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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

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Beyspiele und Jhrer Gewalt über ihn zu erwar-
ten stehet.

Jch machte sehr viele Einwendungen für sie
- - alle, glaube ich, die sie selbst hätten machen
können, wenn sie zugegen gewesen wären. Aber
ich trage kein Bedenken, meine liebste Freundinn,
Jhnen zu rathen; und das thut auch meine Mut-
ter, daß Sie sich alsobald in den Schutz der La-
dy Elisabeth begeben, mit dem Entschlusse, den
elenden Menschen zum Manne zu nehmen. Alle
seine künftige Größe; und es fehlt ihm nicht an
Ehrgeiz; hänget von seiner Aufrichtigkeit gegen
Sie ab. Die Fräuleins betheuren, daß ihn das
Unrecht, welches er Jhnen gethan hat, schmerzlich
reue.

Alle seine Furcht ist, daß Sie so bereit sind,
einem jeden, wie er besorget, das Uebel, welches
Sie gelitten haben, zu entdecken; dieß, glaubt er,
werde sie beyde widrigen Urtheilen bloßstellen.
Allein hätten Sie es der Lady Elisabeth nicht ent-
decket: so würden Sie nicht eine so eifrige Freun-
dinn gehabt haben; indem alle dieß Gute, so, hof-
fe ich, wird es ausschlagen, von zween Briefen,
die Sie ihr zugeschrieben, herrühret. Jedoch
rathe ich Jhnen, mit der Erzählung dessen, was
vergangen ist, etwas sparsamer zu seyn: Sie
mögen ihn anzunehmen gedenken; oder nicht.
Denn wozu, wertheste Freundinn, kann das nun-
mehr dienen, als nur schändlichen Gemüthern
Anlaß zu geben, über Jhre Freunde zu froh-

locken:
Q 3



Beyſpiele und Jhrer Gewalt uͤber ihn zu erwar-
ten ſtehet.

Jch machte ſehr viele Einwendungen fuͤr ſie
‒ ‒ alle, glaube ich, die ſie ſelbſt haͤtten machen
koͤnnen, wenn ſie zugegen geweſen waͤren. Aber
ich trage kein Bedenken, meine liebſte Freundinn,
Jhnen zu rathen; und das thut auch meine Mut-
ter, daß Sie ſich alſobald in den Schutz der La-
dy Eliſabeth begeben, mit dem Entſchluſſe, den
elenden Menſchen zum Manne zu nehmen. Alle
ſeine kuͤnftige Groͤße; und es fehlt ihm nicht an
Ehrgeiz; haͤnget von ſeiner Aufrichtigkeit gegen
Sie ab. Die Fraͤuleins betheuren, daß ihn das
Unrecht, welches er Jhnen gethan hat, ſchmerzlich
reue.

Alle ſeine Furcht iſt, daß Sie ſo bereit ſind,
einem jeden, wie er beſorget, das Uebel, welches
Sie gelitten haben, zu entdecken; dieß, glaubt er,
werde ſie beyde widrigen Urtheilen bloßſtellen.
Allein haͤtten Sie es der Lady Eliſabeth nicht ent-
decket: ſo wuͤrden Sie nicht eine ſo eifrige Freun-
dinn gehabt haben; indem alle dieß Gute, ſo, hof-
fe ich, wird es ausſchlagen, von zween Briefen,
die Sie ihr zugeſchrieben, herruͤhret. Jedoch
rathe ich Jhnen, mit der Erzaͤhlung deſſen, was
vergangen iſt, etwas ſparſamer zu ſeyn: Sie
moͤgen ihn anzunehmen gedenken; oder nicht.
Denn wozu, wertheſte Freundinn, kann das nun-
mehr dienen, als nur ſchaͤndlichen Gemuͤthern
Anlaß zu geben, uͤber Jhre Freunde zu froh-

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Q 3
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[245/0251] Beyſpiele und Jhrer Gewalt uͤber ihn zu erwar- ten ſtehet. Jch machte ſehr viele Einwendungen fuͤr ſie ‒ ‒ alle, glaube ich, die ſie ſelbſt haͤtten machen koͤnnen, wenn ſie zugegen geweſen waͤren. Aber ich trage kein Bedenken, meine liebſte Freundinn, Jhnen zu rathen; und das thut auch meine Mut- ter, daß Sie ſich alſobald in den Schutz der La- dy Eliſabeth begeben, mit dem Entſchluſſe, den elenden Menſchen zum Manne zu nehmen. Alle ſeine kuͤnftige Groͤße; und es fehlt ihm nicht an Ehrgeiz; haͤnget von ſeiner Aufrichtigkeit gegen Sie ab. Die Fraͤuleins betheuren, daß ihn das Unrecht, welches er Jhnen gethan hat, ſchmerzlich reue. Alle ſeine Furcht iſt, daß Sie ſo bereit ſind, einem jeden, wie er beſorget, das Uebel, welches Sie gelitten haben, zu entdecken; dieß, glaubt er, werde ſie beyde widrigen Urtheilen bloßſtellen. Allein haͤtten Sie es der Lady Eliſabeth nicht ent- decket: ſo wuͤrden Sie nicht eine ſo eifrige Freun- dinn gehabt haben; indem alle dieß Gute, ſo, hof- fe ich, wird es ausſchlagen, von zween Briefen, die Sie ihr zugeſchrieben, herruͤhret. Jedoch rathe ich Jhnen, mit der Erzaͤhlung deſſen, was vergangen iſt, etwas ſparſamer zu ſeyn: Sie moͤgen ihn anzunehmen gedenken; oder nicht. Denn wozu, wertheſte Freundinn, kann das nun- mehr dienen, als nur ſchaͤndlichen Gemuͤthern Anlaß zu geben, uͤber Jhre Freunde zu froh- locken: Q 3

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/251>, abgerufen am 25.11.2024.