scheinlich ist, daß ein solcher Fall sie treffen möch- te: so konnten sie dadurch nicht so gerühret wer- den, als die ältern; welche selbst Röschen von ihrem eignen Stocke gehabt hatten, und sehr un- gern würden gesehen haben, wenn jemand sie in der Knospe gebrochen, und nicht einmal, mit ih- rer Erlaubniß, Frau Rosenstrauch, zu der Mutter gesagt hätte.
Der nächste Punct, worüber ich angeklagt wurde, war die Unterschiebung falscher Briefe und die Nachäffung der Personen von Lady Eli- sabeth und meiner Base Charlotte. Zween har- te Vorwürfe! wirst du sagen: und es ist auch wahr. - - Der Lord war über die geschmiede- ten Briefe sehr ungehalten. Die Frauenzim- mer gelobten, die Nachäffung ihrer Personen niemals zu vergeben. Niemand war da, der unter ihnen Friede stiftete. Also wurden wir alle Weiber und zankten uns mit einander.
Mein Lord erklärte sich, daß er nach seinem Gewissen dafür hielte, es wäre kein ärgerer Bube auf Gottes Erdboden, als ich - - Was braucht es, sich in alle Kleinigkeiten bey der Sache einzulassen? sprach er. Es wäre nicht das erste mal, daß ich seine Hand nachgemacht hätte.
Hierauf antwortete ich, daß ich vermuthete, es wären damals, als man die Verordnung: Scandalum magnatum, ausgesonnen hätte, viele unter den Lords gewesen, welche gewußt, daß sie harte Namen verdienten, und wäre daher dieß
Gesetz
ſcheinlich iſt, daß ein ſolcher Fall ſie treffen moͤch- te: ſo konnten ſie dadurch nicht ſo geruͤhret wer- den, als die aͤltern; welche ſelbſt Roͤschen von ihrem eignen Stocke gehabt hatten, und ſehr un- gern wuͤrden geſehen haben, wenn jemand ſie in der Knoſpe gebrochen, und nicht einmal, mit ih- rer Erlaubniß, Frau Roſenſtrauch, zu der Mutter geſagt haͤtte.
Der naͤchſte Punct, woruͤber ich angeklagt wurde, war die Unterſchiebung falſcher Briefe und die Nachaͤffung der Perſonen von Lady Eli- ſabeth und meiner Baſe Charlotte. Zween har- te Vorwuͤrfe! wirſt du ſagen: und es iſt auch wahr. ‒ ‒ Der Lord war uͤber die geſchmiede- ten Briefe ſehr ungehalten. Die Frauenzim- mer gelobten, die Nachaͤffung ihrer Perſonen niemals zu vergeben. Niemand war da, der unter ihnen Friede ſtiftete. Alſo wurden wir alle Weiber und zankten uns mit einander.
Mein Lord erklaͤrte ſich, daß er nach ſeinem Gewiſſen dafuͤr hielte, es waͤre kein aͤrgerer Bube auf Gottes Erdboden, als ich ‒ ‒ Was braucht es, ſich in alle Kleinigkeiten bey der Sache einzulaſſen? ſprach er. Es waͤre nicht das erſte mal, daß ich ſeine Hand nachgemacht haͤtte.
Hierauf antwortete ich, daß ich vermuthete, es waͤren damals, als man die Verordnung: Scandalum magnatum, ausgeſonnen haͤtte, viele unter den Lords geweſen, welche gewußt, daß ſie harte Namen verdienten, und waͤre daher dieß
Geſetz
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ſcheinlich iſt, daß ein ſolcher Fall ſie treffen moͤch-
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ihrem eignen Stocke gehabt hatten, und ſehr un-
gern wuͤrden geſehen haben, wenn jemand ſie in
der Knoſpe gebrochen, und nicht einmal, mit ih-
rer Erlaubniß, Frau Roſenſtrauch, zu der
Mutter geſagt haͤtte.
Der naͤchſte Punct, woruͤber ich angeklagt
wurde, war die Unterſchiebung falſcher Briefe
und die Nachaͤffung der Perſonen von Lady Eli-
ſabeth und meiner Baſe Charlotte. Zween har-
te Vorwuͤrfe! wirſt du ſagen: und es iſt auch
wahr. ‒ ‒ Der Lord war uͤber die geſchmiede-
ten Briefe ſehr ungehalten. Die Frauenzim-
mer gelobten, die Nachaͤffung ihrer Perſonen
niemals zu vergeben. Niemand war da, der
unter ihnen Friede ſtiftete. Alſo wurden wir
alle Weiber und zankten uns mit einander.
Mein Lord erklaͤrte ſich, daß er nach ſeinem
Gewiſſen dafuͤr hielte, es waͤre kein aͤrgerer Bube
auf Gottes Erdboden, als ich ‒ ‒ Was
braucht es, ſich in alle Kleinigkeiten bey der
Sache einzulaſſen? ſprach er. Es waͤre nicht
das erſte mal, daß ich ſeine Hand nachgemacht
haͤtte.
Hierauf antwortete ich, daß ich vermuthete,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/216>, abgerufen am 23.11.2024.
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