Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



noch mache ich ihnen keine Hoffnung - - Von
ganzem Herzen verab - -

Sagen sie nicht, gnädige Fräulein, daß sie
mich verabscheuen - - - Sie müssen, um ih-
res eignen Bestens willen, ihren Haß verbergen
- - wenigstens nicht ausdrücklich gestehen - -
Jch ergriff ihre Hand.

Lassen sie mich weggehen - - Lassen sie mich
weggehen, sprach sie beynahe außer Athem.

Jch will nur sagen, gnädige Fräulein, daß
ich mich auf ihre Großmuth berufe. Meinem
Herzen ist in diesem Augenblick nicht zu trauen.
Zu einem Zeichen meiner Unterwerfung zu ihrem
Willen sollen sie weggehen, wo es ihnen beliebt
- - Aber ich will nicht nach M. Hall abreisen
- - Mein Onkel mag leben, oder sterben, ich will
nicht nach M. Hall abreisen - - sondern will
die Erfüllung ihres Versprechens erwarten. Er-
innern sie sich, gnädige Fräulein, sie haben mir
versprochen, daß sie sich zu beruhigen suchen
wollten, bis sie sehen würden, was am künf-
tigen Donnerstag erfolgete.
- - Künftigen
Donnerstag, erinnern sie sich, kommt ihr Onkel
herauf, uns vermählt zu sehen. - - Das ist es,
was erfolgen wird.
- - Sie denken übel von
ihrem Lovelace - - Lassen sie ihre eigne Grund-
sätze der Tugend durch sein ansteckendes Bey-
spiel, wie sie es nannten, nicht ihren Werth ver-
lieren.

So flog die bezaubernde Schöne mit dieser
halben Erlaubniß davon - - und dachte sonder

Zwei-



noch mache ich ihnen keine Hoffnung ‒ ‒ Von
ganzem Herzen verab ‒ ‒

Sagen ſie nicht, gnaͤdige Fraͤulein, daß ſie
mich verabſcheuen ‒ ‒ ‒ Sie muͤſſen, um ih-
res eignen Beſtens willen, ihren Haß verbergen
‒ ‒ wenigſtens nicht ausdruͤcklich geſtehen ‒ ‒
Jch ergriff ihre Hand.

Laſſen ſie mich weggehen ‒ ‒ Laſſen ſie mich
weggehen, ſprach ſie beynahe außer Athem.

Jch will nur ſagen, gnaͤdige Fraͤulein, daß
ich mich auf ihre Großmuth berufe. Meinem
Herzen iſt in dieſem Augenblick nicht zu trauen.
Zu einem Zeichen meiner Unterwerfung zu ihrem
Willen ſollen ſie weggehen, wo es ihnen beliebt
‒ ‒ Aber ich will nicht nach M. Hall abreiſen
‒ ‒ Mein Onkel mag leben, oder ſterben, ich will
nicht nach M. Hall abreiſen ‒ ‒ ſondern will
die Erfuͤllung ihres Verſprechens erwarten. Er-
innern ſie ſich, gnaͤdige Fraͤulein, ſie haben mir
verſprochen, daß ſie ſich zu beruhigen ſuchen
wollten, bis ſie ſehen wuͤrden, was am kuͤnf-
tigen Donnerſtag erfolgete.
‒ ‒ Kuͤnftigen
Donnerſtag, erinnern ſie ſich, kommt ihr Onkel
herauf, uns vermaͤhlt zu ſehen. ‒ ‒ Das iſt es,
was erfolgen wird.
‒ ‒ Sie denken uͤbel von
ihrem Lovelace ‒ ‒ Laſſen ſie ihre eigne Grund-
ſaͤtze der Tugend durch ſein anſteckendes Bey-
ſpiel, wie ſie es nannten, nicht ihren Werth ver-
lieren.

So flog die bezaubernde Schoͤne mit dieſer
halben Erlaubniß davon ‒ ‒ und dachte ſonder

Zwei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0786" n="780"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
noch mache ich ihnen keine Hoffnung &#x2012; &#x2012; Von<lb/>
ganzem Herzen verab &#x2012; &#x2012;</p><lb/>
          <p>Sagen &#x017F;ie nicht, gna&#x0364;dige Fra&#x0364;ulein, daß &#x017F;ie<lb/>
mich <hi rendition="#fr">verab&#x017F;cheuen</hi> &#x2012; &#x2012; &#x2012; Sie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, um ih-<lb/>
res eignen Be&#x017F;tens willen, ihren Haß verbergen<lb/>
&#x2012; &#x2012; wenig&#x017F;tens nicht ausdru&#x0364;cklich ge&#x017F;tehen &#x2012; &#x2012;<lb/>
Jch ergriff ihre Hand.</p><lb/>
          <p>La&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie mich weggehen &#x2012; &#x2012; La&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie mich<lb/>
weggehen, &#x017F;prach &#x017F;ie beynahe außer Athem.</p><lb/>
          <p>Jch will nur &#x017F;agen, gna&#x0364;dige Fra&#x0364;ulein, daß<lb/>
ich mich auf ihre Großmuth berufe. Meinem<lb/>
Herzen i&#x017F;t in die&#x017F;em Augenblick nicht zu trauen.<lb/>
Zu einem Zeichen meiner Unterwerfung zu ihrem<lb/>
Willen &#x017F;ollen &#x017F;ie weggehen, <hi rendition="#fr">wo es ihnen beliebt</hi><lb/>
&#x2012; &#x2012; Aber ich will nicht nach M. Hall abrei&#x017F;en<lb/>
&#x2012; &#x2012; Mein Onkel mag leben, oder &#x017F;terben, ich will<lb/>
nicht nach M. Hall abrei&#x017F;en &#x2012; &#x2012; &#x017F;ondern will<lb/>
die Erfu&#x0364;llung ihres Ver&#x017F;prechens erwarten. Er-<lb/>
innern &#x017F;ie &#x017F;ich, gna&#x0364;dige Fra&#x0364;ulein, &#x017F;ie haben mir<lb/>
ver&#x017F;prochen, <hi rendition="#fr">daß &#x017F;ie &#x017F;ich zu beruhigen &#x017F;uchen<lb/>
wollten, bis &#x017F;ie &#x017F;ehen wu&#x0364;rden, was am ku&#x0364;nf-<lb/>
tigen Donner&#x017F;tag erfolgete.</hi> &#x2012; &#x2012; Ku&#x0364;nftigen<lb/>
Donner&#x017F;tag, erinnern &#x017F;ie &#x017F;ich, kommt ihr Onkel<lb/>
herauf, uns verma&#x0364;hlt zu &#x017F;ehen. &#x2012; &#x2012; Das <hi rendition="#fr">i&#x017F;t es,<lb/>
was erfolgen wird.</hi> &#x2012; &#x2012; Sie denken u&#x0364;bel von<lb/>
ihrem Lovelace &#x2012; &#x2012; La&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie ihre eigne Grund-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;tze der Tugend durch &#x017F;ein <hi rendition="#fr">an&#x017F;teckendes</hi> Bey-<lb/>
&#x017F;piel, wie &#x017F;ie es nannten, nicht ihren Werth ver-<lb/>
lieren.</p><lb/>
          <p>So flog die bezaubernde Scho&#x0364;ne mit die&#x017F;er<lb/>
halben Erlaubniß davon &#x2012; &#x2012; und dachte &#x017F;onder<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Zwei-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[780/0786] noch mache ich ihnen keine Hoffnung ‒ ‒ Von ganzem Herzen verab ‒ ‒ Sagen ſie nicht, gnaͤdige Fraͤulein, daß ſie mich verabſcheuen ‒ ‒ ‒ Sie muͤſſen, um ih- res eignen Beſtens willen, ihren Haß verbergen ‒ ‒ wenigſtens nicht ausdruͤcklich geſtehen ‒ ‒ Jch ergriff ihre Hand. Laſſen ſie mich weggehen ‒ ‒ Laſſen ſie mich weggehen, ſprach ſie beynahe außer Athem. Jch will nur ſagen, gnaͤdige Fraͤulein, daß ich mich auf ihre Großmuth berufe. Meinem Herzen iſt in dieſem Augenblick nicht zu trauen. Zu einem Zeichen meiner Unterwerfung zu ihrem Willen ſollen ſie weggehen, wo es ihnen beliebt ‒ ‒ Aber ich will nicht nach M. Hall abreiſen ‒ ‒ Mein Onkel mag leben, oder ſterben, ich will nicht nach M. Hall abreiſen ‒ ‒ ſondern will die Erfuͤllung ihres Verſprechens erwarten. Er- innern ſie ſich, gnaͤdige Fraͤulein, ſie haben mir verſprochen, daß ſie ſich zu beruhigen ſuchen wollten, bis ſie ſehen wuͤrden, was am kuͤnf- tigen Donnerſtag erfolgete. ‒ ‒ Kuͤnftigen Donnerſtag, erinnern ſie ſich, kommt ihr Onkel herauf, uns vermaͤhlt zu ſehen. ‒ ‒ Das iſt es, was erfolgen wird. ‒ ‒ Sie denken uͤbel von ihrem Lovelace ‒ ‒ Laſſen ſie ihre eigne Grund- ſaͤtze der Tugend durch ſein anſteckendes Bey- ſpiel, wie ſie es nannten, nicht ihren Werth ver- lieren. So flog die bezaubernde Schoͤne mit dieſer halben Erlaubniß davon ‒ ‒ und dachte ſonder Zwei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/786
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 780. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/786>, abgerufen am 22.11.2024.