Gesinnung gewesen, und dir meine Gründe zu dieser Veränderung angegeben hätte; alsdenn aber hätte ich dich machen lassen, was du gewollt. Denn ich habe noch niemals gewußt, was es heiße, sich vor einem Kerl fürchten - - auch nicht, was es heiße, sich vor einer Weibsperson fürchten, bis ich mit Fräulein Clarissa Harlowe bekannt ward, ja, welches am meisten erstau- nenswürdig ist, bis ich sie in meiner Gewalt hatte.
Also willst du der bezaubernden Gebieterinn meines Herzens nicht anders, als unter gemesse- nen Bedingungen, deine Aufwartung machen! - - Laß es bleiben, verflucht seyst du: ich frage nichts darnach - - Aber ich trauete der Achtung, welche du gegen sie bezeuget hast, so viel, daß ich dachte, der Dienst würde dir eben so angenehm, als für mich nützlich seyn. Was war es auch anders, als daß du sie zu bereden suchtest, in die Ersetzung ihrer Ehre zu willigen? Denn was habe ich gethan, als daß ich mir selbst Schande zugezogen und mir meine eigne Ergötzungen ge- stohlen habe? - - Und wenn eine Vereinigung der Herzen, und ein Vorsatz, sich gesetzmäßig zu vermählen, da ist: was fehlet denn noch mehr, als der alberne Kirchengebrauch? - - Und dazu erbiete ich mich annoch. Will sie aber ihre Hand zurückhalten; will sie mich meine vergebens aus- recken lassen: - - wie kann ich helfen?
Jch schreibe ihr nur noch einen Brief; und wo sie nach dessen Empfang tückisch stillschwei-
get:
Geſinnung geweſen, und dir meine Gruͤnde zu dieſer Veraͤnderung angegeben haͤtte; alsdenn aber haͤtte ich dich machen laſſen, was du gewollt. Denn ich habe noch niemals gewußt, was es heiße, ſich vor einem Kerl fuͤrchten ‒ ‒ auch nicht, was es heiße, ſich vor einer Weibsperſon fuͤrchten, bis ich mit Fraͤulein Clariſſa Harlowe bekannt ward, ja, welches am meiſten erſtau- nenswuͤrdig iſt, bis ich ſie in meiner Gewalt hatte.
Alſo willſt du der bezaubernden Gebieterinn meines Herzens nicht anders, als unter gemeſſe- nen Bedingungen, deine Aufwartung machen! ‒ ‒ Laß es bleiben, verflucht ſeyſt du: ich frage nichts darnach ‒ ‒ Aber ich trauete der Achtung, welche du gegen ſie bezeuget haſt, ſo viel, daß ich dachte, der Dienſt wuͤrde dir eben ſo angenehm, als fuͤr mich nuͤtzlich ſeyn. Was war es auch anders, als daß du ſie zu bereden ſuchteſt, in die Erſetzung ihrer Ehre zu willigen? Denn was habe ich gethan, als daß ich mir ſelbſt Schande zugezogen und mir meine eigne Ergoͤtzungen ge- ſtohlen habe? ‒ ‒ Und wenn eine Vereinigung der Herzen, und ein Vorſatz, ſich geſetzmaͤßig zu vermaͤhlen, da iſt: was fehlet denn noch mehr, als der alberne Kirchengebrauch? ‒ ‒ Und dazu erbiete ich mich annoch. Will ſie aber ihre Hand zuruͤckhalten; will ſie mich meine vergebens aus- recken laſſen: ‒ ‒ wie kann ich helfen?
Jch ſchreibe ihr nur noch einen Brief; und wo ſie nach deſſen Empfang tuͤckiſch ſtillſchwei-
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Geſinnung geweſen, und dir meine Gruͤnde
zu dieſer Veraͤnderung angegeben haͤtte; alsdenn
aber haͤtte ich dich machen laſſen, was du gewollt.
Denn ich habe noch niemals gewußt, was es
heiße, ſich vor einem Kerl fuͤrchten ‒ ‒ auch
nicht, was es heiße, ſich vor einer Weibsperſon
fuͤrchten, bis ich mit Fraͤulein Clariſſa Harlowe
bekannt ward, ja, welches am meiſten erſtau-
nenswuͤrdig iſt, bis ich ſie in meiner Gewalt
hatte.
Alſo willſt du der bezaubernden Gebieterinn
meines Herzens nicht anders, als unter gemeſſe-
nen Bedingungen, deine Aufwartung machen!
‒ ‒ Laß es bleiben, verflucht ſeyſt du: ich frage
nichts darnach ‒ ‒ Aber ich trauete der Achtung,
welche du gegen ſie bezeuget haſt, ſo viel, daß ich
dachte, der Dienſt wuͤrde dir eben ſo angenehm,
als fuͤr mich nuͤtzlich ſeyn. Was war es auch
anders, als daß du ſie zu bereden ſuchteſt, in die
Erſetzung ihrer Ehre zu willigen? Denn was
habe ich gethan, als daß ich mir ſelbſt Schande
zugezogen und mir meine eigne Ergoͤtzungen ge-
ſtohlen habe? ‒ ‒ Und wenn eine Vereinigung
der Herzen, und ein Vorſatz, ſich geſetzmaͤßig zu
vermaͤhlen, da iſt: was fehlet denn noch mehr,
als der alberne Kirchengebrauch? ‒ ‒ Und dazu
erbiete ich mich annoch. Will ſie aber ihre Hand
zuruͤckhalten; will ſie mich meine vergebens aus-
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Jch ſchreibe ihr nur noch einen Brief; und
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 843. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/849>, abgerufen am 23.11.2024.
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