Mich deucht, ich trage Verlangen zu wissen, wie es zu M. Hall stehe. Jch habe noch eine geheime Nachricht, daß der alte Lord in der größten Gefahr ist.
Jch muß hinunter reisen. Aber was ist un- terdessen mit dieser Fräulein zu machen! - - Die verfluchten Weibsleute sind voll Grausamkeit und kühner Unternehmung. Sie wird in mei- ner Abwesenheit nimmermehr geruhig bey ihnen seyn. Daher werden sie gereizet werden und ei- nen Vorwand haben. Allein wehe ihnen, wenn - -
Jedoch, was wird die Rache helfen, wenn eine gewaltsame Beschimpfung vorgegangen ist? Die zwo Nymphen werden durch eifersüchtige Wuth getrieben werden - - Und was wird ein eifersüchtiges und schon verlohrnes Weibsbild zu- rückhalten!
Daß ich sie an einen andern Ort gehen las- sen sollte, das läßt sich nicht thun. Jch bin noch entschlossen, ehrlich zu seyn: wo sie mir Hoffnung machen; wo sie mich ehrlich seyn lassen will - - Jnzwischen will ich sehen, wie sie sich nach dem Streit, den sie unserer letzten Unterredung wegen, gewiß zwischen ihrem Unwillen und dem nicht un- gegründeten Schrecken finden wird, bezeigen wer- de. - - Also mag diese Sache bis morgen ru- hen. Jch will noch einmal wieder auf den alten Lord kommen.
Jch mache mir schon die Rechnung, daß ich viele Mühe haben werde, bey dem erwarteten
Vorfalle
Mich deucht, ich trage Verlangen zu wiſſen, wie es zu M. Hall ſtehe. Jch habe noch eine geheime Nachricht, daß der alte Lord in der groͤßten Gefahr iſt.
Jch muß hinunter reiſen. Aber was iſt un- terdeſſen mit dieſer Fraͤulein zu machen! ‒ ‒ Die verfluchten Weibsleute ſind voll Grauſamkeit und kuͤhner Unternehmung. Sie wird in mei- ner Abweſenheit nimmermehr geruhig bey ihnen ſeyn. Daher werden ſie gereizet werden und ei- nen Vorwand haben. Allein wehe ihnen, wenn ‒ ‒
Jedoch, was wird die Rache helfen, wenn eine gewaltſame Beſchimpfung vorgegangen iſt? Die zwo Nymphen werden durch eiferſuͤchtige Wuth getrieben werden ‒ ‒ Und was wird ein eiferſuͤchtiges und ſchon verlohrnes Weibsbild zu- ruͤckhalten!
Daß ich ſie an einen andern Ort gehen laſ- ſen ſollte, das laͤßt ſich nicht thun. Jch bin noch entſchloſſen, ehrlich zu ſeyn: wo ſie mir Hoffnung machen; wo ſie mich ehrlich ſeyn laſſen will ‒ ‒ Jnzwiſchen will ich ſehen, wie ſie ſich nach dem Streit, den ſie unſerer letzten Unterredung wegen, gewiß zwiſchen ihrem Unwillen und dem nicht un- gegruͤndeten Schrecken finden wird, bezeigen wer- de. ‒ ‒ Alſo mag dieſe Sache bis morgen ru- hen. Jch will noch einmal wieder auf den alten Lord kommen.
Jch mache mir ſchon die Rechnung, daß ich viele Muͤhe haben werde, bey dem erwarteten
Vorfalle
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Mich deucht, ich trage Verlangen zu wiſſen,
wie es zu M. Hall ſtehe. Jch habe noch eine
geheime Nachricht, daß der alte Lord in der groͤßten
Gefahr iſt.
Jch muß hinunter reiſen. Aber was iſt un-
terdeſſen mit dieſer Fraͤulein zu machen! ‒ ‒
Die verfluchten Weibsleute ſind voll Grauſamkeit
und kuͤhner Unternehmung. Sie wird in mei-
ner Abweſenheit nimmermehr geruhig bey ihnen
ſeyn. Daher werden ſie gereizet werden und ei-
nen Vorwand haben. Allein wehe ihnen,
wenn ‒ ‒
Jedoch, was wird die Rache helfen, wenn
eine gewaltſame Beſchimpfung vorgegangen iſt?
Die zwo Nymphen werden durch eiferſuͤchtige
Wuth getrieben werden ‒ ‒ Und was wird ein
eiferſuͤchtiges und ſchon verlohrnes Weibsbild zu-
ruͤckhalten!
Daß ich ſie an einen andern Ort gehen laſ-
ſen ſollte, das laͤßt ſich nicht thun. Jch bin noch
entſchloſſen, ehrlich zu ſeyn: wo ſie mir Hoffnung
machen; wo ſie mich ehrlich ſeyn laſſen will ‒ ‒
Jnzwiſchen will ich ſehen, wie ſie ſich nach dem
Streit, den ſie unſerer letzten Unterredung wegen,
gewiß zwiſchen ihrem Unwillen und dem nicht un-
gegruͤndeten Schrecken finden wird, bezeigen wer-
de. ‒ ‒ Alſo mag dieſe Sache bis morgen ru-
hen. Jch will noch einmal wieder auf den alten
Lord kommen.
Jch mache mir ſchon die Rechnung, daß ich
viele Muͤhe haben werde, bey dem erwarteten
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 783. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/789>, abgerufen am 22.11.2024.
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