der sich entschließen konnte, durch so viele Bede- ckungen durchzubrechen!
Jch meines Theils empfinde immer mehr und mehr, daß ich mich nicht hätte begnügen lassen sollen, bloß Vorstellungen gegen deine niederträchtigen Absichten zu thun und mit dir darüber zu zanken: und in der That hatte ich es, mehr als einmal, im Sinne, wirklich etwas für sie zu unternehmen. Aber ich elender Mensch! ich ward durch die Vorstellungen von einer fal- schen Ehre, wie sie mir mit Recht vorgeworfen hat, abgehalten: weil du mir selbst freywillig deine Absichten entdecket hattest. Da sie über dieß in ein so verfluchtes Haus gebracht war, und so wohl von dir selbst, als von deinen höllischen Unterhändlern, so bewachet wurde: so dachte ich auch, weil ich meinen Mann kannte, daß ich das Unglück, welches ihr zugedacht war, nur beschleu- nigen würde. - - Außer dem befand ich dich durch ihre Tugend mit einer so großen Ehrfurcht ge- bunden, daß du nicht das Herz hattest, einen Ver- such auf sie zu wagen, als du sie zuerst dorthin brachtest: und sie hatte dich mehr als einmal ge- nöthigt, ob sie gleich deine schändliche Absichten nicht wußte, dieselben aufzugeben, und dich zu entschließen, ihr Gerechtigkeit zu thun, und dir selbst Ehre zu machen. Daher zweifelte ich kaum, daß ihr Verdienst endlich siegen würde.
Wo du bey deinem Vorsatz bleibest, sie zu heyrathen: so ist meine Meynung, daß du nichts bessers thun kannst, als wenn du deine wirkliche
Tan-
der ſich entſchließen konnte, durch ſo viele Bede- ckungen durchzubrechen!
Jch meines Theils empfinde immer mehr und mehr, daß ich mich nicht haͤtte begnuͤgen laſſen ſollen, bloß Vorſtellungen gegen deine niedertraͤchtigen Abſichten zu thun und mit dir daruͤber zu zanken: und in der That hatte ich es, mehr als einmal, im Sinne, wirklich etwas fuͤr ſie zu unternehmen. Aber ich elender Menſch! ich ward durch die Vorſtellungen von einer fal- ſchen Ehre, wie ſie mir mit Recht vorgeworfen hat, abgehalten: weil du mir ſelbſt freywillig deine Abſichten entdecket hatteſt. Da ſie uͤber dieß in ein ſo verfluchtes Haus gebracht war, und ſo wohl von dir ſelbſt, als von deinen hoͤlliſchen Unterhaͤndlern, ſo bewachet wurde: ſo dachte ich auch, weil ich meinen Mann kannte, daß ich das Ungluͤck, welches ihr zugedacht war, nur beſchleu- nigen wuͤrde. ‒ ‒ Außer dem befand ich dich durch ihre Tugend mit einer ſo großen Ehrfurcht ge- bunden, daß du nicht das Herz hatteſt, einen Ver- ſuch auf ſie zu wagen, als du ſie zuerſt dorthin brachteſt: und ſie hatte dich mehr als einmal ge- noͤthigt, ob ſie gleich deine ſchaͤndliche Abſichten nicht wußte, dieſelben aufzugeben, und dich zu entſchließen, ihr Gerechtigkeit zu thun, und dir ſelbſt Ehre zu machen. Daher zweifelte ich kaum, daß ihr Verdienſt endlich ſiegen wuͤrde.
Wo du bey deinem Vorſatz bleibeſt, ſie zu heyrathen: ſo iſt meine Meynung, daß du nichts beſſers thun kannſt, als wenn du deine wirkliche
Tan-
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der ſich entſchließen konnte, durch ſo viele Bede-
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Jch meines Theils empfinde immer mehr
und mehr, daß ich mich nicht haͤtte begnuͤgen
laſſen ſollen, bloß Vorſtellungen gegen deine
niedertraͤchtigen Abſichten zu thun und mit dir
daruͤber zu zanken: und in der That hatte ich es,
mehr als einmal, im Sinne, wirklich etwas fuͤr
ſie zu unternehmen. Aber ich elender Menſch!
ich ward durch die Vorſtellungen von einer fal-
ſchen Ehre, wie ſie mir mit Recht vorgeworfen
hat, abgehalten: weil du mir ſelbſt freywillig
deine Abſichten entdecket hatteſt. Da ſie uͤber
dieß in ein ſo verfluchtes Haus gebracht war, und
ſo wohl von dir ſelbſt, als von deinen hoͤlliſchen
Unterhaͤndlern, ſo bewachet wurde: ſo dachte ich
auch, weil ich meinen Mann kannte, daß ich das
Ungluͤck, welches ihr zugedacht war, nur beſchleu-
nigen wuͤrde. ‒ ‒ Außer dem befand ich dich durch
ihre Tugend mit einer ſo großen Ehrfurcht ge-
bunden, daß du nicht das Herz hatteſt, einen Ver-
ſuch auf ſie zu wagen, als du ſie zuerſt dorthin
brachteſt: und ſie hatte dich mehr als einmal ge-
noͤthigt, ob ſie gleich deine ſchaͤndliche Abſichten
nicht wußte, dieſelben aufzugeben, und dich zu
entſchließen, ihr Gerechtigkeit zu thun, und dir
ſelbſt Ehre zu machen. Daher zweifelte ich
kaum, daß ihr Verdienſt endlich ſiegen wuͤrde.
Wo du bey deinem Vorſatz bleibeſt, ſie zu
heyrathen: ſo iſt meine Meynung, daß du nichts
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/371>, abgerufen am 24.11.2024.
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