Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



ob mir gleich Sarah erzählte, daß sie eben daher
gekommen wäre, und daß die Fräulein weder sie,
noch sonst jemand, wie sie hätte herunter sagen
lassen, zu sehen willens wäre, indem sie die noch
übrige Zeit dieses Sonntages für sich haben woll-
te, weil es vielleicht der letzte seyn möchte, den sie
erlebte.

Als ich dahin kam: ward mir eben der Be-
scheid gegeben.

Jch schickte hinauf, und ließ ihr sagen, daß ich
deswegen käme, weil mir aufgetragen wäre, sie in
Freyheit zu setzen. Jch scheuete mich, den Na-
men von einem Menschen, der für einen Freund
von dir bekannt ist, hinaufsagen zu lassen. Sie
erklärte sich inzwischen, schlechterdings memand,
er sey, wer er wolle,
für den Tag, vor sich zu
lassen, noch auf irgend etwas, das von mir gesagt
würde, weiter Antwort zu geben.

Nachdem ich mich also nach allem erkundigt
hatte, was der Gerichtsbediente, seine Frau und
seine Magd mir von dem scheuslichen Verhaft,
von ihrem Betragen, von dem Verhalten der
Weibsleute gegen sie, und von ihrem schlechten
Gesundheitszustande melden konnten: so ging ich
wieder zu Sinclairs Hause, wie ich sie noch nen-
nen will, zurück, und hörte die Erzählung der
drey Weibsleute an. Dieß alles hat mich in
den Stand gesetzt, dir folgende Nachricht von
den ärgerlichen Umständen zu erth ilen, welche
dir genug seyn mag, bis ich dis unglückliche Fräu-
lein morgen selbst sehen kann, wo es möglich ist,

alsdenn



ob mir gleich Sarah erzaͤhlte, daß ſie eben daher
gekommen waͤre, und daß die Fraͤulein weder ſie,
noch ſonſt jemand, wie ſie haͤtte herunter ſagen
laſſen, zu ſehen willens waͤre, indem ſie die noch
uͤbrige Zeit dieſes Sonntages fuͤr ſich haben woll-
te, weil es vielleicht der letzte ſeyn moͤchte, den ſie
erlebte.

Als ich dahin kam: ward mir eben der Be-
ſcheid gegeben.

Jch ſchickte hinauf, und ließ ihr ſagen, daß ich
deswegen kaͤme, weil mir aufgetragen waͤre, ſie in
Freyheit zu ſetzen. Jch ſcheuete mich, den Na-
men von einem Menſchen, der fuͤr einen Freund
von dir bekannt iſt, hinaufſagen zu laſſen. Sie
erklaͤrte ſich inzwiſchen, ſchlechterdings memand,
er ſey, wer er wolle,
fuͤr den Tag, vor ſich zu
laſſen, noch auf irgend etwas, das von mir geſagt
wuͤrde, weiter Antwort zu geben.

Nachdem ich mich alſo nach allem erkundigt
hatte, was der Gerichtsbediente, ſeine Frau und
ſeine Magd mir von dem ſcheuslichen Verhaft,
von ihrem Betragen, von dem Verhalten der
Weibsleute gegen ſie, und von ihrem ſchlechten
Geſundheitszuſtande melden konnten: ſo ging ich
wieder zu Sinclairs Hauſe, wie ich ſie noch nen-
nen will, zuruͤck, und hoͤrte die Erzaͤhlung der
drey Weibsleute an. Dieß alles hat mich in
den Stand geſetzt, dir folgende Nachricht von
den aͤrgerlichen Umſtaͤnden zu erth ilen, welche
dir genug ſeyn mag, bis ich dis ungluͤckliche Fraͤu-
lein morgen ſelbſt ſehen kann, wo es moͤglich iſt,

alsdenn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0278" n="272"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
ob mir gleich Sarah erza&#x0364;hlte, daß &#x017F;ie eben daher<lb/>
gekommen wa&#x0364;re, und daß die Fra&#x0364;ulein weder &#x017F;ie,<lb/>
noch &#x017F;on&#x017F;t jemand, wie &#x017F;ie ha&#x0364;tte herunter &#x017F;agen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, zu &#x017F;ehen willens wa&#x0364;re, indem &#x017F;ie die noch<lb/>
u&#x0364;brige Zeit die&#x017F;es Sonntages fu&#x0364;r &#x017F;ich haben woll-<lb/>
te, weil es vielleicht der letzte &#x017F;eyn mo&#x0364;chte, den &#x017F;ie<lb/>
erlebte.</p><lb/>
          <p>Als ich dahin kam: ward mir eben der Be-<lb/>
&#x017F;cheid gegeben.</p><lb/>
          <p>Jch &#x017F;chickte hinauf, und ließ ihr &#x017F;agen, daß ich<lb/>
deswegen ka&#x0364;me, weil mir aufgetragen wa&#x0364;re, &#x017F;ie in<lb/>
Freyheit zu &#x017F;etzen. Jch &#x017F;cheuete mich, den Na-<lb/>
men von einem Men&#x017F;chen, der fu&#x0364;r einen Freund<lb/>
von dir bekannt i&#x017F;t, hinauf&#x017F;agen zu la&#x017F;&#x017F;en. Sie<lb/>
erkla&#x0364;rte &#x017F;ich inzwi&#x017F;chen, &#x017F;chlechterdings <hi rendition="#fr">memand,<lb/>
er &#x017F;ey, wer er wolle,</hi> fu&#x0364;r den Tag, vor &#x017F;ich zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, noch auf irgend etwas, das von mir ge&#x017F;agt<lb/>
wu&#x0364;rde, weiter Antwort zu geben.</p><lb/>
          <p>Nachdem ich mich al&#x017F;o nach allem erkundigt<lb/>
hatte, was der Gerichtsbediente, &#x017F;eine Frau und<lb/>
&#x017F;eine Magd mir von dem &#x017F;cheuslichen Verhaft,<lb/>
von ihrem Betragen, von dem Verhalten der<lb/>
Weibsleute gegen &#x017F;ie, und von ihrem &#x017F;chlechten<lb/>
Ge&#x017F;undheitszu&#x017F;tande melden konnten: &#x017F;o ging ich<lb/>
wieder zu Sinclairs Hau&#x017F;e, wie ich &#x017F;ie noch nen-<lb/>
nen will, zuru&#x0364;ck, und ho&#x0364;rte die Erza&#x0364;hlung der<lb/>
drey Weibsleute an. Dieß alles hat mich in<lb/>
den Stand ge&#x017F;etzt, dir folgende Nachricht von<lb/>
den a&#x0364;rgerlichen Um&#x017F;ta&#x0364;nden zu erth ilen, welche<lb/>
dir genug &#x017F;eyn mag, bis ich dis unglu&#x0364;ckliche Fra&#x0364;u-<lb/>
lein morgen &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ehen kann, wo es mo&#x0364;glich i&#x017F;t,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">alsdenn</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[272/0278] ob mir gleich Sarah erzaͤhlte, daß ſie eben daher gekommen waͤre, und daß die Fraͤulein weder ſie, noch ſonſt jemand, wie ſie haͤtte herunter ſagen laſſen, zu ſehen willens waͤre, indem ſie die noch uͤbrige Zeit dieſes Sonntages fuͤr ſich haben woll- te, weil es vielleicht der letzte ſeyn moͤchte, den ſie erlebte. Als ich dahin kam: ward mir eben der Be- ſcheid gegeben. Jch ſchickte hinauf, und ließ ihr ſagen, daß ich deswegen kaͤme, weil mir aufgetragen waͤre, ſie in Freyheit zu ſetzen. Jch ſcheuete mich, den Na- men von einem Menſchen, der fuͤr einen Freund von dir bekannt iſt, hinaufſagen zu laſſen. Sie erklaͤrte ſich inzwiſchen, ſchlechterdings memand, er ſey, wer er wolle, fuͤr den Tag, vor ſich zu laſſen, noch auf irgend etwas, das von mir geſagt wuͤrde, weiter Antwort zu geben. Nachdem ich mich alſo nach allem erkundigt hatte, was der Gerichtsbediente, ſeine Frau und ſeine Magd mir von dem ſcheuslichen Verhaft, von ihrem Betragen, von dem Verhalten der Weibsleute gegen ſie, und von ihrem ſchlechten Geſundheitszuſtande melden konnten: ſo ging ich wieder zu Sinclairs Hauſe, wie ich ſie noch nen- nen will, zuruͤck, und hoͤrte die Erzaͤhlung der drey Weibsleute an. Dieß alles hat mich in den Stand geſetzt, dir folgende Nachricht von den aͤrgerlichen Umſtaͤnden zu erth ilen, welche dir genug ſeyn mag, bis ich dis ungluͤckliche Fraͤu- lein morgen ſelbſt ſehen kann, wo es moͤglich iſt, alsdenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/278
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/278>, abgerufen am 22.11.2024.