Vergnügen, einen armen Kerl, den man liebt, an einem Theil nach dem andern sterben zu se- hen, und ihm nicht helfen zu können. Es giebt Freundschaften, die nur so tief als das Glas gehen. Jch möchte nicht gern von mir denken lassen, daß meine Freundschaft gegen irgend ei- nen von meinen Vasallen von dieser Art sey. Jedoch wird bey fröhlichen Herzen, die nur darum vertraut geworden, weil sie fröhlich gewe- sen, wenn der Grund zu ihrer ersten Vertrau- lichkeit wegfällt, auch die Freundschaft selbst ver- gehen: ich meyne eine solche Freundschaft, die man eigentlicher durch das Wort Mitgesell- schaft unterscheiden kann.
Aber meine Freundschaft, wie ich gesagt ha- be, geht tiefer. Jch würde noch eben so bereit seyn, als ich jemals in meinem Leben gewesen bin, ihm nach meinem äußersten Vermögen zu dienen.
Willst du ihm, zum Beweise dieser meiner Bereitwilligkeit, ihm aus allen seinen Schwierig- keiten, in Ansehung Thomasinens, herauszuhel- fen, ein Mittel vorschlagen, das mir eben in den Sinn gekommen ist?
Es ist dieses. Jch wollte Thomasine, und ihre ungeschickte Jungen, wo Belton gewiß weiß, daß keiner davon sein ist, zu einer Lustfarth ein- laden. Sie ist allezeit höflich gegen mich gewe- sen. Es sollte auf einem Boote seyn, das man zu dem Ende miethen möchte, um nach der Schanze Tilbury auf der Themse, oder nach der
Jusel
Vergnuͤgen, einen armen Kerl, den man liebt, an einem Theil nach dem andern ſterben zu ſe- hen, und ihm nicht helfen zu koͤnnen. Es giebt Freundſchaften, die nur ſo tief als das Glas gehen. Jch moͤchte nicht gern von mir denken laſſen, daß meine Freundſchaft gegen irgend ei- nen von meinen Vaſallen von dieſer Art ſey. Jedoch wird bey froͤhlichen Herzen, die nur darum vertraut geworden, weil ſie froͤhlich gewe- ſen, wenn der Grund zu ihrer erſten Vertrau- lichkeit wegfaͤllt, auch die Freundſchaft ſelbſt ver- gehen: ich meyne eine ſolche Freundſchaft, die man eigentlicher durch das Wort Mitgeſell- ſchaft unterſcheiden kann.
Aber meine Freundſchaft, wie ich geſagt ha- be, geht tiefer. Jch wuͤrde noch eben ſo bereit ſeyn, als ich jemals in meinem Leben geweſen bin, ihm nach meinem aͤußerſten Vermoͤgen zu dienen.
Willſt du ihm, zum Beweiſe dieſer meiner Bereitwilligkeit, ihm aus allen ſeinen Schwierig- keiten, in Anſehung Thomaſinens, herauszuhel- fen, ein Mittel vorſchlagen, das mir eben in den Sinn gekommen iſt?
Es iſt dieſes. Jch wollte Thomaſine, und ihre ungeſchickte Jungen, wo Belton gewiß weiß, daß keiner davon ſein iſt, zu einer Luſtfarth ein- laden. Sie iſt allezeit hoͤflich gegen mich gewe- ſen. Es ſollte auf einem Boote ſeyn, das man zu dem Ende miethen moͤchte, um nach der Schanze Tilbury auf der Themſe, oder nach der
Juſel
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Vergnuͤgen, einen armen Kerl, den man liebt,
an einem Theil nach dem andern ſterben zu ſe-
hen, und ihm nicht helfen zu koͤnnen. Es giebt
Freundſchaften, die nur ſo tief als das Glas
gehen. Jch moͤchte nicht gern von mir denken
laſſen, daß meine Freundſchaft gegen irgend ei-
nen von meinen Vaſallen von dieſer Art ſey.
Jedoch wird bey froͤhlichen Herzen, die nur darum
vertraut geworden, weil ſie froͤhlich gewe-
ſen, wenn der Grund zu ihrer erſten Vertrau-
lichkeit wegfaͤllt, auch die Freundſchaft ſelbſt ver-
gehen: ich meyne eine ſolche Freundſchaft, die
man eigentlicher durch das Wort Mitgeſell-
ſchaft unterſcheiden kann.
Aber meine Freundſchaft, wie ich geſagt ha-
be, geht tiefer. Jch wuͤrde noch eben ſo bereit
ſeyn, als ich jemals in meinem Leben geweſen
bin, ihm nach meinem aͤußerſten Vermoͤgen zu
dienen.
Willſt du ihm, zum Beweiſe dieſer meiner
Bereitwilligkeit, ihm aus allen ſeinen Schwierig-
keiten, in Anſehung Thomaſinens, herauszuhel-
fen, ein Mittel vorſchlagen, das mir eben in den
Sinn gekommen iſt?
Es iſt dieſes. Jch wollte Thomaſine, und
ihre ungeſchickte Jungen, wo Belton gewiß weiß,
daß keiner davon ſein iſt, zu einer Luſtfarth ein-
laden. Sie iſt allezeit hoͤflich gegen mich gewe-
ſen. Es ſollte auf einem Boote ſeyn, das man
zu dem Ende miethen moͤchte, um nach der
Schanze Tilbury auf der Themſe, oder nach der
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/437>, abgerufen am 24.11.2024.
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