Wille, noch meine Unvorsichtigkeit etwas zu mei- nem Unglück beygetragen hat. Jedoch die Un- versöhnlichkeit meiner Angehörigen, die ich mit ei- ner ungekränkten Ehrerbiethung liebe; meine Furcht vor neuen Gewaltthätigkeiten, weil ich vermuthe, der gottlose Kerl werde mich noch nicht ruhen lassen; mein verlassener Zustand ohne einigen Schutz, da meine Jugend, mein Ge- schlecht, meine geringe Bekanntschaft mit der Welt mich betrübten Anfällen unterwerfen; mei- ne Betrachtung des Aergernisses, das ich gege- ben habe, nebst der Empfindung der Schande, die mir von einem Menschen angethan ist, von dem ich nichts böses verdiente, alles zusammen genommen wird ohne allen Zweifel die Wirkung hervorbringen, welche mir nicht unangenehm seyn kann: - - ob gleich vielleicht um so viel langsa- mer; weil ich von Natur eine gute Leibesbeschaf- fenheit, und hiernächst, wie ich mich zu glauben unterfange, auch gute Grundsätze habe, die mich zu gehöriger Zeit und bey gehöriger Ueberlegung, meiner Hoffnung nach, über die Empfindung aller weltlichen Widerwärtigkeiten hinaus- setzen werden.
Jtzo ist mein Kopf sehr in Unordnung. Jch habe ihn in der That, seit der Gewalt, die ihm, und meinem Herzen selbst, durch die gottlosen Künste der verruchten Seelen, unter welche ich verstoßen war, geschehen ist, nicht zu irgend deutlichen Vorstellungen gebrauchen können.
Jch
Wille, noch meine Unvorſichtigkeit etwas zu mei- nem Ungluͤck beygetragen hat. Jedoch die Un- verſoͤhnlichkeit meiner Angehoͤrigen, die ich mit ei- ner ungekraͤnkten Ehrerbiethung liebe; meine Furcht vor neuen Gewaltthaͤtigkeiten, weil ich vermuthe, der gottloſe Kerl werde mich noch nicht ruhen laſſen; mein verlaſſener Zuſtand ohne einigen Schutz, da meine Jugend, mein Ge- ſchlecht, meine geringe Bekanntſchaft mit der Welt mich betruͤbten Anfaͤllen unterwerfen; mei- ne Betrachtung des Aergerniſſes, das ich gege- ben habe, nebſt der Empfindung der Schande, die mir von einem Menſchen angethan iſt, von dem ich nichts boͤſes verdiente, alles zuſammen genommen wird ohne allen Zweifel die Wirkung hervorbringen, welche mir nicht unangenehm ſeyn kann: ‒ ‒ ob gleich vielleicht um ſo viel langſa- mer; weil ich von Natur eine gute Leibesbeſchaf- fenheit, und hiernaͤchſt, wie ich mich zu glauben unterfange, auch gute Grundſaͤtze habe, die mich zu gehoͤriger Zeit und bey gehoͤriger Ueberlegung, meiner Hoffnung nach, uͤber die Empfindung aller weltlichen Widerwaͤrtigkeiten hinaus- ſetzen werden.
Jtzo iſt mein Kopf ſehr in Unordnung. Jch habe ihn in der That, ſeit der Gewalt, die ihm, und meinem Herzen ſelbſt, durch die gottloſen Kuͤnſte der verruchten Seelen, unter welche ich verſtoßen war, geſchehen iſt, nicht zu irgend deutlichen Vorſtellungen gebrauchen koͤnnen.
Jch
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Wille, noch meine Unvorſichtigkeit etwas zu mei-
nem Ungluͤck beygetragen hat. Jedoch die Un-
verſoͤhnlichkeit meiner Angehoͤrigen, die ich mit ei-
ner ungekraͤnkten Ehrerbiethung liebe; meine
Furcht vor neuen Gewaltthaͤtigkeiten, weil ich
vermuthe, der gottloſe Kerl werde mich noch
nicht ruhen laſſen; mein verlaſſener Zuſtand ohne
einigen Schutz, da meine Jugend, mein Ge-
ſchlecht, meine geringe Bekanntſchaft mit der
Welt mich betruͤbten Anfaͤllen unterwerfen; mei-
ne Betrachtung des Aergerniſſes, das ich gege-
ben habe, nebſt der Empfindung der Schande,
die mir von einem Menſchen angethan iſt, von
dem ich nichts boͤſes verdiente, alles zuſammen
genommen wird ohne allen Zweifel die Wirkung
hervorbringen, welche mir nicht unangenehm ſeyn
kann: ‒ ‒ ob gleich vielleicht um ſo viel langſa-
mer; weil ich von Natur eine gute Leibesbeſchaf-
fenheit, und hiernaͤchſt, wie ich mich zu glauben
unterfange, auch gute Grundſaͤtze habe, die mich
zu gehoͤriger Zeit und bey gehoͤriger Ueberlegung,
meiner Hoffnung nach, uͤber die Empfindung
aller weltlichen Widerwaͤrtigkeiten hinaus-
ſetzen werden.
Jtzo iſt mein Kopf ſehr in Unordnung. Jch
habe ihn in der That, ſeit der Gewalt, die ihm,
und meinem Herzen ſelbſt, durch die gottloſen
Kuͤnſte der verruchten Seelen, unter welche ich
verſtoßen war, geſchehen iſt, nicht zu irgend
deutlichen Vorſtellungen gebrauchen koͤnnen.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/182>, abgerufen am 22.11.2024.
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