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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

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te, sie einmal über das andere mit großer Lebhaf-
ttigkeit, nein, nein, nein, nein! sagte. Daher
durfte ich es nicht mehr, als eben wieder anzei-
gen - - und das so dunkel und versteckt, daß ihr
freygelassen wurde, sich zu stellen, als wenn sie
mich nicht verstünde.

Jn Wahrheit, ich weiß niemand, von männ-
lichem oder weiblichem Geschlechte, den ich so
ungern beleidigen, oder von dem ich mir so un-
gern einen Vorwurf zuziehen möchte, als von ihr.
Sie hat so viel wirklich erhabenes in ihrem We-
sen, ohne Stolz oder Hochmuth, den man bey
denen, an welchen man eines von beyden findet,
zu züchtigen gereizet wird; ein so durchdringen-
des, jedoch so angenehm durch gütige Blicke ge-
mildertes Auge, daß sie allen und jeden Ehr-
furcht einflößet.

Mich deucht, ich habe eine gewisse Art von
heiliger Liebe gegen diesen Engel von einem Frau-
enzimmer: und ich wundere mich bis zum Er-
staunen, daß du nur einmal eine Viertelstunde
mit ihr umgehen, und bey deinen teuflischen Ab-
sichten bleiben konntest.

Da sie durch Gottseligkeit, Klugheit, Tu-
gend, erhabne Gesinnung, Familie, Glücksum-
stände, und durch eine Lauterkeit des Herzens,
deren sich vor ihr niemals ein Frauenzimmer zu
rühmen gehabt, bewahret wurde: was für ein
rechter Teufel mußte denn derjenige seyn; ich
fürchte aber, dich nur stolz zu machen!

der



te, ſie einmal uͤber das andere mit großer Lebhaf-
ttigkeit, nein, nein, nein, nein! ſagte. Daher
durfte ich es nicht mehr, als eben wieder anzei-
gen ‒ ‒ und das ſo dunkel und verſteckt, daß ihr
freygelaſſen wurde, ſich zu ſtellen, als wenn ſie
mich nicht verſtuͤnde.

Jn Wahrheit, ich weiß niemand, von maͤnn-
lichem oder weiblichem Geſchlechte, den ich ſo
ungern beleidigen, oder von dem ich mir ſo un-
gern einen Vorwurf zuziehen moͤchte, als von ihr.
Sie hat ſo viel wirklich erhabenes in ihrem We-
ſen, ohne Stolz oder Hochmuth, den man bey
denen, an welchen man eines von beyden findet,
zu zuͤchtigen gereizet wird; ein ſo durchdringen-
des, jedoch ſo angenehm durch guͤtige Blicke ge-
mildertes Auge, daß ſie allen und jeden Ehr-
furcht einfloͤßet.

Mich deucht, ich habe eine gewiſſe Art von
heiliger Liebe gegen dieſen Engel von einem Frau-
enzimmer: und ich wundere mich bis zum Er-
ſtaunen, daß du nur einmal eine Viertelſtunde
mit ihr umgehen, und bey deinen teufliſchen Ab-
ſichten bleiben konnteſt.

Da ſie durch Gottſeligkeit, Klugheit, Tu-
gend, erhabne Geſinnung, Familie, Gluͤcksum-
ſtaͤnde, und durch eine Lauterkeit des Herzens,
deren ſich vor ihr niemals ein Frauenzimmer zu
ruͤhmen gehabt, bewahret wurde: was fuͤr ein
rechter Teufel mußte denn derjenige ſeyn; ich
fuͤrchte aber, dich nur ſtolz zu machen!

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[364/0370] te, ſie einmal uͤber das andere mit großer Lebhaf- ttigkeit, nein, nein, nein, nein! ſagte. Daher durfte ich es nicht mehr, als eben wieder anzei- gen ‒ ‒ und das ſo dunkel und verſteckt, daß ihr freygelaſſen wurde, ſich zu ſtellen, als wenn ſie mich nicht verſtuͤnde. Jn Wahrheit, ich weiß niemand, von maͤnn- lichem oder weiblichem Geſchlechte, den ich ſo ungern beleidigen, oder von dem ich mir ſo un- gern einen Vorwurf zuziehen moͤchte, als von ihr. Sie hat ſo viel wirklich erhabenes in ihrem We- ſen, ohne Stolz oder Hochmuth, den man bey denen, an welchen man eines von beyden findet, zu zuͤchtigen gereizet wird; ein ſo durchdringen- des, jedoch ſo angenehm durch guͤtige Blicke ge- mildertes Auge, daß ſie allen und jeden Ehr- furcht einfloͤßet. Mich deucht, ich habe eine gewiſſe Art von heiliger Liebe gegen dieſen Engel von einem Frau- enzimmer: und ich wundere mich bis zum Er- ſtaunen, daß du nur einmal eine Viertelſtunde mit ihr umgehen, und bey deinen teufliſchen Ab- ſichten bleiben konnteſt. Da ſie durch Gottſeligkeit, Klugheit, Tu- gend, erhabne Geſinnung, Familie, Gluͤcksum- ſtaͤnde, und durch eine Lauterkeit des Herzens, deren ſich vor ihr niemals ein Frauenzimmer zu ruͤhmen gehabt, bewahret wurde: was fuͤr ein rechter Teufel mußte denn derjenige ſeyn; ich fuͤrchte aber, dich nur ſtolz zu machen! der

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/370>, abgerufen am 23.11.2024.