schiedenen Seelen meiner Voreltern, als der guten Gesinnung der noch lebenden, seyn würde.
Aber sie blieb beständig dabey, daß sie frey handeln und sich vorher in einer andern Woh- nung befinden müßte, ehe sie meine Vorstellun- gen der geringsten Betrachtung würdigen woll- te. Ja sie wollte mir auch alsdenn keine Gunst zusagen, noch mir Besuche erlauben. Wie könn- te ich denn, fragte ich sie, ihr Begehren genehm halten, ohne daß ich mich entschließen müßte, sie auf ewig zu verlieren?
Sie legte ihre Hand oft an den Kopf, wenn sie redete. Endlich schützte sie Kopfschmerzen vor, und ging weg. Keines von uns beyden war mit dem andern zufrieden: doch sie war noch zehn mal weniger mit mir zufrieden, als ich mit ihr.
Dorcas scheint sich bey ihr in Gunst gesetzt zu haben - -
Was nun! - - Was nun! - -
Montags Abends.
Wie steif besteht diese Fräulein auf ihren Kopf! - - Noch einmal wäre sie uns beynahe entwischet! - - Was für ein unbeweglicher Wi- derwillen! - - Sie hatte bloß zu dem Ende, wie ich finde, sich ein wenig ruhiger gestellt, damit sie den Verdacht vermindern möchte. Sie war hin- unter gegangen, und hatte schon wirklich die Thü- re nach der Gasse zu aufgeriegelt: ehe ich an sie kommen konnte; da mich die Köchinn der Frau Sinclair rege gemacht hatte, welche sie allein
vorbey
ſchiedenen Seelen meiner Voreltern, als der guten Geſinnung der noch lebenden, ſeyn wuͤrde.
Aber ſie blieb beſtaͤndig dabey, daß ſie frey handeln und ſich vorher in einer andern Woh- nung befinden muͤßte, ehe ſie meine Vorſtellun- gen der geringſten Betrachtung wuͤrdigen woll- te. Ja ſie wollte mir auch alsdenn keine Gunſt zuſagen, noch mir Beſuche erlauben. Wie koͤnn- te ich denn, fragte ich ſie, ihr Begehren genehm halten, ohne daß ich mich entſchließen muͤßte, ſie auf ewig zu verlieren?
Sie legte ihre Hand oft an den Kopf, wenn ſie redete. Endlich ſchuͤtzte ſie Kopfſchmerzen vor, und ging weg. Keines von uns beyden war mit dem andern zufrieden: doch ſie war noch zehn mal weniger mit mir zufrieden, als ich mit ihr.
Dorcas ſcheint ſich bey ihr in Gunſt geſetzt zu haben ‒ ‒
Was nun! ‒ ‒ Was nun! ‒ ‒
Montags Abends.
Wie ſteif beſteht dieſe Fraͤulein auf ihren Kopf! ‒ ‒ Noch einmal waͤre ſie uns beynahe entwiſchet! ‒ ‒ Was fuͤr ein unbeweglicher Wi- derwillen! ‒ ‒ Sie hatte bloß zu dem Ende, wie ich finde, ſich ein wenig ruhiger geſtellt, damit ſie den Verdacht vermindern moͤchte. Sie war hin- unter gegangen, und hatte ſchon wirklich die Thuͤ- re nach der Gaſſe zu aufgeriegelt: ehe ich an ſie kommen konnte; da mich die Koͤchinn der Frau Sinclair rege gemacht hatte, welche ſie allein
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ſchiedenen Seelen meiner Voreltern, als der
guten Geſinnung der noch lebenden, ſeyn wuͤrde.
Aber ſie blieb beſtaͤndig dabey, daß ſie frey
handeln und ſich vorher in einer andern Woh-
nung befinden muͤßte, ehe ſie meine Vorſtellun-
gen der geringſten Betrachtung wuͤrdigen woll-
te. Ja ſie wollte mir auch alsdenn keine Gunſt
zuſagen, noch mir Beſuche erlauben. Wie koͤnn-
te ich denn, fragte ich ſie, ihr Begehren genehm
halten, ohne daß ich mich entſchließen muͤßte, ſie
auf ewig zu verlieren?
Sie legte ihre Hand oft an den Kopf, wenn
ſie redete. Endlich ſchuͤtzte ſie Kopfſchmerzen vor,
und ging weg. Keines von uns beyden war mit
dem andern zufrieden: doch ſie war noch zehn
mal weniger mit mir zufrieden, als ich mit ihr.
Dorcas ſcheint ſich bey ihr in Gunſt geſetzt
zu haben ‒ ‒
Was nun! ‒ ‒ Was nun! ‒ ‒
Montags Abends.
Wie ſteif beſteht dieſe Fraͤulein auf ihren
Kopf! ‒ ‒ Noch einmal waͤre ſie uns beynahe
entwiſchet! ‒ ‒ Was fuͤr ein unbeweglicher Wi-
derwillen! ‒ ‒ Sie hatte bloß zu dem Ende, wie
ich finde, ſich ein wenig ruhiger geſtellt, damit ſie
den Verdacht vermindern moͤchte. Sie war hin-
unter gegangen, und hatte ſchon wirklich die Thuͤ-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 692. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/698>, abgerufen am 23.11.2024.
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