ohne schlimmere Folgen für eines andern Person ablaufen möchte. Gleichwohl sagt mir mein Herz zu, ich weiß nicht warum, daß sie früher oder später einige Tropfen Bluts nach sich ziehen würde: wofern die Fräulein und ich sie nicht et- wa unter uns abthun können. Und dieß mag ein anderer Grund seyn, warum sie ihren Unwillen nicht zu weit treiben sollte - - Jedoch nicht so, als wenn ich mich über eine solche Sache viel be- kümmern würde; wofern ich nur meinen Mann oder meine Männer selbst aussuchen sollte: denn ich hasse ihre ganze Familie, sie allein ausge- nommen, von ganzen Herzen, und werde sie be- ständig hassen.
Jch muß noch dieses hinzuthun, daß die Er- findung der Fräulein, ihre Flucht ins Werk zu richten, mir nichts besonderes und außerordentli- ches zu seyn scheinet. Es ist mehr Glück dabey gewesen, als Wahrscheinlichkeit, daß sie einen guten Erfolg haben sollte. Denn, wenn sie gelingen sollte: mußten Dorcas, Wilhelm, Sinclair und ihre Nymphen nothwendig alle ent- weder betrogen werden, oder von der Wache ge- gangen seyn. Es kommt mir zu, ihnen, wenn ich sie spreche, meinen herzlichen Dank abzustat- ten, daß sie wirklich von der Wache gegangen sind, und daß ihre Sorge für sich selbst und für ihre eigne künftige Sicherheit sie verleiten sollen, ihre Thüre nach der Gasse, bloß mit einem Rie-
gel
ohne ſchlimmere Folgen fuͤr eines andern Perſon ablaufen moͤchte. Gleichwohl ſagt mir mein Herz zu, ich weiß nicht warum, daß ſie fruͤher oder ſpaͤter einige Tropfen Bluts nach ſich ziehen wuͤrde: wofern die Fraͤulein und ich ſie nicht et- wa unter uns abthun koͤnnen. Und dieß mag ein anderer Grund ſeyn, warum ſie ihren Unwillen nicht zu weit treiben ſollte ‒ ‒ Jedoch nicht ſo, als wenn ich mich uͤber eine ſolche Sache viel be- kuͤmmern wuͤrde; wofern ich nur meinen Mann oder meine Maͤnner ſelbſt ausſuchen ſollte: denn ich haſſe ihre ganze Familie, ſie allein ausge- nommen, von ganzen Herzen, und werde ſie be- ſtaͤndig haſſen.
Jch muß noch dieſes hinzuthun, daß die Er- findung der Fraͤulein, ihre Flucht ins Werk zu richten, mir nichts beſonderes und außerordentli- ches zu ſeyn ſcheinet. Es iſt mehr Gluͤck dabey geweſen, als Wahrſcheinlichkeit, daß ſie einen guten Erfolg haben ſollte. Denn, wenn ſie gelingen ſollte: mußten Dorcas, Wilhelm, Sinclair und ihre Nymphen nothwendig alle ent- weder betrogen werden, oder von der Wache ge- gangen ſeyn. Es kommt mir zu, ihnen, wenn ich ſie ſpreche, meinen herzlichen Dank abzuſtat- ten, daß ſie wirklich von der Wache gegangen ſind, und daß ihre Sorge fuͤr ſich ſelbſt und fuͤr ihre eigne kuͤnftige Sicherheit ſie verleiten ſollen, ihre Thuͤre nach der Gaſſe, bloß mit einem Rie-
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ohne ſchlimmere Folgen fuͤr eines andern Perſon
ablaufen moͤchte. Gleichwohl ſagt mir mein
Herz zu, ich weiß nicht warum, daß ſie fruͤher
oder ſpaͤter einige Tropfen Bluts nach ſich ziehen
wuͤrde: wofern die Fraͤulein und ich ſie nicht et-
wa unter uns abthun koͤnnen. Und dieß mag ein
anderer Grund ſeyn, warum ſie ihren Unwillen
nicht zu weit treiben ſollte ‒ ‒ Jedoch nicht ſo,
als wenn ich mich uͤber eine ſolche Sache viel be-
kuͤmmern wuͤrde; wofern ich nur meinen Mann
oder meine Maͤnner ſelbſt ausſuchen ſollte: denn
ich haſſe ihre ganze Familie, ſie allein ausge-
nommen, von ganzen Herzen, und werde ſie be-
ſtaͤndig haſſen.
Jch muß noch dieſes hinzuthun, daß die Er-
findung der Fraͤulein, ihre Flucht ins Werk zu
richten, mir nichts beſonderes und außerordentli-
ches zu ſeyn ſcheinet. Es iſt mehr Gluͤck dabey
geweſen, als Wahrſcheinlichkeit, daß ſie einen
guten Erfolg haben ſollte. Denn, wenn ſie
gelingen ſollte: mußten Dorcas, Wilhelm,
Sinclair und ihre Nymphen nothwendig alle ent-
weder betrogen werden, oder von der Wache ge-
gangen ſeyn. Es kommt mir zu, ihnen, wenn
ich ſie ſpreche, meinen herzlichen Dank abzuſtat-
ten, daß ſie wirklich von der Wache gegangen
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ihre eigne kuͤnftige Sicherheit ſie verleiten ſollen,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/17>, abgerufen am 21.11.2024.
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