Allein solche Mägdchen von hohem Geiste und von erhabnem Gemüthe, die einmal schei- nende Lichter und Muster für die Uebrigen von dem schönen Geschlechte abgeben wollen; nun se- he ich, daß es wirklich dergleichen giebt; sind so schwer unter die gemeine Fahne zu bringen, daß ein weiser Mann, der seine Gemüthsruhe der Ehre, eine von diesem hohen Range zu überwin- den, vorziehet, ihnen nichts zu sagen haben würde.
Jch thue alles, was mir möglich ist, ihr Ge- müth zu beruhigen, so oft ich mich mit Gewalt zu ihr dränge.
Einen Augenblick bitte ich um Verzeihung: den andern gelobe ich Treue und Ehre.
Jch hätte sie anfangs gern überredet, daß wir wirklich getrauet wären, und erbot mich Zeugen dafür zu bringen. Ob sie gleich den Trauschein in Händen hatte: so dachte ich doch, dieß Vor- geben würde bey ihrer Verwirrung durchgehen, und versprach mir davon treffliche Folgen. Aber es wollte nicht angehen - -
Jch gab also diese Hoffnung auf: und itzo erkläre ich mich gegen sie, daß mein fester Ent- schluß sey, sie zu heyrathen, so bald nur ihr On- kel Harlowe melden würde, daß er die feyerliche Handlung mit seiner Gegenwart zieren wolle.
Allein sie glaubt kein Wort von dem, was ich sage. Sie kann mich auch nicht gelassen vor Augen sehen: weder wenn sie ihrer Sinne mäch- tig ist, noch sonst.
Jch
Allein ſolche Maͤgdchen von hohem Geiſte und von erhabnem Gemuͤthe, die einmal ſchei- nende Lichter und Muſter fuͤr die Uebrigen von dem ſchoͤnen Geſchlechte abgeben wollen; nun ſe- he ich, daß es wirklich dergleichen giebt; ſind ſo ſchwer unter die gemeine Fahne zu bringen, daß ein weiſer Mann, der ſeine Gemuͤthsruhe der Ehre, eine von dieſem hohen Range zu uͤberwin- den, vorziehet, ihnen nichts zu ſagen haben wuͤrde.
Jch thue alles, was mir moͤglich iſt, ihr Ge- muͤth zu beruhigen, ſo oft ich mich mit Gewalt zu ihr draͤnge.
Einen Augenblick bitte ich um Verzeihung: den andern gelobe ich Treue und Ehre.
Jch haͤtte ſie anfangs gern uͤberredet, daß wir wirklich getrauet waͤren, und erbot mich Zeugen dafuͤr zu bringen. Ob ſie gleich den Trauſchein in Haͤnden hatte: ſo dachte ich doch, dieß Vor- geben wuͤrde bey ihrer Verwirrung durchgehen, und verſprach mir davon treffliche Folgen. Aber es wollte nicht angehen ‒ ‒
Jch gab alſo dieſe Hoffnung auf: und itzo erklaͤre ich mich gegen ſie, daß mein feſter Ent- ſchluß ſey, ſie zu heyrathen, ſo bald nur ihr On- kel Harlowe melden wuͤrde, daß er die feyerliche Handlung mit ſeiner Gegenwart zieren wolle.
Allein ſie glaubt kein Wort von dem, was ich ſage. Sie kann mich auch nicht gelaſſen vor Augen ſehen: weder wenn ſie ihrer Sinne maͤch- tig iſt, noch ſonſt.
Jch
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[614/0620]
Allein ſolche Maͤgdchen von hohem Geiſte
und von erhabnem Gemuͤthe, die einmal ſchei-
nende Lichter und Muſter fuͤr die Uebrigen von
dem ſchoͤnen Geſchlechte abgeben wollen; nun ſe-
he ich, daß es wirklich dergleichen giebt; ſind ſo
ſchwer unter die gemeine Fahne zu bringen, daß
ein weiſer Mann, der ſeine Gemuͤthsruhe der
Ehre, eine von dieſem hohen Range zu uͤberwin-
den, vorziehet, ihnen nichts zu ſagen haben
wuͤrde.
Jch thue alles, was mir moͤglich iſt, ihr Ge-
muͤth zu beruhigen, ſo oft ich mich mit Gewalt
zu ihr draͤnge.
Einen Augenblick bitte ich um Verzeihung:
den andern gelobe ich Treue und Ehre.
Jch haͤtte ſie anfangs gern uͤberredet, daß wir
wirklich getrauet waͤren, und erbot mich Zeugen
dafuͤr zu bringen. Ob ſie gleich den Trauſchein
in Haͤnden hatte: ſo dachte ich doch, dieß Vor-
geben wuͤrde bey ihrer Verwirrung durchgehen, und
verſprach mir davon treffliche Folgen. Aber es
wollte nicht angehen ‒ ‒
Jch gab alſo dieſe Hoffnung auf: und itzo
erklaͤre ich mich gegen ſie, daß mein feſter Ent-
ſchluß ſey, ſie zu heyrathen, ſo bald nur ihr On-
kel Harlowe melden wuͤrde, daß er die feyerliche
Handlung mit ſeiner Gegenwart zieren wolle.
Allein ſie glaubt kein Wort von dem, was ich
ſage. Sie kann mich auch nicht gelaſſen vor
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 614. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/620>, abgerufen am 23.11.2024.
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