war mit einem Glase mit Hirschhorn hinter ihr. Sie selbst hatte ihr Salz in der Hand.
Wie ich hineinkam, richtete sie ihren Kopf auf, und erkundigte sich, ob der Arzt Herrn Lo- velace kennte?
Jch sagte, nein: ich glaubte, daß ihr ihn in eurem Leben niemals gesehen hättet.
Sie fragte ferner, ob der Doctor mein Freund wäre?
Ja, er wäre es: und ein sehr braver und erfahrner Mann. Jch nannte ihn wegen seiner vorzüglichen Geschicklichkeit in seiner Kunst: und Herr Goddard sagte, er wüßte keinen bessern Arzt.
Jch habe mir nur eines auszudingen, ehe ich den Mann sehe: daß er sich nicht weigere, seine Bezahlung von mir anzunehmen. Bin ich arm, mein Herr: so bin ich doch ehrgeizig. Jch will mir keine Verbindlichkeit auflegen. Sie können glauben, mein Herr, daß ich das nicht thun werde. Jch gebe diesen Besuch nur zu, weil ich weder gegen die wenigen Freunde, die mir noch übrig sind, undankbar, noch denen von mei- nen Verwandten, welche nach Verlauf einiger Zeit, zu ihrer eignen Befriedigung, sich nach mei- nem Bezeigen in meinen siechen Tagen erkundi- gen mögen, eigensinnig scheinen wollte. So, mein Herr, wissen sie die Bedingung. Lassen sie mich nicht beunruhigt werden: ich befinde mich sehr schlecht, und kann die Sache nicht erst weit- läuftig ausmachen.
Weil
war mit einem Glaſe mit Hirſchhorn hinter ihr. Sie ſelbſt hatte ihr Salz in der Hand.
Wie ich hineinkam, richtete ſie ihren Kopf auf, und erkundigte ſich, ob der Arzt Herrn Lo- velace kennte?
Jch ſagte, nein: ich glaubte, daß ihr ihn in eurem Leben niemals geſehen haͤttet.
Sie fragte ferner, ob der Doctor mein Freund waͤre?
Ja, er waͤre es: und ein ſehr braver und erfahrner Mann. Jch nannte ihn wegen ſeiner vorzuͤglichen Geſchicklichkeit in ſeiner Kunſt: und Herr Goddard ſagte, er wuͤßte keinen beſſern Arzt.
Jch habe mir nur eines auszudingen, ehe ich den Mann ſehe: daß er ſich nicht weigere, ſeine Bezahlung von mir anzunehmen. Bin ich arm, mein Herr: ſo bin ich doch ehrgeizig. Jch will mir keine Verbindlichkeit auflegen. Sie koͤnnen glauben, mein Herr, daß ich das nicht thun werde. Jch gebe dieſen Beſuch nur zu, weil ich weder gegen die wenigen Freunde, die mir noch uͤbrig ſind, undankbar, noch denen von mei- nen Verwandten, welche nach Verlauf einiger Zeit, zu ihrer eignen Befriedigung, ſich nach mei- nem Bezeigen in meinen ſiechen Tagen erkundi- gen moͤgen, eigenſinnig ſcheinen wollte. So, mein Herr, wiſſen ſie die Bedingung. Laſſen ſie mich nicht beunruhigt werden: ich befinde mich ſehr ſchlecht, und kann die Sache nicht erſt weit- laͤuftig ausmachen.
Weil
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0374"n="368"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
war mit einem Glaſe mit Hirſchhorn hinter ihr.<lb/>
Sie ſelbſt hatte ihr Salz in der Hand.</p><lb/><p>Wie ich hineinkam, richtete ſie ihren Kopf<lb/>
auf, und erkundigte ſich, ob der Arzt Herrn Lo-<lb/>
velace kennte?</p><lb/><p>Jch ſagte, nein: ich glaubte, daß ihr ihn in<lb/>
eurem Leben niemals geſehen haͤttet.</p><lb/><p>Sie fragte ferner, ob der Doctor mein Freund<lb/>
waͤre?</p><lb/><p>Ja, er waͤre es: und ein ſehr braver und<lb/>
erfahrner Mann. Jch nannte ihn wegen ſeiner<lb/>
vorzuͤglichen Geſchicklichkeit in ſeiner Kunſt: und<lb/>
Herr Goddard ſagte, er wuͤßte keinen beſſern<lb/>
Arzt.</p><lb/><p>Jch habe mir nur eines auszudingen, ehe ich<lb/>
den Mann ſehe: daß er ſich nicht weigere, ſeine<lb/>
Bezahlung von mir anzunehmen. Bin ich arm,<lb/>
mein Herr: ſo bin ich doch ehrgeizig. Jch will<lb/>
mir keine Verbindlichkeit auflegen. Sie koͤnnen<lb/><hirendition="#fr">glauben,</hi> mein Herr, daß ich das nicht thun<lb/>
werde. Jch gebe dieſen Beſuch nur zu, weil<lb/>
ich weder gegen die wenigen Freunde, die mir<lb/>
noch uͤbrig ſind, undankbar, noch denen von mei-<lb/>
nen Verwandten, welche nach Verlauf einiger<lb/>
Zeit, zu ihrer eignen Befriedigung, ſich nach mei-<lb/>
nem Bezeigen in meinen ſiechen Tagen erkundi-<lb/>
gen moͤgen, eigenſinnig ſcheinen wollte. So,<lb/>
mein Herr, wiſſen ſie die Bedingung. Laſſen ſie<lb/>
mich nicht beunruhigt werden: ich befinde mich<lb/>ſehr ſchlecht, und kann die Sache nicht erſt weit-<lb/>
laͤuftig ausmachen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Weil</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[368/0374]
war mit einem Glaſe mit Hirſchhorn hinter ihr.
Sie ſelbſt hatte ihr Salz in der Hand.
Wie ich hineinkam, richtete ſie ihren Kopf
auf, und erkundigte ſich, ob der Arzt Herrn Lo-
velace kennte?
Jch ſagte, nein: ich glaubte, daß ihr ihn in
eurem Leben niemals geſehen haͤttet.
Sie fragte ferner, ob der Doctor mein Freund
waͤre?
Ja, er waͤre es: und ein ſehr braver und
erfahrner Mann. Jch nannte ihn wegen ſeiner
vorzuͤglichen Geſchicklichkeit in ſeiner Kunſt: und
Herr Goddard ſagte, er wuͤßte keinen beſſern
Arzt.
Jch habe mir nur eines auszudingen, ehe ich
den Mann ſehe: daß er ſich nicht weigere, ſeine
Bezahlung von mir anzunehmen. Bin ich arm,
mein Herr: ſo bin ich doch ehrgeizig. Jch will
mir keine Verbindlichkeit auflegen. Sie koͤnnen
glauben, mein Herr, daß ich das nicht thun
werde. Jch gebe dieſen Beſuch nur zu, weil
ich weder gegen die wenigen Freunde, die mir
noch uͤbrig ſind, undankbar, noch denen von mei-
nen Verwandten, welche nach Verlauf einiger
Zeit, zu ihrer eignen Befriedigung, ſich nach mei-
nem Bezeigen in meinen ſiechen Tagen erkundi-
gen moͤgen, eigenſinnig ſcheinen wollte. So,
mein Herr, wiſſen ſie die Bedingung. Laſſen ſie
mich nicht beunruhigt werden: ich befinde mich
ſehr ſchlecht, und kann die Sache nicht erſt weit-
laͤuftig ausmachen.
Weil
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/374>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.