mein Vater
die Guͤtigkeit haben wolle, den ſchwereſten Theil
des ſehr ſchweren Fluches, den er auf mich gele-
get hat; den Theil, der ſich auf das zukuͤnftige
Leben beziehet, zu wiederruffen: denn, in Be-
trachtung des gegenwaͤrtigen, habe ich, in
der That, ſelbſt durch den Boͤſewicht, in
welchen ich, wie man gedachte, mein Ver-
trauen ſetzte, meine Strafe gefunden.
Da ich mir nicht Hoffnung mache, wieder in
die vorige Gunſt geſetzet zu werden: ſo mag mir
wohl erlaubt ſeyn auf die Erſuͤllung dieſer Bitte
ernſtlich zu dringen. Jedoch will ich meine Bit-
te durch keine Gruͤnde unterſtuͤtzen: weil ich ver-
ſichert bin, daß mein Vater ſein armes Kind nicht
auf ewig ungluͤcklich wuͤnſchen kann.
Jch empfinde die dankbareſten Regungen ge-
gen die Guͤtigkeit meiner Mutter, daß ſie mir
meine Kleider heraufgeſchicket hat. Jch wuͤrde
die Gewogenheit den Augenblick, da ich ſie be-
kommen hatte, mit der ſchuldigſten Dankſagung
erkannt haben: wenn ich nicht beſorgt haͤtte, daß
eine jede Zeile von mir unangenehm ſeyn
wuͤrde.
Jch wollte mich nicht gern neuer Beleidi-
gungen ſchuldig machen. Daher will ich all-
andere Betheurungen meines Gehorſams und
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/514>, abgerufen am 22.11.2024.
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