Sie müssen, in Wahrheit, Sie müssen sich nicht selbst verlassen. Die Buße, wovon Sie schwa- tzen - - Es gehört für diejenigen, Buße zu thun, welche Sie in Unglück gestürzet haben, das Sie nicht wohl vermeiden konnten. Sie urthei- len vielmehr nach dem unglücklichen Ausgange, als nach der wahren Beschaffenheit, von Jhrem Zufalle. Auf meine Ehre, ich halte Sie fast in einem jeden Schritt, den Sie gethan haben, für untadelhaft. Was hat nicht der schändlich über- müthige und ehrgeizige, doch dumme, Bruder von Jhnen zu verantworten! - - Ja auch das boshafte Ding, Jhre Schwester! -
Allein was geschehen ist, steht nicht zu än- dern. Wohlan denn, lassen Sie uns in die Zu- kunft hinaussehen. Es öffnen sich itzo glückliche Aussichten für Sie: da eine schon itzo edle Fa- milie bereit ist, Sie aufzunehmen, und Sie mit offenen Armen und freudigen Herzen zu empfan- gen; und, durch ihre Liebe für Sie, eine andere Familie, welche nicht weiß, was für ein unver- gleichliches Muster der Tugend sie alle zu verfol- gen in ein Bündniß getreten sind, lehren will, wie man Sie schützen müsse. Jhre Klugheit, Jhre Gottseligkeit, wird alles krönen: sie wird einen Bösewicht auf bessere Wege bringen, den man, um hundert anderer willen mehr, als um sein selbst willen, auf bessere Wege gebracht wün- schen würde.
Wie ein Wandersmann, der durch die aus- getretene Fluth eines reisenden Strohmes von
seinem
Q 4
Sie muͤſſen, in Wahrheit, Sie muͤſſen ſich nicht ſelbſt verlaſſen. Die Buße, wovon Sie ſchwa- tzen ‒ ‒ Es gehoͤrt fuͤr diejenigen, Buße zu thun, welche Sie in Ungluͤck geſtuͤrzet haben, das Sie nicht wohl vermeiden konnten. Sie urthei- len vielmehr nach dem ungluͤcklichen Ausgange, als nach der wahren Beſchaffenheit, von Jhrem Zufalle. Auf meine Ehre, ich halte Sie faſt in einem jeden Schritt, den Sie gethan haben, fuͤr untadelhaft. Was hat nicht der ſchaͤndlich uͤber- muͤthige und ehrgeizige, doch dumme, Bruder von Jhnen zu verantworten! ‒ ‒ Ja auch das boshafte Ding, Jhre Schweſter! ‒
Allein was geſchehen iſt, ſteht nicht zu aͤn- dern. Wohlan denn, laſſen Sie uns in die Zu- kunft hinausſehen. Es oͤffnen ſich itzo gluͤckliche Ausſichten fuͤr Sie: da eine ſchon itzo edle Fa- milie bereit iſt, Sie aufzunehmen, und Sie mit offenen Armen und freudigen Herzen zu empfan- gen; und, durch ihre Liebe fuͤr Sie, eine andere Familie, welche nicht weiß, was fuͤr ein unver- gleichliches Muſter der Tugend ſie alle zu verfol- gen in ein Buͤndniß getreten ſind, lehren will, wie man Sie ſchuͤtzen muͤſſe. Jhre Klugheit, Jhre Gottſeligkeit, wird alles kroͤnen: ſie wird einen Boͤſewicht auf beſſere Wege bringen, den man, um hundert anderer willen mehr, als um ſein ſelbſt willen, auf beſſere Wege gebracht wuͤn- ſchen wuͤrde.
Wie ein Wandersmann, der durch die aus- getretene Fluth eines reiſenden Strohmes von
ſeinem
Q 4
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Sie muͤſſen, in Wahrheit, Sie muͤſſen ſich nicht
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tzen ‒ ‒ Es gehoͤrt fuͤr diejenigen, Buße zu
thun, welche Sie in Ungluͤck geſtuͤrzet haben, das
Sie nicht wohl vermeiden konnten. Sie urthei-
len vielmehr nach dem ungluͤcklichen Ausgange,
als nach der wahren Beſchaffenheit, von Jhrem
Zufalle. Auf meine Ehre, ich halte Sie faſt in
einem jeden Schritt, den Sie gethan haben, fuͤr
untadelhaft. Was hat nicht der ſchaͤndlich uͤber-
muͤthige und ehrgeizige, doch dumme, Bruder
von Jhnen zu verantworten! ‒ ‒ Ja auch das
boshafte Ding, Jhre Schweſter! ‒
Allein was geſchehen iſt, ſteht nicht zu aͤn-
dern. Wohlan denn, laſſen Sie uns in die Zu-
kunft hinausſehen. Es oͤffnen ſich itzo gluͤckliche
Ausſichten fuͤr Sie: da eine ſchon itzo edle Fa-
milie bereit iſt, Sie aufzunehmen, und Sie mit
offenen Armen und freudigen Herzen zu empfan-
gen; und, durch ihre Liebe fuͤr Sie, eine andere
Familie, welche nicht weiß, was fuͤr ein unver-
gleichliches Muſter der Tugend ſie alle zu verfol-
gen in ein Buͤndniß getreten ſind, lehren will,
wie man Sie ſchuͤtzen muͤſſe. Jhre Klugheit,
Jhre Gottſeligkeit, wird alles kroͤnen: ſie wird
einen Boͤſewicht auf beſſere Wege bringen, den
man, um hundert anderer willen mehr, als um
ſein ſelbſt willen, auf beſſere Wege gebracht wuͤn-
ſchen wuͤrde.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/253>, abgerufen am 22.11.2024.
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