Brief, den ich geschrieben habe, bringen wird - - Bis dahin - -
Mein Leben und mein Vermögen, fiel ich ihr in die Rede, sind ganz zu ihren Diensten. Er- lauben sie mir, zu berühren, daß sie hier ohne ei- nen Freund sind, den die Natur dazu gemacht hätte; und gewissermaßen; so viel weiß ich von ihrem unglücklichen Schicksal; der Mittel be- raubt seyn müssen, sich Freunde zu machen - -
Sie wollte mich unterbrechen, mit einem ge- wissen ernstlichen Bezeigen, das ein Verbot zu erkennen gab - -
Jch bitte sie um Erlaubniß, gnädige Fräu- lein, weiter zu reden. Jch habe schon vorher wohl zwanzig Wege gesucht, Erwähnung davon zu thun: aber mich es niemals bis itzo unterstan- den. Erlauben sie mir nun, da ich das Eis ge- brochen habe, mich selbst ihnen anzubieten - - nur als ihren Wechsler - - Jch weiß, sie wol- len sich keine Verbindlichkeit zuziehen: sie brau- chen es auch nicht. Sie haben selbst Vermö- gen genug, wenn es nur in ihren Händen wäre: und von demselben, sie mögen leben oder ster- ben, will ich mir gefallen lassen, meinen Vor- schuß wieder zu nehmen. Jch versichere sie, daß der unglückliche Mensch niemals mein Er- bieten, oder ihre geneigte Aufnahme erfahren soll - - Erlauben sie mir nur diesen gerin- gen - -
Und hiemit ließ ich hinter ihrem Stuhl einen Bankzettel auf hundert Pfund Sterl. fallen, den
ich
Brief, den ich geſchrieben habe, bringen wird ‒ ‒ Bis dahin ‒ ‒
Mein Leben und mein Vermoͤgen, fiel ich ihr in die Rede, ſind ganz zu ihren Dienſten. Er- lauben ſie mir, zu beruͤhren, daß ſie hier ohne ei- nen Freund ſind, den die Natur dazu gemacht haͤtte; und gewiſſermaßen; ſo viel weiß ich von ihrem ungluͤcklichen Schickſal; der Mittel be- raubt ſeyn muͤſſen, ſich Freunde zu machen ‒ ‒
Sie wollte mich unterbrechen, mit einem ge- wiſſen ernſtlichen Bezeigen, das ein Verbot zu erkennen gab ‒ ‒
Jch bitte ſie um Erlaubniß, gnaͤdige Fraͤu- lein, weiter zu reden. Jch habe ſchon vorher wohl zwanzig Wege geſucht, Erwaͤhnung davon zu thun: aber mich es niemals bis itzo unterſtan- den. Erlauben ſie mir nun, da ich das Eis ge- brochen habe, mich ſelbſt ihnen anzubieten ‒ ‒ nur als ihren Wechsler ‒ ‒ Jch weiß, ſie wol- len ſich keine Verbindlichkeit zuziehen: ſie brau- chen es auch nicht. Sie haben ſelbſt Vermoͤ- gen genug, wenn es nur in ihren Haͤnden waͤre: und von demſelben, ſie moͤgen leben oder ſter- ben, will ich mir gefallen laſſen, meinen Vor- ſchuß wieder zu nehmen. Jch verſichere ſie, daß der ungluͤckliche Menſch niemals mein Er- bieten, oder ihre geneigte Aufnahme erfahren ſoll ‒ ‒ Erlauben ſie mir nur dieſen gerin- gen ‒ ‒
Und hiemit ließ ich hinter ihrem Stuhl einen Bankzettel auf hundert Pfund Sterl. fallen, den
ich
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Brief, den ich geſchrieben habe, bringen wird
‒ ‒ Bis dahin ‒ ‒
Mein Leben und mein Vermoͤgen, fiel ich ihr
in die Rede, ſind ganz zu ihren Dienſten. Er-
lauben ſie mir, zu beruͤhren, daß ſie hier ohne ei-
nen Freund ſind, den die Natur dazu gemacht
haͤtte; und gewiſſermaßen; ſo viel weiß ich von
ihrem ungluͤcklichen Schickſal; der Mittel be-
raubt ſeyn muͤſſen, ſich Freunde zu machen ‒ ‒
Sie wollte mich unterbrechen, mit einem ge-
wiſſen ernſtlichen Bezeigen, das ein Verbot zu
erkennen gab ‒ ‒
Jch bitte ſie um Erlaubniß, gnaͤdige Fraͤu-
lein, weiter zu reden. Jch habe ſchon vorher
wohl zwanzig Wege geſucht, Erwaͤhnung davon
zu thun: aber mich es niemals bis itzo unterſtan-
den. Erlauben ſie mir nun, da ich das Eis ge-
brochen habe, mich ſelbſt ihnen anzubieten ‒ ‒
nur als ihren Wechsler ‒ ‒ Jch weiß, ſie wol-
len ſich keine Verbindlichkeit zuziehen: ſie brau-
chen es auch nicht. Sie haben ſelbſt Vermoͤ-
gen genug, wenn es nur in ihren Haͤnden waͤre:
und von demſelben, ſie moͤgen leben oder ſter-
ben, will ich mir gefallen laſſen, meinen Vor-
ſchuß wieder zu nehmen. Jch verſichere ſie,
daß der ungluͤckliche Menſch niemals mein Er-
bieten, oder ihre geneigte Aufnahme erfahren
ſoll ‒ ‒ Erlauben ſie mir nur dieſen gerin-
gen ‒ ‒
Und hiemit ließ ich hinter ihrem Stuhl einen
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/446>, abgerufen am 23.11.2024.
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