Fuße nach Hampstead gehen, wenn ich auch al- lein die ganze Nacht durch gehen sollte.
Hierauf ward nach einer Kutsche geschickt, oder vorgegeben, als wenn darnach geschickt wür- de. Sie möchte kosten, was sie wollte, sagte er: so wollte er es geben, mir gefällig zu seyn, ob es gleich so spät wäre; und wollte mich herzlich gern begleiten - - Aber es war keine Kutsche zu be- kommen.
Erlauben Sie mir das Uebrige kurz zusam- menzuziehen. Es ward von Zeit zu Zeit schlim- mer mit meinem Kopfe. Bald war ich betäubt, bald in Raserey, bald ohne Empfindung. Das schändlichste Weib, das auf Erden lebet, mußte herbeykommen, mich zu schrecken. Niemals ist wohl ein so scheusliches Ungeheuer auf der Welt gewesen, als sie mir zu der Zeit schien.
Jch erinnere mich, daß ich um Barmherzig- keit flehete - - Jch erinnere mich, daß ich sagte, ich wollte die Seinige seyn - - in Wahr- heit, ich wollte die Seinige seyn - - damit ich nur Barmherzigkeit erlangte - - Allein ich fand keine Barmherzigkeit! - - Meine Kraft, mein Verstand, verließ mich! - - Und dann folgten solche Aufzüge - - O meine Wertheste, solche schreckliche Aufzüge! - - Ohnmachten über Ohnmachten, derer ich mich freylich nur schwach und unvollkommen erinnere, wirkten für mich kein Mitleiden - - Aber der Tod ward mir nicht gewähret. Das würde eine allzu große Barmherzigkeit für mich gewesen seyn.
So
Fuße nach Hampſtead gehen, wenn ich auch al- lein die ganze Nacht durch gehen ſollte.
Hierauf ward nach einer Kutſche geſchickt, oder vorgegeben, als wenn darnach geſchickt wuͤr- de. Sie moͤchte koſten, was ſie wollte, ſagte er: ſo wollte er es geben, mir gefaͤllig zu ſeyn, ob es gleich ſo ſpaͤt waͤre; und wollte mich herzlich gern begleiten ‒ ‒ Aber es war keine Kutſche zu be- kommen.
Erlauben Sie mir das Uebrige kurz zuſam- menzuziehen. Es ward von Zeit zu Zeit ſchlim- mer mit meinem Kopfe. Bald war ich betaͤubt, bald in Raſerey, bald ohne Empfindung. Das ſchaͤndlichſte Weib, das auf Erden lebet, mußte herbeykommen, mich zu ſchrecken. Niemals iſt wohl ein ſo ſcheusliches Ungeheuer auf der Welt geweſen, als ſie mir zu der Zeit ſchien.
Jch erinnere mich, daß ich um Barmherzig- keit flehete ‒ ‒ Jch erinnere mich, daß ich ſagte, ich wollte die Seinige ſeyn ‒ ‒ in Wahr- heit, ich wollte die Seinige ſeyn ‒ ‒ damit ich nur Barmherzigkeit erlangte ‒ ‒ Allein ich fand keine Barmherzigkeit! ‒ ‒ Meine Kraft, mein Verſtand, verließ mich! ‒ ‒ Und dann folgten ſolche Aufzuͤge ‒ ‒ O meine Wertheſte, ſolche ſchreckliche Aufzuͤge! ‒ ‒ Ohnmachten uͤber Ohnmachten, derer ich mich freylich nur ſchwach und unvollkommen erinnere, wirkten fuͤr mich kein Mitleiden ‒ ‒ Aber der Tod ward mir nicht gewaͤhret. Das wuͤrde eine allzu große Barmherzigkeit fuͤr mich geweſen ſeyn.
So
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Fuße nach Hampſtead gehen, wenn ich auch al-
lein die ganze Nacht durch gehen ſollte.
Hierauf ward nach einer Kutſche geſchickt,
oder vorgegeben, als wenn darnach geſchickt wuͤr-
de. Sie moͤchte koſten, was ſie wollte, ſagte er:
ſo wollte er es geben, mir gefaͤllig zu ſeyn, ob es
gleich ſo ſpaͤt waͤre; und wollte mich herzlich gern
begleiten ‒ ‒ Aber es war keine Kutſche zu be-
kommen.
Erlauben Sie mir das Uebrige kurz zuſam-
menzuziehen. Es ward von Zeit zu Zeit ſchlim-
mer mit meinem Kopfe. Bald war ich betaͤubt,
bald in Raſerey, bald ohne Empfindung. Das
ſchaͤndlichſte Weib, das auf Erden lebet, mußte
herbeykommen, mich zu ſchrecken. Niemals iſt
wohl ein ſo ſcheusliches Ungeheuer auf der Welt
geweſen, als ſie mir zu der Zeit ſchien.
Jch erinnere mich, daß ich um Barmherzig-
keit flehete ‒ ‒ Jch erinnere mich, daß ich ſagte,
ich wollte die Seinige ſeyn ‒ ‒ in Wahr-
heit, ich wollte die Seinige ſeyn ‒ ‒ damit
ich nur Barmherzigkeit erlangte ‒ ‒ Allein ich
fand keine Barmherzigkeit! ‒ ‒ Meine Kraft,
mein Verſtand, verließ mich! ‒ ‒ Und dann
folgten ſolche Aufzuͤge ‒ ‒ O meine Wertheſte,
ſolche ſchreckliche Aufzuͤge! ‒ ‒ Ohnmachten
uͤber Ohnmachten, derer ich mich freylich nur
ſchwach und unvollkommen erinnere, wirkten fuͤr
mich kein Mitleiden ‒ ‒ Aber der Tod ward mir
nicht gewaͤhret. Das wuͤrde eine allzu große
Barmherzigkeit fuͤr mich geweſen ſeyn.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/145>, abgerufen am 22.11.2024.
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