Fräulein Howe, vor dieses verfluchten Weibes Dienstfertigkeit, anheischig gemacht hatte, sich meiner Sache bey ihrer Freundinn anzunehmen: gleichwohl hat sie meinen Basen bey dem Besu- che, den sie ihr machten, gestanden, sie hielte da- für, daß sie mir niemals vergeben würde.
Jch bin begierig zu wissen, was die Fräulein Howe an ihre Freundinn geschrieben hat, sie zu bewegen, daß sie den verächtlichen Ränke- schmieder, den Menschen, dessen Freund- schaft keinem eine gute Meynung bey an- dern erwerben kann, den gottlosen, gottlo- sen Menschen heyrathen möchte. Du hast die beyden Briefe in deinen Händen gehabt. Wä- ren sie in meinen Händen gewesen: so würde das Siegel, vielleicht ohne Hülfe der bey dem Postamt gebräuchlichen Kugel, vor meinen war- men Fingern geschmolzen seyn, und die Falten würden sich, wie es mit andern Falten bey mir gegangen ist, von selbst geöffnet haben, meiner Neubegierde zu willfahren. Eine gottlose Nach- läßigkeit, Bruder, daß du keine Anstalten ge- macht hast, sie durch einen Kerl zu Pferde an mich herunter zu schicken! Man hätte vorgeben können, daß der Bothe, der den zweyten Brief gebracht, sie beyde wieder zurückgenommen hät- te. Jch hätte sie nach genommener Abschrift durch einen andern wieder schicken können, als wenn sie von der Fräulein Howe kämen: und niemand, außer mir und dir, hätte es anders ge- wußt.
Mein
Fraͤulein Howe, vor dieſes verfluchten Weibes Dienſtfertigkeit, anheiſchig gemacht hatte, ſich meiner Sache bey ihrer Freundinn anzunehmen: gleichwohl hat ſie meinen Baſen bey dem Beſu- che, den ſie ihr machten, geſtanden, ſie hielte da- fuͤr, daß ſie mir niemals vergeben wuͤrde.
Jch bin begierig zu wiſſen, was die Fraͤulein Howe an ihre Freundinn geſchrieben hat, ſie zu bewegen, daß ſie den veraͤchtlichen Raͤnke- ſchmieder, den Menſchen, deſſen Freund- ſchaft keinem eine gute Meynung bey an- dern erwerben kann, den gottloſen, gottlo- ſen Menſchen heyrathen moͤchte. Du haſt die beyden Briefe in deinen Haͤnden gehabt. Waͤ- ren ſie in meinen Haͤnden geweſen: ſo wuͤrde das Siegel, vielleicht ohne Huͤlfe der bey dem Poſtamt gebraͤuchlichen Kugel, vor meinen war- men Fingern geſchmolzen ſeyn, und die Falten wuͤrden ſich, wie es mit andern Falten bey mir gegangen iſt, von ſelbſt geoͤffnet haben, meiner Neubegierde zu willfahren. Eine gottloſe Nach- laͤßigkeit, Bruder, daß du keine Anſtalten ge- macht haſt, ſie durch einen Kerl zu Pferde an mich herunter zu ſchicken! Man haͤtte vorgeben koͤnnen, daß der Bothe, der den zweyten Brief gebracht, ſie beyde wieder zuruͤckgenommen haͤt- te. Jch haͤtte ſie nach genommener Abſchrift durch einen andern wieder ſchicken koͤnnen, als wenn ſie von der Fraͤulein Howe kaͤmen: und niemand, außer mir und dir, haͤtte es anders ge- wußt.
Mein
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Fraͤulein Howe, vor dieſes verfluchten Weibes
Dienſtfertigkeit, anheiſchig gemacht hatte, ſich
meiner Sache bey ihrer Freundinn anzunehmen:
gleichwohl hat ſie meinen Baſen bey dem Beſu-
che, den ſie ihr machten, geſtanden, ſie hielte da-
fuͤr, daß ſie mir niemals vergeben wuͤrde.
Jch bin begierig zu wiſſen, was die Fraͤulein
Howe an ihre Freundinn geſchrieben hat, ſie zu
bewegen, daß ſie den veraͤchtlichen Raͤnke-
ſchmieder, den Menſchen, deſſen Freund-
ſchaft keinem eine gute Meynung bey an-
dern erwerben kann, den gottloſen, gottlo-
ſen Menſchen heyrathen moͤchte. Du haſt die
beyden Briefe in deinen Haͤnden gehabt. Waͤ-
ren ſie in meinen Haͤnden geweſen: ſo wuͤrde
das Siegel, vielleicht ohne Huͤlfe der bey dem
Poſtamt gebraͤuchlichen Kugel, vor meinen war-
men Fingern geſchmolzen ſeyn, und die Falten
wuͤrden ſich, wie es mit andern Falten bey mir
gegangen iſt, von ſelbſt geoͤffnet haben, meiner
Neubegierde zu willfahren. Eine gottloſe Nach-
laͤßigkeit, Bruder, daß du keine Anſtalten ge-
macht haſt, ſie durch einen Kerl zu Pferde an
mich herunter zu ſchicken! Man haͤtte vorgeben
koͤnnen, daß der Bothe, der den zweyten Brief
gebracht, ſie beyde wieder zuruͤckgenommen haͤt-
te. Jch haͤtte ſie nach genommener Abſchrift
durch einen andern wieder ſchicken koͤnnen, als
wenn ſie von der Fraͤulein Howe kaͤmen: und
niemand, außer mir und dir, haͤtte es anders ge-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/387>, abgerufen am 27.11.2024.
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