Das sieht ein jeder, rief Sarah - - Nur all- zu gut in Wahrheit, für Seine Gnaden, hatte ich auf der Zunge zu sagen.
Bis itzo habe ich geglaubt, daß sie meine Lie- be verdiente! Aber eine Dienstmagd so zu beste- chen, von der sie vermuthet, daß sie etwa Befehl haben möchte, aus Furcht vor einer zwoten Ent- laufung, über ihre Gänge zu wachen! Und mir diese Vorsicht als ein Verbrechen auszulegen! - - Jedoch ich muß sie lieben! - - Vergeben sie mir diese Schwachheit! - -
Jch verfluche meine seltsame Geberden und Reden! - - Wo ich Gedult habe, sie zu wieder- holen: so - - Allein du sollst sie alle erfahren - - Jch kann dir nicht verächtlicher werden, als ich mir selbst bin! - -
Wie aber, gnädiger Herr, sprach Sarah, wenn sie die gnädige Frau und das Mensch ge- gen einander hören könnten? Sie sehen, die Magd will nicht bekennen.
O meine Unachtsamkeit! schrie Dorcas - - Lassen sie meine arme Herrschaft nicht dafür leiden! - - Jn Wahrheit, wenn sie alle wüßten, was ich weiß: sie würden selbst sagen, daß der gnädigen Frauen grausam begegnet wäre.
Siehe! - - Siehe! - - Siehe! - - Sie- he! - riefen alle zugleich einmal über das andere - - Bloß die Entdeckung geht ihr nahe, wie
Jhre
Das ſieht ein jeder, rief Sarah ‒ ‒ Nur all- zu gut in Wahrheit, fuͤr Seine Gnaden, hatte ich auf der Zunge zu ſagen.
Bis itzo habe ich geglaubt, daß ſie meine Lie- be verdiente! Aber eine Dienſtmagd ſo zu beſte- chen, von der ſie vermuthet, daß ſie etwa Befehl haben moͤchte, aus Furcht vor einer zwoten Ent- laufung, uͤber ihre Gaͤnge zu wachen! Und mir dieſe Vorſicht als ein Verbrechen auszulegen! ‒ ‒ Jedoch ich muß ſie lieben! ‒ ‒ Vergeben ſie mir dieſe Schwachheit! ‒ ‒
Jch verfluche meine ſeltſame Geberden und Reden! ‒ ‒ Wo ich Gedult habe, ſie zu wieder- holen: ſo ‒ ‒ Allein du ſollſt ſie alle erfahren ‒ ‒ Jch kann dir nicht veraͤchtlicher werden, als ich mir ſelbſt bin! ‒ ‒
Wie aber, gnaͤdiger Herr, ſprach Sarah, wenn ſie die gnaͤdige Frau und das Menſch ge- gen einander hoͤren koͤnnten? Sie ſehen, die Magd will nicht bekennen.
O meine Unachtſamkeit! ſchrie Dorcas ‒ ‒ Laſſen ſie meine arme Herrſchaft nicht dafuͤr leiden! ‒ ‒ Jn Wahrheit, wenn ſie alle wuͤßten, was ich weiß: ſie wuͤrden ſelbſt ſagen, daß der gnaͤdigen Frauen grauſam begegnet waͤre.
Siehe! ‒ ‒ Siehe! ‒ ‒ Siehe! ‒ ‒ Sie- he! ‒ riefen alle zugleich einmal uͤber das andere ‒ ‒ Bloß die Entdeckung geht ihr nahe, wie
Jhre
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Das ſieht ein jeder, rief Sarah ‒ ‒ Nur all-
zu gut in Wahrheit, fuͤr Seine Gnaden, hatte
ich auf der Zunge zu ſagen.
Bis itzo habe ich geglaubt, daß ſie meine Lie-
be verdiente! Aber eine Dienſtmagd ſo zu beſte-
chen, von der ſie vermuthet, daß ſie etwa Befehl
haben moͤchte, aus Furcht vor einer zwoten Ent-
laufung, uͤber ihre Gaͤnge zu wachen! Und mir
dieſe Vorſicht als ein Verbrechen auszulegen! ‒ ‒
Jedoch ich muß ſie lieben! ‒ ‒ Vergeben ſie mir
dieſe Schwachheit! ‒ ‒
Jch verfluche meine ſeltſame Geberden und
Reden! ‒ ‒ Wo ich Gedult habe, ſie zu wieder-
holen: ſo ‒ ‒ Allein du ſollſt ſie alle erfahren
‒ ‒ Jch kann dir nicht veraͤchtlicher werden, als
ich mir ſelbſt bin! ‒ ‒
Wie aber, gnaͤdiger Herr, ſprach Sarah,
wenn ſie die gnaͤdige Frau und das Menſch ge-
gen einander hoͤren koͤnnten? Sie ſehen, die
Magd will nicht bekennen.
O meine Unachtſamkeit! ſchrie Dorcas
‒ ‒ Laſſen ſie meine arme Herrſchaft nicht dafuͤr
leiden! ‒ ‒ Jn Wahrheit, wenn ſie alle wuͤßten,
was ich weiß: ſie wuͤrden ſelbſt ſagen, daß der
gnaͤdigen Frauen grauſam begegnet waͤre.
Siehe! ‒ ‒ Siehe! ‒ ‒ Siehe! ‒ ‒ Sie-
he! ‒ riefen alle zugleich einmal uͤber das andere
‒ ‒ Bloß die Entdeckung geht ihr nahe, wie
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 806. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/812>, abgerufen am 24.11.2024.
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