Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



fest, kann es; und ich versichere dich, Er wird
es thun. Aber wo du wirklich die Regungen
des Gewissens fühlest; wo du in der That über
deine undankbare Niederträchtigkeit empfindlich
bist, und bey Anführung des heiligen Beyspieles,
daß du mir zur Nachahmung anpreisest, etwas
gedenkest: so laß mich in diesem Augenblick, da
deine vorgegebene Reue noch währet, dich durch
und durch erforschen. Aus deiner Antwort will
ich urtheilen, ob dein Vorgeben aufrichtig ist.

Sage mir denn: Jst wirklich etwas an dem
Vergleich, der nach deinem Vorgeben zwischen
meinem Onkel, dem Capitain Tomlinson und dir
im Werke seyn soll? - - Sage und bedenke dich
nicht erst lange: Jst etwas wahres an der Ge-
schichte? - - Allein überlege, wo es nicht ist,
und du es doch bekräftigest, was für eine fernere
Verdammung deine Betheurung nach sich ziehen
müsse, wenn sie so feyerlich geschiehet, als ich es
verlange!

Dieß war ein verfluchter Angriff. Was konn-
te ich sagen? - - Gewiß, dachte ich, diese un-
barmherzige Fräulein will mich verdammen, und
beschuldigt mich doch, als wenn ich etwas wider
ihre Seele zu unternehmen willens wäre! - -
War ich aber nicht genöthigt fortzufahren, wie
ich angefangen hatte?

Kurz, ich betheurete feyerlich, daß die Ge-
schichte wahr sey! - - Wie führt doch eine Sün-
de immer zu der andern! daß ich mit den From-
men rede.

Jch



feſt, kann es; und ich verſichere dich, Er wird
es thun. Aber wo du wirklich die Regungen
des Gewiſſens fuͤhleſt; wo du in der That uͤber
deine undankbare Niedertraͤchtigkeit empfindlich
biſt, und bey Anfuͤhrung des heiligen Beyſpieles,
daß du mir zur Nachahmung anpreiſeſt, etwas
gedenkeſt: ſo laß mich in dieſem Augenblick, da
deine vorgegebene Reue noch waͤhret, dich durch
und durch erforſchen. Aus deiner Antwort will
ich urtheilen, ob dein Vorgeben aufrichtig iſt.

Sage mir denn: Jſt wirklich etwas an dem
Vergleich, der nach deinem Vorgeben zwiſchen
meinem Onkel, dem Capitain Tomlinſon und dir
im Werke ſeyn ſoll? ‒ ‒ Sage und bedenke dich
nicht erſt lange: Jſt etwas wahres an der Ge-
ſchichte? ‒ ‒ Allein uͤberlege, wo es nicht iſt,
und du es doch bekraͤftigeſt, was fuͤr eine fernere
Verdammung deine Betheurung nach ſich ziehen
muͤſſe, wenn ſie ſo feyerlich geſchiehet, als ich es
verlange!

Dieß war ein verfluchter Angriff. Was konn-
te ich ſagen? ‒ ‒ Gewiß, dachte ich, dieſe un-
barmherzige Fraͤulein will mich verdammen, und
beſchuldigt mich doch, als wenn ich etwas wider
ihre Seele zu unternehmen willens waͤre! ‒ ‒
War ich aber nicht genoͤthigt fortzufahren, wie
ich angefangen hatte?

Kurz, ich betheurete feyerlich, daß die Ge-
ſchichte wahr ſey! ‒ ‒ Wie fuͤhrt doch eine Suͤn-
de immer zu der andern! daß ich mit den From-
men rede.

Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0688" n="682"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
fe&#x017F;t, kann es; und ich ver&#x017F;ichere dich, <hi rendition="#fr">Er</hi> wird<lb/>
es thun. Aber wo du <hi rendition="#fr">wirklich</hi> die Regungen<lb/>
des Gewi&#x017F;&#x017F;ens fu&#x0364;hle&#x017F;t; wo du <hi rendition="#fr">in der That</hi> u&#x0364;ber<lb/>
deine undankbare Niedertra&#x0364;chtigkeit empfindlich<lb/>
bi&#x017F;t, und bey Anfu&#x0364;hrung des heiligen Bey&#x017F;pieles,<lb/>
daß du mir zur Nachahmung anprei&#x017F;e&#x017F;t, etwas<lb/>
gedenke&#x017F;t: &#x017F;o laß mich in die&#x017F;em Augenblick, da<lb/>
deine vorgegebene Reue noch wa&#x0364;hret, dich durch<lb/>
und durch erfor&#x017F;chen. Aus deiner Antwort will<lb/>
ich urtheilen, ob dein Vorgeben aufrichtig i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Sage mir denn: J&#x017F;t wirklich etwas an dem<lb/>
Vergleich, der nach deinem Vorgeben zwi&#x017F;chen<lb/>
meinem Onkel, dem Capitain Tomlin&#x017F;on und dir<lb/>
im Werke &#x017F;eyn &#x017F;oll? &#x2012; &#x2012; Sage und bedenke dich<lb/>
nicht er&#x017F;t lange: J&#x017F;t etwas wahres an der Ge-<lb/>
&#x017F;chichte? &#x2012; &#x2012; Allein u&#x0364;berlege, wo es <hi rendition="#fr">nicht</hi> i&#x017F;t,<lb/>
und du <hi rendition="#fr">es</hi> doch bekra&#x0364;ftige&#x017F;t, was fu&#x0364;r eine fernere<lb/>
Verdammung deine Betheurung nach &#x017F;ich ziehen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, wenn &#x017F;ie &#x017F;o feyerlich ge&#x017F;chiehet, als ich es<lb/>
verlange!</p><lb/>
          <p>Dieß war ein verfluchter Angriff. Was konn-<lb/>
te ich &#x017F;agen? &#x2012; &#x2012; Gewiß, dachte ich, die&#x017F;e un-<lb/>
barmherzige Fra&#x0364;ulein will mich verdammen, und<lb/>
be&#x017F;chuldigt mich doch, als wenn ich etwas wider<lb/>
ihre Seele zu unternehmen willens wa&#x0364;re! &#x2012; &#x2012;<lb/>
War ich aber nicht geno&#x0364;thigt fortzufahren, wie<lb/>
ich angefangen hatte?</p><lb/>
          <p>Kurz, ich betheurete feyerlich, daß die Ge-<lb/>
&#x017F;chichte wahr &#x017F;ey! &#x2012; &#x2012; Wie fu&#x0364;hrt doch eine Su&#x0364;n-<lb/>
de immer zu der andern! daß ich mit den From-<lb/>
men rede.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[682/0688] feſt, kann es; und ich verſichere dich, Er wird es thun. Aber wo du wirklich die Regungen des Gewiſſens fuͤhleſt; wo du in der That uͤber deine undankbare Niedertraͤchtigkeit empfindlich biſt, und bey Anfuͤhrung des heiligen Beyſpieles, daß du mir zur Nachahmung anpreiſeſt, etwas gedenkeſt: ſo laß mich in dieſem Augenblick, da deine vorgegebene Reue noch waͤhret, dich durch und durch erforſchen. Aus deiner Antwort will ich urtheilen, ob dein Vorgeben aufrichtig iſt. Sage mir denn: Jſt wirklich etwas an dem Vergleich, der nach deinem Vorgeben zwiſchen meinem Onkel, dem Capitain Tomlinſon und dir im Werke ſeyn ſoll? ‒ ‒ Sage und bedenke dich nicht erſt lange: Jſt etwas wahres an der Ge- ſchichte? ‒ ‒ Allein uͤberlege, wo es nicht iſt, und du es doch bekraͤftigeſt, was fuͤr eine fernere Verdammung deine Betheurung nach ſich ziehen muͤſſe, wenn ſie ſo feyerlich geſchiehet, als ich es verlange! Dieß war ein verfluchter Angriff. Was konn- te ich ſagen? ‒ ‒ Gewiß, dachte ich, dieſe un- barmherzige Fraͤulein will mich verdammen, und beſchuldigt mich doch, als wenn ich etwas wider ihre Seele zu unternehmen willens waͤre! ‒ ‒ War ich aber nicht genoͤthigt fortzufahren, wie ich angefangen hatte? Kurz, ich betheurete feyerlich, daß die Ge- ſchichte wahr ſey! ‒ ‒ Wie fuͤhrt doch eine Suͤn- de immer zu der andern! daß ich mit den From- men rede. Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/688
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 682. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/688>, abgerufen am 22.11.2024.