dich, verlaß mich nicht! - - Darauf ließ sie ihre Dorcas los, warf sich in der obersten Ecke des Zimmers auf die Kniee, schlug ihre Hände um einen Stuhl und legte ihr Gesicht auf den Sitz. - - O wo kann ich sicher seyn? - - Wo, wo kann ich vor diesem Menschen, der zu nichts als zu Gewaltthätigkeiten aufgeleget ist, sicher seyn? - -
Dieß gab der Dorcas eine bequeme Gelegen- heit, das Vertrauen ihrer Fräulein zu ihr noch mehr zu befestigen. Die Hure fiel mir zu den Füßen, da ich heftig zu zürnen schien und u mfaß- te meine Kniee - - Tödten sie mich, gnädiger Herr, tödten sie mich, gnädiger Herr, wenn es ihnen so gefällt - - Jch muß mich ihnen in den Weg stellen, meine Fräulein zu retten - - Hal- ten sie es mir zu Gnaden - - es ist nicht an- ders möglich, sie müssen aufgebracht seyn! - - Gott vergebe es den Unglücksstistern - - Ge- wiß ihr eignes Herz würde dieß nicht zugeben: wenn es sich selbst gelassen wäre! - - Schonen sie aber doch, gnädiger Herr, schonen sie meiner Fräulein, ich bitte sie! - - Sie polterte auf den Kniee um mich herum: als wenn ich willens ge- wesen wäre, mich zu der Fräulein zu nähern, wo sie mich nicht abgehalten hätte.
Jch bezeigte mich unwillig. Fort, du Teu- fel! - - Dienstfertiger Teufel, fort! - - Dieß machte das liebe Kind stutzig. Sie reckte den Kopf geschwinde in die Höhe und zog ihn eben so geschwinde wiederum nieder. Darüber stieß sie,
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dich, verlaß mich nicht! ‒ ‒ Darauf ließ ſie ihre Dorcas los, warf ſich in der oberſten Ecke des Zimmers auf die Kniee, ſchlug ihre Haͤnde um einen Stuhl und legte ihr Geſicht auf den Sitz. ‒ ‒ O wo kann ich ſicher ſeyn? ‒ ‒ Wo, wo kann ich vor dieſem Menſchen, der zu nichts als zu Gewaltthaͤtigkeiten aufgeleget iſt, ſicher ſeyn? ‒ ‒
Dieß gab der Dorcas eine bequeme Gelegen- heit, das Vertrauen ihrer Fraͤulein zu ihr noch mehr zu befeſtigen. Die Hure fiel mir zu den Fuͤßen, da ich heftig zu zuͤrnen ſchien und u mfaß- te meine Kniee ‒ ‒ Toͤdten ſie mich, gnaͤdiger Herr, toͤdten ſie mich, gnaͤdiger Herr, wenn es ihnen ſo gefaͤllt ‒ ‒ Jch muß mich ihnen in den Weg ſtellen, meine Fraͤulein zu retten ‒ ‒ Hal- ten ſie es mir zu Gnaden ‒ ‒ es iſt nicht an- ders moͤglich, ſie muͤſſen aufgebracht ſeyn! ‒ ‒ Gott vergebe es den Ungluͤcksſtiſtern ‒ ‒ Ge- wiß ihr eignes Herz wuͤrde dieß nicht zugeben: wenn es ſich ſelbſt gelaſſen waͤre! ‒ ‒ Schonen ſie aber doch, gnaͤdiger Herr, ſchonen ſie meiner Fraͤulein, ich bitte ſie! ‒ ‒ Sie polterte auf den Kniee um mich herum: als wenn ich willens ge- weſen waͤre, mich zu der Fraͤulein zu naͤhern, wo ſie mich nicht abgehalten haͤtte.
Jch bezeigte mich unwillig. Fort, du Teu- fel! ‒ ‒ Dienſtfertiger Teufel, fort! ‒ ‒ Dieß machte das liebe Kind ſtutzig. Sie reckte den Kopf geſchwinde in die Hoͤhe und zog ihn eben ſo geſchwinde wiederum nieder. Daruͤber ſtieß ſie,
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dich, verlaß mich nicht! ‒ ‒ Darauf ließ ſie ihre
Dorcas los, warf ſich in der oberſten Ecke des
Zimmers auf die Kniee, ſchlug ihre Haͤnde um
einen Stuhl und legte ihr Geſicht auf den Sitz.
‒ ‒ O wo kann ich ſicher ſeyn? ‒ ‒ Wo, wo
kann ich vor dieſem Menſchen, der zu nichts als
zu Gewaltthaͤtigkeiten aufgeleget iſt, ſicher
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Dieß gab der Dorcas eine bequeme Gelegen-
heit, das Vertrauen ihrer Fraͤulein zu ihr noch
mehr zu befeſtigen. Die Hure fiel mir zu den
Fuͤßen, da ich heftig zu zuͤrnen ſchien und u mfaß-
te meine Kniee ‒ ‒ Toͤdten ſie mich, gnaͤdiger
Herr, toͤdten ſie mich, gnaͤdiger Herr, wenn es
ihnen ſo gefaͤllt ‒ ‒ Jch muß mich ihnen in den
Weg ſtellen, meine Fraͤulein zu retten ‒ ‒ Hal-
ten ſie es mir zu Gnaden ‒ ‒ es iſt nicht an-
ders moͤglich, ſie muͤſſen aufgebracht ſeyn! ‒ ‒
Gott vergebe es den Ungluͤcksſtiſtern ‒ ‒ Ge-
wiß ihr eignes Herz wuͤrde dieß nicht zugeben:
wenn es ſich ſelbſt gelaſſen waͤre! ‒ ‒ Schonen
ſie aber doch, gnaͤdiger Herr, ſchonen ſie meiner
Fraͤulein, ich bitte ſie! ‒ ‒ Sie polterte auf den
Kniee um mich herum: als wenn ich willens ge-
weſen waͤre, mich zu der Fraͤulein zu naͤhern, wo
ſie mich nicht abgehalten haͤtte.
Jch bezeigte mich unwillig. Fort, du Teu-
fel! ‒ ‒ Dienſtfertiger Teufel, fort! ‒ ‒ Dieß
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 697. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/703>, abgerufen am 23.11.2024.
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